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Würzburg: Fotoausstellung im Rudolf-Alexander-Schröder-Haus in Würzburg: Die Resonanz der Kaffeetasse

Würzburg

Fotoausstellung im Rudolf-Alexander-Schröder-Haus in Würzburg: Die Resonanz der Kaffeetasse

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    Unscheinbare Fotografien von Leuten hängen seit Sonntag im Rudolf-Alexander-Schröder-Haus in Würzburg. Sicher ist bei jedem Bild: Hier wird eine Geschichte erzählt. Die versteht der Betrachter besser, wenn er etwas mehr über den Fotografen weiß.

    Björn Göttlicher heißt der 1972 geborene Bamberger mit Referenzen in mehreren Genres der Profi-Fotografie. Studiert hat er Architekturfotografie, gearbeitet als Reisefotograf, einen Namen machte er sich als "Fotograf der Fragen". Er sei ein "zweifelnder Fotograf", sagte die Schröder-Haus-Leiterin Katharina Eberlein-Braun bei der Ausstellungseröffnung. Göttlicher frage auf seinen Bildern: "Was bringt das Foto?"

    Andere Fragen: Warum sind die Abzüge technisch nicht perfekter? Wieso sind so viele Gesichter überklebt? Auf der Vernissage seiner Ausstellung "Begegnungen" mit insgesamt 20 Arbeiten holte der Künstler ein wenig aus. Vorbild sei ihm immer sein Vater gewesen. Nicht weil der auch bildnerisch tätig gewesen sei, sondern als Arzt. Den Beruf habe er in Bamberg "als großer Menschenfreund" ausgeübt. So sehr, dass sich der Sohn fragte: Was kann ich in dieser Richtung tun?

    Die Antwort nahte auf drei Rädern: Das evangelische Dekanat Bamberg stiftete einen Ape-Kleintransporter mit einer italienischen Kaffeemaschine auf der Ladefläche. Göttlicher begleitete das Kaffeeteam bei seinen Fahrten durch das arme Stadtviertel Gereuth. Nebenbei und unauffällig lichtete er die Kaffeegäste ab. "Tolle Situationen" habe er ein Jahr lang aufgenommen, aber immer begleitet von der Frage: "Wollen das die Leute?"

    Zunächst waren sich auch die Dekanats-Kaffeebrauer nicht einmal sicher, inwieweit sie in dem Stadtviertel überhaupt gebraucht wurden. Nach und nach kamen, erzählte Björn Göttlicher, immer öfter Stimmen am Vespa-Dreirad auf: "Mensch, wir warten schon die ganze Woche auf euch." Diese Anerkennung machte dem Fotografen Mut, den Gästen seine Bilder zu zeigen – mit dem Hinweis darauf, er würde gerne eine Ausstellung machen. "Da will ich dabeisein, und: Schade, dass es kein Foto von mir gibt", hätte es meist geheißen. So versuchte Göttlicher, alle Abgebildeten zu erreichen, um von ihnen vielleicht ein ähnlich begeistertes Einverständnis zu bekommen. Das gelang natürlich nicht, deshalb die Anonymisierungen auf einigen Prints. Die teils stark vergrößerten Handybilder behielten trotz aller Nachschärfung am Computer ihre visuellen Eigenarten.

    Damit waren für den Fotografen noch nicht alle Fragen gelöst. Eine wesentliche lautete: "Darf ich die Härten des Alltags aufhübschen?" Björn Göttlicher sagte: "Wesentlich dabei ist die Frage der Grundhaltung, des Humanismus, eines Gefühls für Demokratie und Menschenrechte. Die Ausstellung ist ein Aufruf zum Gespräch."

    Das Gespräch geht auch und grade über "Resonanz und Unverfügbarkeit". Mit diesen beiden Begriffen arbeitet der Soziologe Hartmut Rosa. Angewandt auf Fotografien kann das heißen: Auch wenn ein Foto 1000-mal auf einer sozialen Plattform geteilt wird, also eine große Resonanz hat, macht es doch den Augenblick seiner Entstehung nicht verfügbar, nicht die Gerüche, Gefühle, die Wärme der Sonne auf der Haut. Göttlichers "Begegnungen" lassen allerdings hoffen: Transportiert diese Ausstellung nicht das scheinbar Unverfügbare? Zumindest wenn der Betrachter die Geschichte im Hintergrund der Geschichten kennt?

    Hartmut Rosas Essay "Demokratie braucht Religion" diskutiert Schröder-Haus-Chefin Katharina Eberlein-Braun am 19. Juni um 19 Uhr unter dem Semester-Schwerpunktthema Zerbrechlichkeit. In diesem Zeichen steht auch die Göttlicher-Ausstellung, die mindestens bis Ende Juni am Wilhelm-Schwinn-Platz hängt.

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