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Würzburg: Fridays for Future: War 2020 ein verlorenes Jahr für den Klimaschutz?

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Fridays for Future: War 2020 ein verlorenes Jahr für den Klimaschutz?

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    War 2020 ein verlorenes Jahr für Fridays for Future? "Nein", sagt Veronika Zirbs, Mitorganisatorin von "Fridays for Future" in Würzburg.
    War 2020 ein verlorenes Jahr für Fridays for Future? "Nein", sagt Veronika Zirbs, Mitorganisatorin von "Fridays for Future" in Würzburg. Foto: Silvia Gralla

    Gut ein Jahr ist es her, dass in Würzburg regelmäßig junge Menschen für den Klimaschutz auf die Strasse gegangen sind. "Fridays for future" organisierte 2019 weltweit Klimastreiks. Eine der Organisatorinnen der Würzburger Demonstrationen ist die Studentin Veronika Zirbs. Die 22-Jährige macht derzeit ihren Master in Philosophie an der Uni Würzburg. Im Interview verrät sie, wie Corona die Bewegung blockiert hat, und warum es dennoch kein verlorenes Jahr für den Klimaschutz war. 

    Hunderte Jugendliche, die durch Würzburgs Straßen ziehen, Mahnwachen in der Innenstadt, weltweite Klimastreiks -  2019  rückte "Fridays for Future" das Thema Klimaschutz in die Öffentlichkeit.  Was bedeutet die Bewegung für Sie ganz persönlich?

    Veronika Zirbs: "Fridays for Future" war für mich wie eine Erlösung. Das Thema Klimawandel hatte mich schon jahrelang beschäftigt, allerdings habe ich nicht die Möglichkeit gesehen, politisch aktiv zu werden. Es gab zwar vorher schon klimaaktivistische Gruppen, aber  nicht so präsent und nicht so zugänglich. Die regelmäßigen Demos haben mir das Gefühl gegeben, aktiv etwas verändern zu können.

    "In der Umweltfrage schaffen wir den Wandel nicht mit wenigen klaren Maßnahmen, die das Leben kurzfristig ändern."

    Veronika Zirbs, Fridays for Future

    Um die 350 junge Menschen demonstrierten im Januar in der Würzburger Innenstadt für mehr Klimagerechtigkeit.
    Um die 350 junge Menschen demonstrierten im Januar in der Würzburger Innenstadt für mehr Klimagerechtigkeit. Foto: Daniel Peter

    Was war das rückblickend für ein Gefühl, den Klimaschutz regelmäßig so in die Öffentlichkeit zu rücken?

    Zirbs: Beflügelnd. Ich hatte das Gefühl wirklich etwas bewirken und Hoffnung erzeugen zu können - auch in der Bevölkerung. Man merkte gerade bei den großen, weltweiten Demos, dass das Thema sehr viele Menschen bewegt und wir eine Art Hoffnungsschimmer sind. Auch in der Organisationsgruppe haben wir gemerkt: Wir bewegen was, wir machen einen Unterschied.

    Und dann breitete sich die Corona-Pandemie immer weiter aus. Am 16. März begann der erste Lockdown in Deutschland.

    Zirbs: Wir hatten für den 13. März noch eine große Demo geplant, in 55 bayerischen Städten. Das mussten wir damals absagen. Der Lockdown hat unsere Aktionen natürlich unterbrochen. Aber nach den ersten Lockerungen wurden wir wieder aktiv. Im Mai, Juni planten wir neue Aktionen - allerdings in ganz neuen Formen. Wir haben Schilder an Bäume gehängt, wir haben in kleinen Gruppen, mit Maske und Sicherheitsabstand, Aufführungen geplant, beispielsweise ein Theaterstück, bei dem wir die Zerstörung von Wäldern und Dörfern durch den Kohleabbau dargestellt haben. Ab Juli gab es wieder erste Demos an den Mainwiesen unter Einhaltung der Hygienevorschriften und mit sehr wenigen Teilnehmern.

    Im Sommer 2020 demonstrierten die Anhänger der Fridays for Future-Bewegung unter Corona-Bedingungen auf den Mainwiesen. 
    Im Sommer 2020 demonstrierten die Anhänger der Fridays for Future-Bewegung unter Corona-Bedingungen auf den Mainwiesen.  Foto: Patrick Wötzel

    Und auch mit weniger öffentlicher Wahrnehmung. Wie viel konnten Sie mit solchen Aktionen tatsächlich noch bewegen?

    Zirbs: Es lässt sich ja immer schwer messen, wie viel man tatsächlich bewegen kann. Auch vorher haben wir was unsere Ziele betrifft, letztlich noch nichts bewegt. Der Einhaltung des Pariser Klimaabkommens sind wir keinen Schritt näher gekommen. Weltweit werden immer noch Kohlekraftwerke gebaut. Der Kohleausstieg ist immer noch 2038 geplant, also viel zu spät. Corona blockiert unsere Aktivitäten auf zwei Arten: Es blockiert uns einerseits in unserer eigentlich sehr effizienten Protestform. Diese großen Demos erzeugen extrem viel Aufmerksamkeit. Und genau darum geht es uns: Das Thema Klimaschutz muss in den Fokus gerückt werden. Durch Corona wurde die Aufmerksamkeit auf ein anderes Thema gelenkt und das ist die zweite Ebene, auf der Corona uns blockiert. Sowohl die Politik als auch die Bevölkerung können sich nicht zwei Krisen gleichzeitig stellen.

    Inwiefern?

    Zirbs: Eine Krise wie die Corona-Krise verunsichert und hemmt uns eher, als dass sie uns mobilisiert.  Zugleich bietet die Corona-Problematik der Politik die Möglichkeit, schnell zu handeln und schnell Erfolge zu erzielen. Die Klimaproblematik ist weit komplexer. Sie besteht aus hunderten verschiedenen Aspekten und wirkt in hunderte verschiedene Lebensbereiche hinein. In der Umweltfrage schaffen wir den Wandel nicht mit wenigen klaren Maßnahmen, die das Leben kurzfristig ändern, wie bei Corona. Wir brauchen einen innerlichen Wandel, durch den wir die Umwelt und die Natur nicht mehr als tote Ressource sehen, die wir benutzen. Wir müssen sie anderes betrachten, als Raum in dem wir leben, mit dem wir verbunden sind.

    "2021 ist Bundestagswahl, unser Ziel ist es, die Wahl zur Klimawahl zu machen."

    Veronika Zirbs, Fridays for Future

    Fridays for Future Würzburg stellte im Sommer 2020 den Fraktionen in Stadtrat und Kreistag Würzburg ein Jahreszeugnis aus.
    Fridays for Future Würzburg stellte im Sommer 2020 den Fraktionen in Stadtrat und Kreistag Würzburg ein Jahreszeugnis aus. Foto: Thomas Obermeier

    War 2020 für die Fridays-for-Future-Bewegung also ein verlorenes Jahr?

    Zirbs: Nein, auf keinen Fall. Wir haben das Jahr genutzt, um uns neu aufzustellen und uns intern weiterzuentwickeln. Ich halte Reflexion für sehr entscheidend,  aber natürlich wären wir auch 2020 gerne laut gewesen. Trotz allem sind wir nicht ganz verschwunden, das zeigen etwa die Proteste im Dannenröder Forst oder der 25. September, an dem 700 Leute in Würzburg gestreikt haben. Wir haben neue Formen gefunden, uns auszudrücken und zuletzt beispielsweise ein Minimuseum, eine Art eckige Litfaßsäule, zum Thema Klimagerechtigkeit organisiert, das Passanten anschauen können. 

    2020 war das Jahr des Laut-seins, 2020 das Jahr der Reflexion.  Was wird 2021 für "Fridays for Future"?

    Zirbs: Am besten eine Mischung aus beidem. Die Reflexion wollen wir unbedingt beibehalten, gleichzeitig müssen wir wieder laut sein, müssen wir wieder präsent sein. Wir haben die Pflicht dazu, weil jetzt die entscheidende Zeit ist, um die Klimafrage anzugehen. Es ist die entscheidende Zeit, um eventuell noch unter der 1,5 Grad-Grenze zu bleiben. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. 2021 ist Bundestagswahl, unser Ziel ist es, die Wahl zur Klimawahl zu machen.

    Ein realistisches Ziel angesichts der Corona-Pandemie und ihren Folgen, nicht nur im Gesundheitswesen, sondern vor allem auch in der Wirtschaft?

    Zirbs: Die Realität lässt nicht locker und wird zeigen, wie notwendig es ist. Es wird wieder kaum einen Winter geben, es wird wieder sehr heiß werden im Sommer, es wird wieder Waldbrände geben. Wir hoffen, dass wir die Chance erhalten, wenn die Corona-Krise einigermaßen unter Kontrolle ist,  das Thema Klimaschutz wieder in der Öffentlichkeit zu positionieren. 

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