In Unterfranken schlitzten Marcin M. und seine Kumpane besonderes gerne parkende Lkw auf. Dann klauten sie, was auf der Ladefläche war: Fernseher, Kaffee, Gartenscheren. Vier von zwölf Tatorten, die eine vierköpfige Bande jetzt für Jahre ins Gefängnis bringt, lagen im unterfränkischen Teil der Autobahn A 3 zwischen Kitzingen, Würzburg und Aschaffenburg.
Vier Männer aus Polen wurden am Mittwoch vom Landgericht Ansbach wegen schwerem Bandendiebstahl zu Haftstrafen zwischen vier und sieben Jahren verurteilt. Sie hatten gestanden, in wechselnder Besetzung durch Deutschland gefahren zu sein und LKW aufgebrochen zu haben, um die Ladung zu stehlen.
Ein Schaden von 1,245 Millionen Euro wurde jetzt allein dem Quartett auf der Anklagebank nachgewiesen – wie hoch die Dunkelziffer der nicht nachweisbaren Fälle war, lässt sich schwer schätzen. An der Raststätte Würzburg-Süd erbeuteten sie 123 Laptops und 101 Drucker für 160.000 Euro. In der Gegenrichtung an der Raststätte Würzburg-Nord 104 Autoreifen, am Parkplatz Sandgraben bei Theilheim (Lkr. Würzburg) 84 Kartons mit Kaffeepads für 23000 Euro. Nur in Sailauf bei Aschaffenburg hatten sie Pech: Ein anderer Lkw-Fahrer bemerkte sie, gab Warnzeichen.
Sie mussten verschwinden, mit nur einer Tonerkartusche als Beute, Wert 25 Euro. Um sich vor Entdeckung zu schützen, versprühten sie am Tatort das Pulver von Feuerlöschern, um Fingerabdrücke und DNA zu vernichten.

Dann übertrieben sie es: Bei Lichtenau öffneten sie an der A 6 heimlich die Ladetür eines serbischen Lkw. Sie klauten, was sie schnell greifen konnten: 24 Großkartons mit Zigaretten. Der Lkw-Fahrer – der den größten Teil der Ladung noch hatte – brauchte neue Zollplomben an der Tür, um weiterfahren zu dürfen. Er parkte über Nacht vor dem Zollamt Ansbach – und wurde dort erneut ein Opfer der Planenschlitzer; Diesmal klauten sie 362 Großkartons Zigaretten, Gesamtwert 748.000 Euro.
Doch dieser dreiste Coups bekam den Tätern nicht, wie ein Ermittler vor Gericht schilderte: Die Kripo Ansbach wertete Überwachungsvideos aus, sah zwei auffallende Lkw der Täter, die neben dem geplünderten Fahrzeug geparkt hatten. Die gehörten einer Spedition, die unter Verdacht stand, das Diebesgut wegzuschaffen. Als einer davon kontrolliert wurde, hatte er Fernseher an Bord - die zuvor von einem Lkw in Brandenburg geklaut worden waren.
Die Polizei hörte mit, wie ein Fahrer einen zweiten vor einer Kontrolle warnte. Und ein Verdächtiger alarmierte Marcin M: Im Lkw in Ansbach seien DNA-Spuren von ihm gefundene worden. Die passten zu anderen, die die Polizei an anderen Tatorten gefunden hatte. Pech auch für die Täter, dass GPS-Daten eines Handys zu verschiedenen Tatorten passten und auf einem Telefon Fotos geklauter Waren gespeichert waren. Als zwei der Verdächtigen erneut in einem der Lkw einreisten, wurden sie verhaftet.
Der Prozess ist einer von mehreren, die von erhöhten Anstrengungen deutscher Ermittler zeugen, diese Form von Kriminalität effektiver zu bekämpfen als in der Vergangenheit.Denn die Planenschlitzer sorgen nicht nur für Verunsicherung auf deutschen Rastplätzen, auf denen sich müde Lkw-Fahrer kaum mehr zu schlafen trauen. Der Schaden wird von Polizisten auf 2,2 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.
Für einige der vier in Ansbach ist der Fall mit dem Urteil in Franken nicht zu Ende. Auf sie wartet ein weiteres Strafverfahren in Frankreich – wegen ähnlicher Delikte.