Wenn eine Kunstausstellung "Elemente" heißt und "Abstrakte Landschaften" zeigt, dann darf der Besucher einfach mal die bekannten abendländischen Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde erwarten. Tatsächlich hängte Barbara Henn an einer Wand vier Ölgemälde zueinander, die diese archaischen Vier in einer Art Reinkultur porträtieren. Oder haben wir es mit einer Eismasse zu tun, da rechts neben der Wüstensandwolke, welch letztere ja nun ihrerseits schon drei Elemente miteinander vereinen würde? Man möchte fast dem Volksmund recht geben, der da sagt: Abstrakt ist, wenn man’s nicht so genau erkennt.
Soll man ja gar nicht, will man auch nicht. Denn es wäre doch öde, die Bilder abzuklappern und wissend nickend zu identifizieren: Aha Wasser, aha Land etc. Barbara Henn hat Reiseerinnerungen wesentlich reduziert, auf zwei oder drei der klassischen Elemente. So entstanden zum Beispiel die drei Santorin-Gemälde. Oder umgedreht: Sie legt eine vorherrschende Farbe für das nächste Bild fest, etwa Rot, etwa für eine Hommage an süditalienische Vulkaninseln, und kommt auf diese Weise dazu, die Einheit von Erde und Feuer zu gestalten. In einem Wort: Man muss es nicht magisch oder mythisch nennen, aber in tiefschürfender Begriff sollte es schon sein.
Erschaffe eine Landschaft aus maximal vier Elementen – in dieser selbst gestellten Aufgabe wird die Landschaft immer abstrakt bleiben. Dieses Ab-Ziehen vom konkreten Landschaftserlebnis fördert die Künstlerin dadurch, dass sie auf ihren Reisen keine Skizzen macht, auch Fotos nie direkt zur Erinnerungsstütze heranzieht. Vielmehr bewahrt sie das Gesehene in Hirn und Herz auf, um im heimischen Atelier beispielsweise das "sich ergießende Licht" über griechischen Inseln auf der Leinwand wiedererstehen zu lassen. Wie das am Ende konkret aussehen soll, steht am Anfang noch nicht fest. Nur die Grundfarbe.
Ihre Idee verwirklicht Barbara Henn – außer auf ihren Aquarellen – stets in mindestens zwei Farbschichtungen, was beim langsamen Trocknen der Ölfarben zwei Tagen entspricht. Ob es danach fertig ist, weiß Henn manchmal erst Wochen später. Für sie ist Malen ein Prozess ins Offene hinein.
Anstatt Aha-Wasser-Zuschreibungen sollte der geneigte Galeriebesucher sich auf diese langsame Entwicklung eines Bilds konzentrieren. Viele fast-abstrakte Künstler arbeiten mit ähnlichen Methoden. Das Überraschende dabei: Auch der Laie kann feststellen, wenn ein Gemälde für sich selbst reifen durfte. Worauf sich der Laie dann durchaus etwas einbilden darf. Die Ausstellung ist auch in dem Sinn elementar, als angehende Kunstfreundinnen und -freunde hier schwellenfrei auf hohem Niveau in die Wunder der Kunstbetrachtung einsteigen können.
Die Ausstellung im Spitäle, Zeller Straße 1, dauert bis 2. Juli. Geöffnet ist dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr.

