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Würzburg: Französisches Bier nur auf dem Papier nach Franken geliefert

Würzburg

Französisches Bier nur auf dem Papier nach Franken geliefert

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    Seltsame Wege machte das Bier aus Frankreich, das (nur auf dem Papier) in Würzburg landete.
    Seltsame Wege machte das Bier aus Frankreich, das (nur auf dem Papier) in Würzburg landete. Foto: Getty Images

    Meist verraten Spuren eine Tat. Den Bierschmugglern kamen die Ermittler auf die Schliche, weil es eben keine Spuren gab. Wenn Christian Schüttenkopf vom Zollfahndungsamt München das Katz-und-Maus-Spiel mit Tarnfirmen wie zuletzt bei Würzburg beschreibt, darf die Schnee-Geschichte jedenfalls nicht fehlen.

    Mitten im Winter hatten Ermittler im Landkreis Würzburg ein Getränkelager unter die Lupe genommen. Den Papieren zufolge sollte es laufend Bier aus Frankreich geliefert bekommen. Was die simplen Oberservierungen ergaben: keinerlei Reifenspuren im Schnee. Offenbar war nicht ein Bierlaster zum Abladen an der Lagerhalle  vorgefahren.

    Vielmehr floss das französische Bier offenbar - für teures Geld, aber unversteuert - in Großbritannien. Dort ist die Biersteuer dreimal so hoch wie in Frankreich - und zehnmal so hoch wie in Deutschland. Durch die Phantom-Lieferungen steckt die französischen Hintermänner und ihre Komplizen offenbar Millionenbeträge in die eigene Tasche.

    Bier nur auf dem Papier

    Ein halbes Jahr lang hatten Zöllner das Betriebsgelände in Eisingen und in Waldbrunn  (Lkr. Würzburg) observiert. Demnach kam - anders als in den Papieren verzeichnet - nur ein Bruchteil der Bierlieferungen aus Frankreich auch in Franken an.

    Mitarbeiter des Zolls deckten den Bierschmuggel nach Würzburg auf.
    Mitarbeiter des Zolls deckten den Bierschmuggel nach Würzburg auf. Foto: Christian Charisius, dpa

    Ein „beliebtes Modell der Steuerminimierung“, sagt der Zollsprecher. Das in Frankreich produzierte Bier, das dort mit rund 35 Euro je Hektoliter versteuert werden muss, sei zunächst unversteuert scheinbar nach Deutschland transportiert und beim Hauptzollamt Schweinfurt versteuert worden - mit etwa neun Euro je Hektoliter. Die hiesige Firma habe vorgegeben, dass am Firmensitz in Eisingen der Weiterverkauf erfolgte.

    "Riesige Briefkastenfirma" täuschte Betrieb vor

    Doch das Unternehmen diente offenbar nur dazu, einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf vorzutäuschen und Steuerfahnder hinters Licht zu führen. "Unterm Strich war das Lager in Eisingen nur eine riesige Briefkastenfirma", so Schüttenkopf. Im Landkreis Würzburg sollen binnen zwei Jahren über 3000 Lkw-Ladungen Bier angekommen sein. Tatsächlich seien es höchstens 20 gewesen - um den Schein zu wahren.

    "Die Bestände trugen teilweise ein abgelaufenes Haltbarkeitsdatum und dürften nur gelagert worden sein, um bei Kontrollen einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf vorzutäuschen", sagen die Ermittler beim Zoll. Der Gesamtbetrag der hinterzogenen Biersteuer beläuft lauf Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen auf 35,7 Millionen Euro.

    Franzose auf der Anklagebank - Gericht kämpfte mit Tücken im Steuerrecht

    Bisher standen in Hof, Hamburg oder Stuttgart stets die heimischen Getränkehändler vor Gericht. Im Würzburger Fall ging den Fahndern auch ein Kontaktmann zu den französischen Hintermännern ins Netz. Die Strafkammer des Landgerichts um den Vorsitzenden Thomas Trapp plagte sich wochenlang mit den Tücken des deutschen und französischen Steuerrechts – und mit einem französischen Angeklagten. Mit seinen deutschen Geschäftspartnern hatte sich der 57-jährige Franzose wohl gut verstanden, doch vor Gericht verstand er anscheinend kaum Deutsch und äußerte sich nur spärlich.

    Das Urteil nach drei Monaten Prozess: Der Kontaktmann muss seinen Durst auf absehbare Zeit mit Wasser und Tee löschen. Das Landgericht verurteilte ihn "wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 3481 Fällen zur Freiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten". Michael Schaller, Sprecher des Landgerichts, bestätigt auf Nachfrage: "Das Urteil ist rechtskräftig." Verteidiger Martin Reitmaier hatte vor Gericht auf vier Jahre Halt plädiert, die Anklage auf fast fünf Jahre.

    Hintermänner blieben im Dunkeln

    Der hiesige Getränkehändler war bereits zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Die Geschäfte der Hintermänner liefen aber weiter, nachdem der Zoll die Anlaufstelle bei Würzburg geschlossen hatte.  Vor zwei Jahren führte die Fährte nach Hof – dort wurde der Schaden auf rund 30 Millionen Euro geschätzt. Und kaum haben die Würzburger Richter das Urteil gesprochen, startet der nächste Prozess gegen deutsche Phantom-Abnehmer  aus Paderborn, Herford, Bielefeld sowie Thüringen.

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