In der kleinen Gemeinde Euerbach (Lkr. Schweinfurt) wird im Moment viel über Feldhamster geschimpft. Das kleine Tier ist der Grund dafür, dass ein Kreisverkehr und eine Umgehungsstraße nicht wie geplant jetzt gebaut werden können. Stattdessen dürfen die ersten Bagger erst im Frühjahr anrücken – wenn der Nager seine Winterruhe beendet hat.
Aber warum hat das bis zu 500 Gramm schwere Tierchen so eine Macht? Ganz einfach: Der Feldhamster ist vom Aussterben bedroht und steht europaweit unter strengem Schutz. In Bayern gibt es ihn dem Bund Naturschutz zufolge eigentlich nur noch in Unter- und Mittelfranken – und zwar zwischen Ochsenfurt südlich von Würzburg und Schweinfurt sowie bei Uffenheim (Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim).
Neuen Lebensraum schaffen
Und weil das Tier auf der Roten Liste steht, darf es nicht getötet und sein Bau nicht zerstört werden. Das hätte strafrechtliche Konsequenzen. Zudem muss Lebensraumverlust durch Überbauung ausgeglichen werden. Mit einer Ausnahmegenehmigung ist allerdings eine Umsiedelung möglich. Und das wiederum geht nur, wenn das Tier auch wach und aktiv ist.
„Wegen dem Feldhamster ist noch kein Projekt ganz aufgegeben worden. Verzögerungen sind aber durchaus normal“, sagt Carola Rein vom Würzburger Umweltbüro Fabion. Das siedelt jährlich mehrere Hamsterbestände in Unterfranken um. Eine größere Aktion war vor zehn Jahren der Umzug von rund 180 Hamstern, die einem großen Möbelhaus bei Würzburg weichen mussten.
In Euerbach hat Diplom-Ingenieurin Rein es dagegen vermutlich mit einem Tierchen zu tun. Und das darf nun erst mal in Ruhe ausschlafen. „Wir versuchen, die Zeit bis dahin zu nutzen und Baurecht für die Flächen zu schaffen“, sagt Euerbachs Erster Bürgermeister Arthur Arnold.
Früher: Belohnung für gefangenen Hamster
Er führt seit 21 Jahren die Geschicke des 3000-Einwohner-Ortes im Landkreis Schweinfurt. Früher hätten Kinder noch 50 Pfennig für jeden eingefangenen Hamster bekommen. „Die galten damals noch als Schädlinge“, erinnert sich Arnold. Heute ist das anders.
Die Region zwischen Ochsenfurt und Schweinfurt zeichnet sich durch gute Böden aus. Die mag der Feldhamster, deshalb ist er hier besonders häufig zu finden. Allerdings nehmen auch in Franken, der letzten Feldhamster-Bastion in Bayern, die Bestände ab. Vor 30 Jahren lebten dem Bund Naturschutz zufolge noch bis zu zehn Hamster auf einem Hektar, heute höchstens einer.
Zwei Kilo Futter für den Winter
Ein Grund für den rapiden Rückgang ist die intensive Landwirtschaft. „Immer größere Maschinen, die immer schneller und flächendeckender arbeiten. Gülle, Pestizide, keine Zwischenfrucht. Und bereits kurz nach der Ernte wird schon wieder umgegraben. Da findet er kein Futter mehr, das er eintragen kann“, sagt Feldhamster-Experte Steffen Jodl vom Bund Naturschutz Würzburg. Das Tier aber braucht das Futter für die Winterruhe. Etwa zwei Kilogramm muss er dafür in seinem Bau bunkern, sonst verhungert es.
Problematisch sei zudem, dass der Lebensraum der Feldhamster insgesamt kleiner werde. „Durch immer mehr Baugebiete und Straßen werden die Populationen zerschnitten“, so Jodl. Der Nager bräuchte eigentlich zusammenhängend 600 Hektar, damit eine Population überleben kann. Und die sollten hamstergerecht bewirtschaftet werden. Damit das gewährleistet werden kann, gibt es seit 2006 das Artenhilfsprogramm Feldhamster. Über die Naturschutzbehörden erhalten die Landwirte Geld, wenn sie beispielsweise einen Blühstreifen anlegen oder Getreide für die Tiere stehen lassen.
Umsiedlung nach der Winterruhe
In Euerbach übt man sich indes in Geduld. Im Mai sollen Würzburger Experten den Hamster fachgerecht umsiedeln in eine etwa ein Kilometer entfernte Ausgleichsfläche. Dort leben bereits andere Hamster. Und die sollen sich der Gemeinde zufolge „pudelwohl“ fühlen.