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WÜRZBURG: Die Stadt gegen den Biber

WÜRZBURG

Die Stadt gegen den Biber

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    Der Biber frisst Rinde und baut mit Ästen – auch wieder im Stadtgebiet am Mainufer, zum Beispiel bei Heidingsfeld und auf der Naturheilinsel.DPA
    Der Biber frisst Rinde und baut mit Ästen – auch wieder im Stadtgebiet am Mainufer, zum Beispiel bei Heidingsfeld und auf der Naturheilinsel.DPA Foto: Foto:

    In der Kürnach bei Lengfeld hat ein Biber Dämme und Wohnhöhlen gebaut. Doch die aufgeschichteten Äste und Zweige wurden aus dem Bach entfernt. „Das ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz“, sagt Steffen Jodl vom Bund Naturschutz.

    Kleine Stämme und Äste sind entfernt worden

    „Vor Weihnachten hat der Entwässerungsbetrieb Äste und kleinere Stämme aus der Kürnach geholt,“ sagt Rathaussprecher Christian Weiß auf Nachfrage dieser Redaktion. Grund für die Aktion am Lengfelder Ortsrand sei gewesen, dass der Bach „geringfügig“ gestaut gewesen sei.

    Lesen Sie hier unseren Kommentar zum Thema: Probleme an der Kürnach angehen.

    Erst auf weitere Nachfrage räumt Weiß ein, dass die Äste und Stämme ein Biberbauwerk gewesen sind. Dessen Bissspuren hätten die Mitarbeiter des Entwässerungsbetriebs „aber erst im Nachhinein“ an den Hölzern festgestellt.

    Am Bach finden sich allerdings deutliche Hinweise auf das größte Nagetier Europas: Bäume an der Böschung sind angenagt, einige sind schon umgestürzt, andere stehen noch, die Rinde hängt in Fetzen vom Stamm, Holzspäne liegen am Boden und „Trampelpfade“ führen ins Wasser.

    An der Böschung sieht man auch, wie hoch der Damm das Wasser gestaut hatte, als er noch da war.

    War das Vorgehen der Stadt rechtens?

    „Der Damm stand zwischen den Teichen in der Kürnach und staute das Wasser bis zu zwei Meter tief auf“, berichtet Teichbesitzer Claus Weißenberger. Dahinter habe das Tier einen Erdkessel als Wohnraum gegraben. Im Herbst hat Weißenberger sogar zwei verschiedene Biber dort beobachtet.

    Doch Ende Dezember war der Damm plötzlich von einem zum anderen Tag wie vom Erdboden verschluckt. „Alles war sauber aufgeräumt“, sagt Weißenberger.

    War das Vorgehen der Stadt rechtens? Der Biber ist streng geschützt, man darf ihn nicht so ohne weiteres stören. Von ihm gefällte Bäume dürfen nicht nur in Absprache mit der Naturschutzbehörde entfernt werden, betont Horst Schwemmer, Biberexperte beim Bund Naturschutz. Und nur, „wenn es dafür einen gewichtigen Grund gibt“.

    Zum Beispiel, wenn diese die Verkehrssicherheit gefährden oder Wasserabläufe verstopfen.

    Wer einen Damm zerstört, verstößt gegen das Naturschutzgesetz

    „Einen Damm oder eine Burg darf man nicht ohne Genehmigung zerstören, das ist ein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz,“ sagt Schwemmer.

    Im aktuellen Fall ist das Umweltamt, als zuständige Naturschutzbehörde, aber erst nach der „Bachsäuberung“ informiert worden. „Uns fehlte es bislang an Erfahrung mit dem Biber“, räumt Weiß ein. „Künftig wird das Umweltamt aber sofort hinzugezogen, wenn es Hinweise auf diese Tiere gibt.“

    Der Biber hat die Räumung überlebt

    Dem obdachlos gewordenen Biber an der Kürnach nutzt das freilich wenig. Die gute Nachricht: Er hat die Räumung seiner Behausung überlebt und ist noch da. Die schlechte: Er fällt jetzt jede Nacht Bäume, was Teichbesitzer Weißenberger Sorge bereitet. „Hoffentlich, ist nicht irgendwann hier alles kahl.“ Prinzipiell freut sich Weißenberger aber über das Auftauchen des seltenen Wildtiers.

    „Wenn man ihn die gefällten Stämme wegnimmt, muss er sich neue beschaffen“, erklärt Biberexperte Schwemmer die gestiegene Aktivität des Tieres. Die Rinde ist die Winternahrung des Tieres. Außerdem baut er bereits wieder in der Kürnach neue Dämme.

    Auch das Wasserwirtschaftsamt hat schon einen Damm entfernt

    Das Vorgehen der Stadt erinnert an den Fall Pleichach vor sechs Jahren. Damals hatten Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamts bei Mühlhausen im Landkreis Würzburg einen Biberdamm abgerissen. Als „Kommunikationsproblem“ hatte das Amt damals die nicht genehmigte Dammzerstörung entschuldigt. Mitarbeiter hätten nicht gewusst, dass hier ein Biber am Werk gewesen seien.

    „Es sieht so aus, als habe die Stadt versucht, den Biber aus Lengfeld zu vertreiben“, kritisiert Jodl, Geschäftsführer des Bund Naturschutz in Würzburg, den Vorgang. „Zum Glück ist ihr das nicht gelungen.“ Die Entfernung eines Damms sei kein Kavaliersdelikt, sondern ein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz.

    Dieses verpflichte dazu, den Biber gewähren zu lassen. „Sollten durch dessen Bautätigkeiten jedoch Probleme entstehen, suchen Naturschutzbehörden und unser Biberbeauftragter nach Lösungen.“

    Biberexperte Schwemmer will auf Vermittlung der Redaktion nach Lengfeld kommen. „Ich werde mir ein Bild vor Ort machen und mit Teichbesitzern, Umweltamt und Entwässerungsbetrieben mögliche Probleme durch den Biber besprechen.“ Fast immer fände sich ein Weg, dass Mensch und Biber miteinander aus kommen.

    Biber Das größte Nagetierart Europas wurde 1867 in Bayern ausgerottet, heute breitet sie sich dank strengen Schutzmaßnahmen wieder fast flächendeckend aus. Biber leben wieder im Stadtgebiet am Mainufer, zum Beispiel bei Heidingsfeld und auf der Naturheilinsel. In der Region siedeln sie an Tauber und Gollach, an Bächen im Ochsenfurter Gau oder an der Pleichach. Die Tiere renaturieren die Landschaft. Durch ihre Dämme entstehen Feuchtgebiete, in denen sich zahlreiche Tierarten ansiedeln. Solche Flächen sind auch als natürlicher Hochwasserschutz und Wasserreservoir wichtig. Ärger macht das in der Kulturlandschaft, wenn zum Beispiel Felder, die bis ans Bachufer gehen, überflutet werden. Landwirte werden für solche Schäden entschädigt. Ein anderes Problem sind unterhöhlte und einbrechende Uferböschungen. Biber fressen grüne Pflanzen wie Klee oder Löwenzahn, Knollen und Wurzeln, im Herbst auch Fallobst und im Winter drei bis vier Kilo Rinde und Blätter pro Tag. Ihre Dämme bauen sie in Fließgewässern, um den Wasserspiegel zu erhöhen: So sind die Eingänge zu ihren Wohnhöhlen unter Wasser und vor Feinden geschützt.

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