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OBERZELL/ERLABRUNN: Eine schlagfertige Hundertjährige

OBERZELL/ERLABRUNN

Eine schlagfertige Hundertjährige

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    Eine zufriedene Jubilarin: Barbara Eckert aus Erlabrunn feierte im Antoniushaus ihren 100. Geburtstag.
    Eine zufriedene Jubilarin: Barbara Eckert aus Erlabrunn feierte im Antoniushaus ihren 100. Geburtstag. Foto: Foto: Thomas Obermeier

    Was für die heutige Medizin kaum noch eine Herausforderung ist, grenzte vor 100 Jahren an ein Wunder: Nach nur acht Monaten erblickte Barbara Eckert das Licht der Welt. Es war der 18. September 1914. Der Auslöser für die frühe Geburt war der Vater, Soldat im Weltkrieg, der mit einer Verwundung nach Hause geschickt plötzlich in der Tür stand. „Es war einfach die große Freude meiner Mutter über die Heimkehr meines Vaters“, erklärt sich Barbara Eckert ihre frühe Geburt. An diesem Donnerstag, 18. September, feiert die Seniorin nun ihr rundes Jubiläum.

    Erstaunlich ist, der Jubilarin ist das sprichwörtlich biblische Alter kaum anzumerken: Sie sitzt kerzengerade auf dem Stuhl, folgt mit Hilfe eines Hörgeräts dem Gespräch interessiert und erzählt aus ihrer Vergangenheit. Leicht könnte man die Hundertjährige um das ein oder andere Jahrzehnt jünger schätzen.

    Barbara Eckert lebt im Antoniushaus der Oberzeller Franziskanerinnen – jedoch erst seit noch nicht einmal zwei Jahren – zusammen mit 20 anderen Frauen aus der Umgebung und etwa genauso vielen Ordensschwestern, die hier ihren Lebensabend verbringen.

    Bis Januar 2013 hatte Barbara Eckert noch selbstständig ihren Alltag bewältigt. Auch das kleine Altenheim hat sich die gläubige Frau selber ausgesucht: Sie schätzt die täglichen Messen ebenso wie das familiäre Umfeld, sagt sie. Und die Schwestern haben sie ins Herz geschlossen: „Ihre Lebenserfahrung, ihre Altersweisheit und vor allem ihr trockener Humor bereichern unsere Gemeinschaft“, erzählt Priorin Schwester Reginarda.

    Obwohl Barbara Eckert ihr komplettes Leben nur in zwei Orten am Main verbracht hat, genügen die Geschichten, die die Hundertjährige zu erzählen hat, für mehrere Leben. Ihre Biografie gleicht der vieler Frauen ihrer Generation: Ordensschwestern haben sie zur Weißnäherin ausgebildet. Statt ihren Beruf auszuüben, kocht, wäscht und kümmert sie sich jedoch um die Kinder, die sie schon bald bekommt. „Ich habe alle Berufe gelernt, die eine Frau so braucht“, sagt sie selber. Dabei wirkt sie selbstbewusst und schlagfertig.

    „Ich habe alle Berufe gelernt, die eine Frau so braucht.“

    Barbara Eckert 100 Jahre alte Mitbürgerin

    Wenn sie Sätze sagt wie „Ich habe sehr viel Energie und lasse sie mir von niemandem nehmen“ wird deutlich, dass sie niemand ist, der sich unterbuttern lässt. Ihr Leben lang ist Barbara Eckert eine Kämpferin geblieben, die Familie stets im Blick.

    Es ist das Jahr 1934: Ein junger Mann betritt die Bäckerei ihres Großvaters in der Thüngersheimer Sixengasse. „Ich habe ihn angeschaut, er schaut zurück und hat gelacht“, erinnert sie sich. „Wir haben kein Wort gesprochen“, sagt sie. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Nur ein Jahr später ist es soweit: Am 7. Juni 1935 läuten die Glocken der Erlabrunner St.-Andreas-Kirche zur Hochzeit. Aus der gebürtigen Thüngersheimerin Barbara Schell wird die Erlabrunnerin Barbara Eckert. Als ihr Mann mit nur 61 Jahren stirbt, bleibt sie alleine, 45 Jahre lang. Eine neue Ehe kam für sie nicht in Frage.

    Mit ihrem Mann, einem Mitarbeiter der Bahn, und drei Kindern lebte sie in einer Dienstwohnung am früheren Erlabrunner Bahnhof, der sich auf halber Strecke zwischen Veitshöchheim und Thüngersheim befand. Erst nach dem Tod ihres Mannes zieht die Familie 1972 nach Erlabrunn: Bis dahin wohnen sie zu fünft ohne fließend Wasser, mit Brunnen und Plumpsklo. Ein großer Garten, Hühner, Enten und sogar das ein oder andere Schwein helfen in den kargen Nachkriegsjahren.

    Ein traumatisches Erlebnis bleibt der Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945, den Barbara Eckert hochschwanger in der früheren Entbindungsanstalt Köster an der Löwenbrücke erlebt. Zwar gelingt es, die jungen Mütter in Sicherheit zu bringen, die Neugeborenen haben jedoch keine Chance. Auch Barbara Eckerts Kleines gehört zu den vielen Opfern. Und das kleine Bahnwärterhäuschen der Eckerts bleibt vom Krieg nicht verschont: Wiederholt beschießen Tiefflieger die Züge. Einmal retten sich die Passagiere eines kompletten Zugs in das Haus.

    Der Frage, wie man es dennoch schafft, ein dreistelliges Alter zu erreichen, weicht die Jubilarin souverän aus: „Ganz einfach – arbeiten. Und Arbeit, die gibt's immer“. Was sie verschweigt: Die Freude darf nicht zu kurz kommen – 20 Enkel und Urenkel helfen ihr dabei.

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