Anders als zum Beispiel im Bier wurde Glyphosat in Wein nicht nachgewiesen. Denn Trauben kommen mit dem Unkrautvernichtungsmittel nicht in Berührung. Umstritten ist der Einsatz im Weinberg dennoch. Denn die giftige Substanz vernichtet die Lebensgrundlage für Insekten und andere Tiere, sie reichert sich im Boden an und kann ins Grundwasser gelangen.
„Die gängige Praxis ist, dass im Frühjahr Glyphosat gespritzt wird“, sagt Andreas Oehm, Vorsitzender der Gebietswinzergemeinschaft Franken (GWF) für die rund 1250 Hektar Rebfläche der Genossenschaft. Zwar stünde es den rund 1300 Winzern frei, wie sie ihren Weinberg bewirtschaften, doch „wir sensibilisieren zu einem sparsamen Einsatz“. Mehr Geld bekommen glyphosatfrei arbeitende Winzer für ihre Trauben allerdings nicht von der GWF.
Keine großflächige Bespritzung mehr
Anders als noch vor 30 Jahren werden die Weinberge nicht mehr großflächig mit Herbiziden abgespritzt – kein Hälmchen sollte damals zwischen den Reben wachsen. Inzwischen weiß man, dass Begrünung gut für die Humusbildung ist und das Abschwemmen von Erde verhindert. Deshalb wachsen in den Zeilen Gräser und Kräuter. Allerdings wird das sogenannte Beikraut im Laufe des Frühjahrs – wie der Rasen im Garten – immer höher und damit zum Problem: Es nimmt den Reben Wasser, Licht und Nährstoffe und macht sie anfälliger für Pilzkrankheiten.
„Nur Ewiggestrige spritzen Glyphosat immer noch ganzflächig“, sagt Herman Mengler, Fachberater für Kellerwirtschaft und Kellertechnik beim Bezirk Unterfranken. Die meisten Winzer würden die Begrünung dagegen abschneiden und liegen lassen, sprich mulchen. So machen es laut Oehm auch die meisten GWF-Winzer.
Direkt unter dem Stock ist Mähen nicht möglich. Dort nutzen viele Betriebe Glyphosat – weil es billig ist, schnell geht, effektiv ist und wenig Arbeit macht.
Steile Lagen sind ein Problem
„Es wird immer noch zuviel gespritzt. Überall da, wo es nicht zu steil ist und man das Unkraut mechanisch beseitigen kann, braucht man kein Glyphosat“, sagt Mengler. Viele Betriebe würden zeigen, dass es komplett ohne geht.
„Wir benutzen die Rollhacke, um den Unterstockbereich frei zu halten“, sagt Christian Ehrlich, Ökowinzer aus Rödelsee (Lkr. Kitzingen). Auf Glyphosat verzichtet er aus Überzeugung. „Synthetische Mittel zerstören das ökologische Gleichgewicht und die Böden.“ Mehr Arbeitsaufwand nimmt der junge Nebenerwerbswinzer, der seinen Betrieb vor zehn Jahren gegründet hat, dafür in Kauf.
Damals war er im Dorf noch „der Öko mit den schlampigen Weinbergen“. Mittlerweile hat der Vorsitzende des Rödelseer Weinbauverbands viele Kollegen von seiner Haltung überzeugt. „Fast alle arbeiten mittlerweile glyphosatfrei“, sagt Ehrlich, dessen Ziel das „glyphosatfreie Dorf Rödelsee“ ist.
Dass die Grenze zwischen konventionell und ökologisch arbeitenden Winzer abnimmt, erfährt auch Weinfachmann Mengler: „Das hat mit dem Generationswechsel zu tun“, sagt er. Denn vor allem junge Winzer setzten auf mechanische Geräte als Alternative zur chemischen Keule.
Juliusspital will herbizidfrei werden
Aber auch große Betriebe bewegen sich. Der Staatliche Hofkeller, das zweitgrößte Weingut Frankens, hat einen Stichtag zum Glyphosat-Ausstieg: Das Bayerische Landwirtschaftsministerium stellt alle Staatsgüter ab 2019 auf glyphosatfreie Bewirtschaftung um.
„Wir probieren gerade geeignete Maschinen für unsere Steillagen aus“, sagt Hofkellerleiter Thilo Heuft. Denn nur in diesen rund 20 Hektar Weinbergen – wie zum Beispiel in der Inneren Leiste in Würzburg – werde noch gespritzt.
„Unsere Fachleute an den Landesanstalten beschäftigen sich intensiv mit Bewirtschaftungsmethoden, die den Einsatz von Glyphosat künftig überflüssig machen“, erklärt Markus Heilmann aus der Pressestelle die Vorgabe seines Ministeriums. Diese Alternativen sollten jetzt auch angewandt werden.
Im Juliusspital in Würzburg, das mit 180 Hektar Rebfläche größtes fränkisches und zweitgrößtes Weingut Deutschlands ist, wird weniger gespritzt. „Am Würzburger Stein und Pfaffenberg und in Retzstadt haben wir in den vergangenen Jahren bis auf die Steillagen auf Glyphosat verzichtet“, sagt Weingutsleiter Horst Kolesch.
Dank des zusätzlichen Arbeitsaufwands habe man es geschafft, „dem starken Unkrautwuchs Herr zu werden, bevor die Qualität der Ernte leidet“. Auf Terrassen- oder Steillagen würde man Glyphosat noch verwenden. Weitgehend ohne Insektizide arbeite das Juliusspital bereits seit rund einem Jahrzehnt.
„Wir wollen herbizidfrei werden“, sagt Kolesch. Das verlange der Verbraucher und das wolle das Weingut selbst. Die für alle Winzer interessante Frage sei allerdings: Ob der Verbraucher den dafür nötigen höheren Aufwand auch bezahlen wird.
Das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat Glyphosat ist das häufigste Pflanzenschutzmittel. Es wird seit 1974 von der Landwirtschaft, Gärtnern (Roundup) und zum Beispiel von der Deutschen Bahn (67 Tonnen im Jahr 2017) verwendet. Seine Wiederzulassung in der EU hat 2017 für Schlagzeilen gesorgt. Das Herbizid (Unkrautvernichtungsmittel) ist in sehr geringen Mengen in Nahrungsmittel, zum Beispiel in Brot oder Bier nachweisbar und steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Es verbleibt lange in der Erde und schädigt laut Studien die Bodenlebewesen. Zu einer Anfrage dieser Redaktion sagt die Trinkwasserversorgung Würzburg, dass das Trinkwasser seit 2009 auf Pflanzenschutzmittel untersucht wird. Glyphosat läge unterhalb der Nachweisgrenze von 0,000010 Milligramm pro Liter. Laut Deutschem Umweltbundesamt vermindert Glyphosat die Artenvielfalt: Da dadurch Insekten die Nahrung genommen wird, brechen ganze Nahrungsketten bis zu Igeln oder Vögeln zusammen. Glyphosat wird durch grüne Pflanzenteile – also nicht durch den hölzernen Rebstock – aufgenommen. Es zerstört den Stoffwechsel der Pflanze dauerhaft bis in die Wurzeln. gam