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WÜRZBURG: Erkenntnisse einer Jugendschöffin

WÜRZBURG

Erkenntnisse einer Jugendschöffin

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    Jutta Fiedler Schöffin
    Jutta Fiedler Schöffin Foto: Foto: Gisela Schmidt, Thomas Berberich

    Jutta Fiedler hat ein großes Herz für Kinder und Jugendliche. Lange war sie Lehrerin an der Berufsfachschule für Kinderkrankenpflege, sie hat zwei inzwischen erwachsene Töchter, sie schmiert bei der Kindertafel ehrenamtlich Pausenbrote für Schülerinnen und Schüler, deren Eltern das nicht tun. „Da lag es nahe, dass ich mich als Schöffin beim Jugendgericht bewerbe“, sagt die Würzburgerin. Sie ist nämlich überzeugt, dass man „bei straffälligen Jugendlichen mit der entsprechenden Unterstützung, die durchaus auch Strafe sein kann, etwas bewirken kann“.

    Fälle in guter Erinnerung

    Bei wie vielen Gerichtsverhandlungen sie mit einem weiteren Schöffen und einem Jugendrichter am Richtertisch gesessen hat, weiß sie heute nicht mehr. Aber ein paar Fälle sind ihr noch sehr gut in Erinnerung. „Da gab es einen jungen Mann, der einen verdammt schlechten Start ins Leben und danach auch fast immer nur Pech hatte“, erzählt sie. „Und an einem Punkt, da sich für ihn endlich einiges zum Guten gewendet, als er einen Job und eine wirklich nette, vernünftige Freundin hatte, fand sein Prozess statt.“

    Angeklagt war der 20-Jährige, weil er Schmiere gestanden hatte, während seine Kumpels einen Laden ausräumten. „Hätten wir ihn ins Jugendgefängnis geschickt, hätte ihm das mehr geschadet als genutzt.“ Weil das auch der Berufsrichter und der andere Schöffe so sahen, bekam der junge Angeklagte eine Bewährungschance – und, „damit es auch ein bisschen weh tut“, die Auflage, gemeinnützige Arbeit zu verrichten. „Bei diesem Verurteilten bin ich mir ziemlich sicher, dass er die Kurve gekriegt hat“, sagt Jutta Fiedler.

    Oft einig mit dem Jugendrichter

    Bei einem anderen Angeklagten glaubt sie das nicht. Der junge Mann stammte aus „sehr desolaten sozialen Verhältnissen“, die intakte und sehr hilfsbereite Familie seines besten Freundes hatte ihn zwei Jahre lang bei sich aufgenommen. „Die Leute waren super“, sagt Jutta Fiedler, „die haben ihn behandelt wie ihr eigenes Kind“. Und dann hatte der 19-Jährige ausgerechnet dieser Familie eine ziemlich große Geldsumme gestohlen. „Da war ich wirklich erschüttert und da wollte ich auch, dass er eine harte Strafe kriegt“. Auch in diesem Fall war Jutta Fiedler sich mit dem Jugendrichter und dem anderen Schöffen einig.

    Nicht so bei einem jungen Mann, der betrunken und ohne Führerschein Auto gefahren war. „Der Jugendrichter und der andere Schöffe wollten zunächst, dass er keine Führerscheinsperre auferlegt bekommt. Er brauche doch eine Fahrerlaubnis, wenn er mal arbeiten werde, haben sie gesagt“. Aber Jutta Fiedler wollte das nicht. „Dass er eine ganze Weile keinen Führerschein machen darf, war doch das Einzige, was ihn richtig trifft“, sagt sie. „Lange und hitzig“ habe sie damals mit dem Berufsrichter und dem Schöffenkollegen diskutiert. Dann sei es ihr gelungen, die beiden Herren zu überzeugen. „Wahrscheinlich habe ich mir da keine Freunde gemacht“, sagt sie und grinst, „aber ich habe das durchgesetzt, was ich für wichtig und richtig hielt“.

    Keine einfachen Entscheidungen

    Es sei gar nicht so einfach, zu entscheiden, ob ein junger Mensch „für die nächsten Monate oder gar Jahre eingesperrt werden soll oder nicht“. Da trage man als Schöffe „schon eine große Verantwortung“, sagt Jutta Fiedler. Das Jugendgefängnis könne aber auch eine Chance sein. „Vielen geht es dort deutlich besser als da, wo sie vorher waren.“ Vor allem lernten sie, Regeln einzuhalten und hätten die Möglichkeit, Schulabschlüsse nachzuholen oder eine Ausbildung zu machen. „Damit kann ein Neustart gelingen.“

    Bevor sie zum ersten Mal Schöffin war, hat Jutta Fiedler, zusammen mit den anderen Laienrichtern, eine Schulung gehabt. Und sie hatte die Möglichkeit, an Schöffenseminaren teilzunehmen. „Wir haben auch die Jugendarrestanstalt am Friedrich-Bergius-Ring in Würzburg besichtigt“, erzählt sie. Dort konnten die angehenden Schöffen mit Insassen und mit Justizvollzugsbeamten sprechen. „Als wir rein gingen, waren wir alle ein bisschen aufgeregt und haben viel geredet“, erinnert sie sich. „Als wir wieder raus kamen, waren wir ganz ruhig und sehr beeindruckt.“

    Fielder: Richter muss auch Empathie haben

    So ernst Jutta Fiedler ihr Ehrenamt genommen hat, so ernst genommen hat sie sich auch gefühlt. „Ich hatte nie den Eindruck, dass Schöffen nur Dekoration sind“, sagt sie, „ich hatte immer das Gefühl, dass meine Meinung, wenn ich sie ordentlich begründet habe, für den Berufsrichter eine Rolle spielt“.

    Die Jahre als Schöffin haben Jutta Fiedlers „Blick auf die Rechtsprechung“ verändert. „Früher dachte ich, dass in den Gerichten Gesetze und Paragrafen das Wichtigste sind. Heute weiß ich, dass die Richterpersönlichkeit eine große Rolle spielt. Ein guter Richter muss sowohl hart sein können, als auch Empathie haben.“

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