24 Jahre lang war Andreas Hoßmann (55) für die Freien Wähler Bürgermeister des 1300-Einwohner-Ortes Eisenheim. Nach vier Wahlperioden stellte er sich nicht für eine fünfte Amtszeit zur Verfügung. Seit Januar arbeitet der gelernte Verwaltungsfachwirt, der sich während seiner Bürgermeisterzeit zum Verwaltungsbetriebswirt fortgebildet hat, nicht mehr halbtags beim Bezirks Unterfranken, sondern in Vollzeit als Kämmerer in Thüngersheim. Für diese Redaktion zog er eine Bilanz aus seinen 24 Jahren als Bürgermeister.
Frage: Herr Hoßmann, 24 Jahre als Bürgermeister von Eisenheim ist eine sehr lange Amtszeit. Hatten Sie schon vor dieser Zeit ein Mandat im Gemeinderat?
Andreas Hoßmann: Nein. 1992 bin ich nach Untereisenheim gezogen und dann wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könne, für die Freien Wähler als Bürgermeister zu kandidieren.
War es ein Traumberuf?
Hoßmann: Sie werden lachen, aber ich habe schon als Kind davon geträumt, einmal Bürgermeister zu sein. Als ich gefragt wurde, hab ich mir gedacht: Ein zweites Mal fragen sie dich nicht. Also habe ich kandidiert und bin 1996 zum Bürgermeister gewählt worden.
Nun waren Sie ja nicht nur Bürgermeister eines Ortes mit zwei Ortsteilen und 1300 Einwohnern, sondern waren eingebunden in mehrere überörtliche Vereinigungen.
Hoßmann: Ich war Mitglied in der Allianz Würzburger Norden, in der Allianz Main-Steigerwald und beim regionalen Planungsverband, hinzu kam noch die intensive Zusammenarbeit mit der Touristik Volkacher Mainschleife. In Untereisenheim bin ich noch der Vorsitzende vom Feuerwehrverein und bin Sitzungspräsident beim UCC, dem Untereisenheimer CarnevalsClub. Und ich bin Gitarrist und Sänger der Untereisenheimer Blue-House-Band.
Und diese Band existiert noch?
Hoßmann: Ja, seit zehn Jahren. Wir haben nicht viele Auftritte, aber wir proben immer mit viel Spaß und vielen Schoppen Silvaner. Irgendwie vermissen wir die Musik schon.
Wann soll denn der nächste Auftritt sein?
Hoßmann: Wir hätten den Gottesdienst zur Einweihung des Anbaus der Kinderkrippe im Main-Kinderhaus in Untereisenheim musikalisch gestaltet. Geplant war das für den 28. Juni, aber das ist jetzt wie so vieles andere auch verschoben.
Apropos Main-Kinderhaus: Das aufzubauen war doch mit Sicherheit kein leichtes Unterfangen.
Hoßmann: Wir haben die leerstehende Grundschule in Untereisenheim umgewandelt in einen Kindergarten, den Kindergarten von Obereisenheim in das Main-Kinderhaus verlagert und dadurch aus zwei eingruppigen Kindergärten einen gemeinsamen Kindergarten gemacht. Dafür, dass der Kindergarten in Obereisenheim geschlossen wurde, bin ich schwer in die Kritik gekommen. Die Entwicklung zeigt aber, dass wir damals Recht hatten.

Wie ist der Stand beim Dorfladen?
Hoßmann: Das läuft aktuell gut. Ursprünglich war er in Stahlbauweise geplant, dann haben wir umgeschwenkt auf eine Containerlösung und wir warten noch auf die Baugenehmigung. Momentan knobeln wir an der Statik, weil der Baugrund problematisch ist. Wenn das vernünftig gelöst ist, können wir ausschreiben.
Wie geht es mit der Dorferneuerung voran?
Hoßmann: Der optische Eindruck von Eisenheim hat sich in den vergangenen 24 Jahren dank der Dorferneuerung gewaltig verändert. Wir sind in beiden Ortsteilen zu einem richtig schnuckeligen Dorf mit einer hohen Aufenthaltsqualität geworden.
Apropos zwei Ortsteile: Sind denn die beiden Teile Untereisenheim und Obereisenheim in den letzten Jahren zusammengewachsen?
Hoßmann: Auf jeden Fall. Allein schon das Main-Kinderhaus hat die Eltern zusammengebracht und die Kinder haben Freunde auch im jeweils anderen Ortsteil. Die Fußballer spielen schon länger zusammen. Ich habe als Zugezogener während meiner Amtszeit immer versucht, gerecht zu agieren und keinen Ortsteil zu bevormunden, was man mir hoffentlich abnimmt. Auf jeden Fall gehen die Bürger entspannter miteinander um.
Frage: Was war noch an Positivem in Ihrer Atmszeit?
Hoßmann: Wir haben den Gemeindewald umgebaut, der vor 24 Jahren Hotspot in Bayern war für Eichenprozessionsspinner und Schwammspinner. Im Laufe der Zeit haben wir 650 000 neue Pflanzen im Wald gepflanzt – und wir sind nicht mehr der Brennpunkt neuer Schädlingserkrankungen. Wir mussten seit 2003 keine Befliegung mehr machen
Wie schaffte ein nebenberuflicher Bürgermeister mit Teilzeitjob im Bezirk die vielen Aufgaben?
Hoßmann: Inklusive meiner 17,5 Wochenstunden beim Bezirk Unterfranken bin ich regelmäßig auf 60 bis 70 Stunden die Woche gekommen, fast immer bis abends um elf Uhr und auch so manchem Samstag und Sonntag. Gott sei Dank habe ich eine sehr verständnisvolle Frau, die mich voll unterstützt und mir den Rücken freigehalten hat. Und wenn unsere zwei Kinder jemals gesagt hätten, dass ich als Papa nie Zeit für sie hätte, hätte ich vielleicht was hinterfragt.
Mussten Sie in den 24 Jahren auch mal Niederlagen einstecken?
Hoßmann: Bei den wirklich großen Entscheidungen nicht.
Und dennoch treten Sie unter anderem deshalb nicht mehr an, weil es Ihnen mehr und mehr am Respekt gegenüber einem Bürgermeister fehlt.
Hoßmann: Insgesamt ist der Ton im Rat im Laufe der Zeit rauer geworden, auch wollen sich mehr und mehr Räte nach außen profilieren. In einer Sitzung jüngerer Zeit ist mir gegenüber in ungerechtfertigter Weise ein strafrechtlich relevanter Vorwurf gemacht worden. Leider habe ich in dem Moment auch keine Reaktion der Entrüstung im restlichen Rat gemerkt. Da habe ich mich entschieden, dass ich diese Art des Umgangs miteinander nicht mehr weiter brauche.
Wie sieht Ihre Zeit nach diesem Amt aus?
Hoßmann: Die Arbeit als Kämmerer in Thüngersheim macht sehr viel Spaß, die Struktur beider Orte mit Weinbau und Tourismus ähnelt sich. Und mit meiner Erfahrung als Bürgermeister eines kleinen Weinbauortes komme ich in Thüngersheim sehr gut zurecht.
So ganz wollten Sie die Politik nicht lassen und haben für den Kreisrat kandidiert.
Hoßmann: Leider habe ich wegen der Arbeit als Bürgermeister nicht die Zeit gefunden, im Landkreis auf besonders viele Wahlveranstaltungen zu gehen und deshalb bin ich wohl auch nicht gewählt worden. Wirklich traurig bin ich deshalb aber nicht.
Also haben Sie jetzt viel mehr Freizeit, auch an den Wochenenden?
Hoßmann: Oh ja, da freut sich die Familie und auch ich freue mich darauf, keine 70-Stunden-Woche mehr zu haben. Natürlich werde ich in Thüngersheim auch Überstunden machen – wenn ich einen Job mache, dann mit Vollgas. Arbeit hat mir noch nie etwas ausgemacht, wenn die Arbeit Spaß macht. Und im Endeffekt muss es doch, was die politische Arbeit angeht, um den Ort gehen. Ich habe mich nur als Ideengeber gesehen, etwa für die Tagespflege oder das Gemeindemobil. Letztlich muss für jede Idee eine Mehrheit im Gemeinderat die Hand heben. Ich war dabei nur einer von 13.