Am 16. März ist es 75 Jahre her, dass Würzburg durch den Bombenangriff der Alliierten in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs fast völlig zerstört wurde und mehrere tausend Menschen ums Leben kamen. Zum Programm der Gedenkveranstaltungen rund um den 16. März 1945 gehört auch in diesem Jahr – inzwischen zum 22. Mal in ununterbrochener Reihenfolge – eine große Foto-Ausstellung der Würzburger Geschichtswerkstatt: Ab dem 28. Februar präsentieren die ehrenamtlichen Stadthistoriker im Foyer des Rathauses zahlreiche Originalaufnahmen mit den Spuren der Zerstörung.
Als "Freundeskreis Geschichtswerkstatt" ist das fotografische Gedächtnis der jüngeren Stadtgeschichte nach einer Veranstaltungsreihe in der Volkshochschule in den 1980er Jahren entstanden. Nach dem Tod ihres Gründers Heinrich Weppert fand die Geschichtswerkstatt 2011 beim Verschönerungsverein eine neue Heimat – bis heute ist sie aber keine eigene Abteilung: "Wir wurden mit offenen Armen aufgenommen und sind ein Adoptivkind des Verschönerungsvereins", sagt der 91-jährige Helmut Försch, der seit den Anfangstagen dabei und bis heute zum Arbeitsteam der Geschichtswerkstatt gehört.
Nach Wepperts Tod stellte der VVW der Geschichtswerkstatt zunächst den Dachboden des Handwerkerhauses in der Pleich als Domizil und Archivraum zur Verfügung. Ein halbes Jahr später zog die Geschichtswerkstatt ein paar Meter weiter in das "Lädele" einer ehemaligen Bäckerei in der Pleicherkirchgasse16 um. Dort ist der harte Kern für interessierte Besucher an jedem Montag von 14 bis 18 Uhr anzutreffen. Seit Anfang des Jahres steht den Geschichtswerkstättlern dort auch ein zweiter Raum zur Verfügung, der vorher von den "Freunden Mainfrankischer Kunst und Geschichte" genutzt wurde.
Erweiterung gefeiert
Durch die Erweiterung, die vor einigen Wochen ordentlich gefeiert wurde, ist die Arbeit einfacher geworden. Es stehen jetzt drei Computerarbeitsplätze zur Verfügung: "Das hilft uns sehr. Bisher saßen wir teilweise zu fünft oder zu sechst vor einem Monitor", erläutert Helmut Försch. Das Mobiliar blieb auch stehen, so dass alte Würzburger Adressbücher – das älteste stammt aus dem Jahr 1925 – und die Publikationen der Geschichtswerkstatt sauber aufgereiht im Schrank stehen.
Alle Bilder, die die Geschichtswerkstatt seit über drei Jahrzehnten zusammengetragen hat, sind elektronisch archiviert: Wenn Menschen mit alten Fotoalben oder Bildern in Schuhkartons aus dem Nachlass ihrer Eltern oder Großeltern ins Lädele kommen, werden die Bilder oder Negative eingescannt. "Das A und O für unsere Arbeit ist es, dass die Leute zu uns kommen und uns ihre Bilder zur Verfügung stellen", betont Helmut Försch.
Alle Mitglieder des Arbeitsteams haben eine eigene Festplatte mit dem Bildarchiv, die regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht wird: "Damit arbeiten wir dann zuhause weiter", berichtet Elke Roth. Ihr Sohn ist EDV-Fachmann und hat bei der Einrichtung und Vernetzung der Computerarbeitsplätze geholfen.
Die Hauptarbeit der Geschichtswerkstättler ist die Recherche: "Wir müssen herausfinden, wo und wann das war, was auf einem Foto zu sehen ist", berichtet Petra Girstl: "Manchmal bekommt man auf dem Bild einen Anhaltspunkt. Wir haben erfahrene Leute, die schon an der Art, wie ein Kleidungsstück geknöpft ist, einschätzen können, wann das war."
Hervorragendes Erinnerungsvermögen
Und es gibt ja auch noch das hervorragende Erinnerungsvermögen von Helmut Försch. "Er sieht ein altes Foto aus Würzburg und weiß oft ganz genau, was da zu sehen ist. Sein Gedächtnis ist phänomenal", sagt Elke Roth. Zu ihren Aufgaben gehört es, die Texte für die Ausstellung zu schreiben. In diesem Jahr zeigt die Geschichtswerkstatt auf rund 40 Schautafeln eine "Chronologie der Zerstörung Würzburgs" im 2. Weltkrieg – Chronologie deshalb, weil die Angriffe bereits im Jahr 1942 begonnen haben.
Einen städtischen Zuschuss bekommt die Geschichtswerkstatt übrigens nicht. Unterstützen kann man sie durch den Kauf ihrer Publikationen: Zur neuen Ausstellung gibt es neben dem üblichen Begleitheft eine DVD mit Bildern und Texten zur Zerstörung Würzburgs. Außerdem erscheint ein Sonderheft, in dem Helmut Försch seine Erinnerungen an die Nachkriegszeit bis 1950 aufgeschrieben hat.
Die Ausstellung wird am 28. Februar um 14 Uhr im Foyer des Rathauses von Oberbürgermeister Christian Schuchardt eröffnet