Wie geht es einer Partei, die aktuellen Umfragen nach bayernweit mit 14 Prozent in der Wählergunst liegt? Ziemlich gut, zumindest wird dieser Eindruck beim gemeinsamen Neujahrsempfang der SPD Würzburg Stadt und Land vermittelt. Motiviert und zuversichtlich geben sich die Parteioberen und freuen sich über den charmanten Ministerinnenbesuch. Manuela Schwesig, stellvertretende Parteivorsitzende und im Kabinett zuständig für Familie, Senioren, Frauen und Jugend spricht zu den rund 700 Gästen in der Aula der Franz-Oberthür-Schule.
Genossin durch und durch
Der Eindruck trügt. Unten an der Basis sind die Genossen frustriert darüber, dass die Wähler die Erfolge der SPD in der Großen Koalition nicht wahrnehmen. „Wir haben all unsere Ziele umgesetzt, beispielsweise den Mindestlohn, aber beim Wähler kommt das nicht an“, sagt Hermann Schenk aus Randersacker.
Ilse Gebhardt-Gögercin aus Kürnach ist durch und durch Sozialdemokratin. Seit ihrer Jugend ist sie in der Partei und hat viele Höhen und Tiefen mitgemacht. Dass die SPD bei den Wählern nicht ankommt ärgert sie. „Vor allem, wenn ich sehe, dass die SPD den richtigen Weg vorgibt, sich aber erst viel später die Einsicht durchsetzt, dass sie damit im Recht ist.“ Beispielsweise beim achtjährigen Gymnasium – von dem sich jetzt auch die CSU wieder distanzieren will. Deswegen will Ilse Gebhard-Gögercin durchhalten und weiterhin für die sozialdemokratischen Ziele eintreten.
Den Neujahrsempfang sieht Muchtar Al Ghusain, Vorsitzender der Würzburger SPD, zugleich auch als einen guten Anlass, „die Widerstandsfähigkeit der Partei zu stärken“. Vor allem im Hinblick auf den 20. Januar, „wenn wir die Bilder der Amtseinführung des neuen amerikanischen Präsidenten über uns ergehen lassen müssen“, so Al Ghusain.
Das Land muss zusammenhalten
Manuela Schwesig liegt eine politische Kultur des gegenseitigen Respekts sehr am Herzen. Sie möchte kein gespaltenes Land, sondern eines, das zusammenhält. „Im politischen und medialen Fokus dürfen nicht die Krawallmacher von Pegida und Co. stehen“, sagt sie. „Im Fokus müssen stattdessen die 31 Millionen Ehrenamtlichen sein. Denn sie sorgen sich um unsere Gesellschaft und das hält unser Land zusammen.“
Die 42-jährige Ministerin kommt bei den Gästen an. Sie wird als aufrichtig wahrgenommen. Die junge Mutter erzählt viel über ihre Familie. Über ihren zehnjährigen Sohn, der ungern Hausaufgaben macht und sich gewundert habe, als seine Mama zur Geburt ihrer Tochter im letzten Jahr auch Glückwunsche von der CDU bekam. „Mama, ich denke, ihr könnt euch nicht leiden“, soll er sinngemäß gesagt haben, erzählt Manuela Schwesig. Dann habe sie ihm erklärt, wie wichtig es sei, sich im Leben respektvoll zu begegnen. „Was in Zeiten, in denen der Bundespräsident beschimpft wird und Steine auf Flüchtlingsbusse geworfen werden, nicht leicht ist.“
Dabei blickt sie hinunter ins Publikum zu Paul Lehrieder von der CSU, der im Deutschen Bundestag den Aussschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend leitet und den Manuela Schwesig jeden Dienstag trifft. „Ja, wir streiten, aber achten uns“, sagt sie und ruft dazu auf, den Anfängen zu wehren. „Diese unheilvolle Allianz aus Biedermeiern und Brandstiftern muss ein Ende haben“, sagt sie mit Blick auf die AfD.
„Kluge, leidenschaftliche und mutige Rede“
Das erwärmt das Herz der Genossen. Volkmar Halbleib, Vorsitzender der Landkreis-SPD spricht von einer „klugen, leidenschaftlichen und mutigen Rede“. Worte, die sicher auch Eva-Maria Linsenbreder gefallen hätten. Eine Infektion mit dem Norovirus hatte sie von der Teilnahme am Neujahrsempfang abgehalten.
Manuela Schwesig indes wird von vielen Gästen umringt, Tagesmütter klagen über ihre schlechte Bezahlung. Geduldig hört die Ministerin allen zu, gibt Autogramme, posiert für Selfies und fährt dann weiter zum nächsten Termin in die Rhön.