Im zweiten Pandemie-Sommer kennt sich das Publikum noch nicht richtig aus. Findet etwa das sonst jährliche Flamenco-Festival heuer statt oder nicht? Dessen Veranstalterin Mercedes Sebald hörte diese Frage in den letzten Monaten oft, hörte auch Gerüchte, es finde nicht statt. Aber: Es läuft schon und wird am 1. August mit zwei Konzerten seinen Höhepunkt haben.
Im April gaben zwei Gitarristen ein Online-Konzert, im Mai schaltete das Würzburger Flamenco-Festival einen großen Tanzauftritt als Live-Übertragung im Internet. "Bis zu 900 Zuschauern" habe man dabei gehabt, so Sebald begeistert über das große Echo. Und: Einige Künstler setzten sich nach ihren Auftritten vor die Web-Cameras und schalteten sich per Videokonferenz mit Würzburger Gästen zusammen: "Erst die Live-Übertragungen und dann auch noch solch ein Zoom-Meeting – da kamen schon richtige Festival-Feelings auf."
Mit denen soll es im dreidimensionalen Raum weitergehen. Noch in der Planungsphase ist ein Tanztrio oder -quartett am 29. Juli am Belvedere im Hubland-Landesgarten. Ab 20.30 Uhr treten vor der modernen Kulisse Tänzerinnen und Tänzer aus dem Umfeld des Künstlerhauses Salon 77 auf.
Bühne im Neutorgraben
Drei Tage später steht die Bühne wiederum im Grünen: Im Neutorgraben unter der Festung setzen zwei Festivalauftritte den Schlusspunkt im Programm des Flamenco-Festivals und zugleich des städtischen Kulturpicknicks. Das ist heuer eine Reihe an 18 Tagen ab Mitte Juli – und unterhält schon seit letztem Jahr eine gute Verbindung zum Flamenco-Festival: 2020 fand das Picknick auf dem Hubland statt, und Sebalds Team organisierte zu diesem Anlass eine Gypsy-Jazz-Combo. Diese treibende Musik in der Traditionslinie von Django Reinhardt kam derart gut an, dass sich die Festivalmacher sich für 2021 sagten: "Es muss nicht immer reiner Flamenco sein."
Nur – wenn nicht, dann muss es hervorragend klingen. Das garantiert Gismo Graf am Kulturpicknick-Mittag des 1. August, wenn er (ab 14 Uhr) Sinti-Swing mit Pop und Bossa verknüpft, begleitet von seinem Vater Joschi Graf (Rhythmusgitarre und Gesang) und dem Würzburger Kontrabassisten Simon Ort.
Der Abend gehört dann (19.30 Uhr) Rafael Cortés, in Essen aufgewachsen, aber in einer Flamenco-Gitano-Familie aus Granada. Sein Debüt gab er mit fünf Jahren, knapp 30 Jahre später spielte er beim Leverkusener Jazzfestival mit Gitarrist Paco De Lucia – sein Traum. Aber auch Spaniens Megastar Rosa verdankt ihm einen gelungenen Flamencopop-Hit.
Positiv aufblühende Kunst
Stammgäste des Würzburger Festivals erinnern sich vielleicht: Rafael Cortés sprang seinerzeit für Maria Serrano ein. Mercedes Sebald weiß noch: "Es war Ostermontag, Schneesturm und ausverkauft mit Stehplätzen." Vor allem aber sei "dieses musikalische Niveau von Rafael Cortés seitdem nicht geschlagen worden". Für die Würzburger Tänzerin passt der Künstler in die Gegenwart: "In Krisenzeiten lässt Rafael einfach alles vergessen. Flamenco ist deshalb so beliebt." Diese Musik schaffe es, aus negativen Dingen eine absolut positive aufblühende, niveauvolle Kunst zu schaffen, sich neu zu erfinden oder wieder zu finden: "Tragik und Leid werden durchaus akzeptiert und als positive Erfahrung, um neue Kräfte zu sammeln, umgesetzt." Zu Cortés’ Musik tanzt Jairo Barrull aus Sevilla bzw. aus Tanztempeln der ganzen Welt.
Kartenreservierungen: www.wueflamencofestival.de