Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

WÜRZBURG: Frage im Chambinzky: Kriegen die sich?

WÜRZBURG

Frage im Chambinzky: Kriegen die sich?

    • |
    • |
    Komödie zum Zurücklehnen: Im Theater Chambinzky hatte „Gut gegen Nordwind“ mit Anne Hansen und Bodo Koch Premiere.
    Komödie zum Zurücklehnen: Im Theater Chambinzky hatte „Gut gegen Nordwind“ mit Anne Hansen und Bodo Koch Premiere. Foto: Foto: Th. OBERMEIER

    „Gut gegen Nordwind“ – das ist Daniel Glattauers Beststeller, der den klassischen Briefroman in die Epoche der E-Mails überführte: Ein Tippfehler beim Versenden von Elektropost gründet die Zufallsbekanntschaft zwischen Emmi und Leo, die sich turbulent ineinander verlieben. Das ist formal so gelungen, dass der Romanleser die – nicht mehr jungen – Helden beim Mails-Tippen regelrecht vor sich sieht, den Widerschein des Bildschirmlichts auf ihren Gesichtern.

    Auf der Theaterbühne bringt das erst einmal gar nichts. Deswegen beugen sich die Schauspieler Anne Hansen und Bodo Koch gar nicht erst über die Tastaturen, sondern spielen ihren Briefwechsel als Dialog. Dabei wenden sie sich nur eben nicht direkt einander zu, sondern eher zum Publikum und jeweils auch sehr stark zu sich selbst. Erlebte Rede nennt die Literaturwissenschaft eine solche Art des Erzählens.

    Mit dieser Lösung steht eine Inszenierung allerdings gleich vor der nächsten Schwierigkeit. Denn Emmi ist ein ausgesprochen vitaler, fordernder Charakter, beruflich kreativ und – verheiratet. Leo hingegen achtet als Wissenschaftler auf Vernunft und verarbeitet außerdem gerade eine Trennung. Womit die Gefahr besteht, dass die Hansen den Koch glatt an die Wand spielt.

    Aber auch hier zeigt sich die gute Regie von Hermann Drexler. Der weiß genau, bis zu welchem Grad er eine solche Dominanz wie die der extrovertierten Emmi zulassen darf, ohne dass die asymmetrische Konstellation der Figuren umkippte. Und: Je geerdeter der Gegenspieler eines Wirbelwinds auf der Bühne sitzt, desto interessanter gestaltet sich das Ungleichgewicht. Derlei hat die Chambinzky-Inszenierung fabelhaft austariert, zumal Bodo Koch dezent andeutet, wie es in seinem Leo untergründig brodelt.

    Spannend ist das mindestens doppelt: Kriegen die sich? Wollen wir das überhaupt? Immerhin scheinen sich die beiden phasenweise auf einen Ehebruch vorzubereiten. Relevanz hat das Stück aber weniger durch diese alte moralische Frage. Vielmehr betrifft es jeden mit einer grundsätzlichen Dynamik der Paarpsychologie. „Gut gegen Nordwind“ ist eine Nähe-Distanz-Komödie.

    Der virtuosen Handlungsführung entspricht ein Haufen guter Sprüche (Emmi: „Mein Zynismus ist nur Sport und Spiel statt Ärger und Abrechnung mit den Männern“). Und nicht nur die Schauspieler sind eineinhalb Stunden lang top-präsent. Auf den Sekundenbruchteil passend zum letzten Satzpunkt einer jeden Chat-Session drücken auch die Techniker Lucas Peuser und Alexander Knoll die Knöpfe für Licht und Toneinspielungen. Ein Spitzen-Abend!

    Vorstellungen noch bis 12. Dezember Mi. bis Sa. 20 Uhr, So. 19 Uhr im KuZu-Kellertheater des Chambinzky, Tel. (0931) 51212, www.chambinzky.com

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden