Aufregung in Bergtheim: Bei einem Skiurlaub in Ischgl sollen sich Mitreisende mit dem Coronavirus infiziert und nach ihrer Rückkehr viele weitere Personen in Bergtheim angesteckt haben. In einer Zuschrift an diese Redaktion ist die Rede von mittlerweile 54 positiv Getesteten. Auch ein Wahlhelfer, der mit im Skigebiet war, soll an Covid-19 erkrankt sein. Von einer Wahlparty mit Umarmungen ist in einem anderen Brief die Rede. Ist Bergtheim ein neuer Corona-Hotspot im Landkreis Würzburg?
Auch Bürgermeister Konrad Schlier hat sich infiziert. Seit 14 Tagen ist er in häuslicher Quarantäne. Er habe Fieber, fühle sich abgeschlagen und matt, sagt er am Telefon. Und er ist in Sorge, weil er als Asthma-Patient zur Risikogruppe gehört. Auch seine Ehefrau, die Tochter und ihr Freund seien an Covid-19 erkrankt. "Wir leben hier alle zusammen in einem Haus und sind jetzt isoliert", sagt Schlier. Noch bis zum 7. April muss er in Quarantäne bleiben.
Gesundheitsamt nennt keine Zahlen
Wieviele Coronafälle es insgesamt in Bergtheim gibt, weiß der Bürgermeister nicht. "Die Gemeinde bekommt keine Zahlen vom Gesundheitsamt." Schlier selbst hat von zehn bis zwölf weiteren gehört, die sich ebenfalls mit dem Coronavirus infiziert haben. "Das Gesundheitsamt Würzburg bestätigt eine Häufung von Corona-positiv getesteten Personen in Bergtheim", teilt die Pressestelle des Landratsamtes auf Nachfrage dieser Redaktion mit. Zahlen aus einzelnen Orten nennt die Behörde aber nicht, "um die Betroffenen nicht zu stigmatisieren". Es sei aber davon auszugehen, dass in einer Woche in jeder Landkreisgemeinde Menschen betroffen sein werden.
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Konrad Schlier habe sich wohl bei einem Termin im Rathaus angesteckt, vermutet er. Er traf sich dort mit einem Mann, der auch in Ischgl war. Dieser habe erst einen Tag nach dem Termin das positive Testergebnis erfahren, berichtet Schlier. Er sei dann auch getestet worden, das Ergebnis fiel aber erst einmal negativ aus. Fünf Tage nach dem Treffen bekam Schlier hohes Fieber und andere Symptome. "Ich bin dann nochmal getestet worden und war positiv."
Bürgermeister: Es gab keine Wahlparty
Er bestreitet aber, dass er nach seiner Wiederwahl zum Bürgermeister eine Party mit Umarmungen gefeiert hat. "Wir waren mit der Familie im Feuerwehrhaus, verteilt an mehreren Tischen, ein paar Gemeinderatskandidaten waren auch dabei", sagt er. Das sei ein kurzes Treffen gewesen, keine Feier. "Eine Wahlparty wäre zu diesem Zeitpunkt auch falsch gewesen."
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Schlier bestätigt aber, dass ein Wahlhelfer, der am 15. März in Bergtheim im Wahllokal war, sich in Ischgl mit dem Coronavirus infiziert hat. Der Mann ist telefonisch auch zu erreichen und berichtet offen, wie es dazu kam. Nur möchte er nicht, dass sein Name genannt wird. Denn auch er hat schon einen anonymen Brief mit Vorwürfen bekommen.
Am 29. Februar ist er zusammen mit sieben weiteren Skifahrern nach Ischgl gereist, wie viele andere auch. Das Skigebiet ist bekannt, die halbe Welt reist mittlerweile dorthin. Eine Woche sei er zusammen mit seinen Freunden aus der Gemeinde vor Ort gewesen, dann war Bettenwechsel. Vor Ort sei Corona kein Thema gewesen. Auch die Skifahrer seien sorglos damit umgegangen, nichts war geschlossen - "alles war so immer", erzählt der Mann aus Bergtheim.
"Das Gesundheitsamt Würzburg bestätigt eine Häufung von Corona-positiv getesteten Personen in Bergtheim."
Eva Schorno, Pressesprecherin des Landratsamtes
Am 29. Februar, so berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", meldet sich in Island ein Ischgl-Rückkehrer mit Symptomen. Er muss in Quarantäne. Einen Tag später berichten weitere Skifahrer, die in Tirol waren, von Krankheitsanzeichen. Erstmals vermutet ein Epidemiologe, dass auch Österreich ein Hotspot sein könnte, so "Der Spiegel."
Aber im Skigebiet selbst war weiterhin "alles beim Alten", berichtet der Bergtheimer, der am gestrigen Dienstag gesund aus der Quarantäne wieder entlassen wurde. Am 9. März seien bei seinen Mitreisenden erste Symptome aufgetreten, erzählt er. "Ich bekam auf der Rückfahrt einen Schnupfen, aber den bekomme ich immer, wenn ich aus Ischgl zurückkomme." Sechs der Skifahrer seien schließlich positiv getestet worden. Von insgesamt 15 Infizierten habe er gehört, darunter Ehefrauen der Skifahrer.
Kein Test nach der Rückkehr aus Ischgl
Getestet wurde der Mann nach seiner Rückkehr aus Ischgl nicht. Das Gesundheitsamt habe dies damals so entschieden. Erst als ein anderer aus der Gruppe positiv war, sei auch bei ihm ein Test veranlasst worden. Das sei aber erst nach der Wahl gewesen. Dass er dort ehrenamtlich mit geholfen habe, sei im Nachhinein ein Fehler gewesen, sagt er. Aber er habe vorher mit einem Arzt des Gesundheitsamtes darüber gesprochen und weil er nur einen "normalen Schnupfen" hatte, habe dieser keine Bedenken gesehen. "Ich habe mich dann durchgerungen, zu helfen, weil auch viele Wahlhelfer ausgefallen sind."
Erst am 13. März wird die Skisaison in Ischgl vorzeitig beendet, um zu verhindern, dass weitere 150 000 Gäste nach Tirol kommen. C0vid-19 sei bei ihm gut verlaufen, berichtet der Wahlhelfer aus Bergtheim. Dass er viele damit angesteckt hat, glaubt er nicht. "Es war ein großer Raum, wir saßen weit auseinander und ich hatte keine direkten Gespräche bei der Ausgabe der Wahlunterlagen", sagt er. Und er dankt dem Gesundheitsamt, deren Mitarbeiter ihn während der Quarantäne gut betreut habe
In einer früheren Version des Textes war zu lesen, dass der Wahlhelfer mit "seinem Arzt" über den Schnupfen gesprochen habe. Es sei aber ein Arzt des Gesundheitsamtes gewesen, stellte der Mann nach Veröffentlichung des Textes klar.