Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, fällt arbeitenden Müttern meistens nicht leicht. Das weiß auch Bundesfamilienministerin und SPD-Vize Manuela Schwesig, 42. Die SPD-Politikerin aus Brandenburg lebt heute in Schwerin in Mecklenburg-Vorpommern und ist selbst Mutter einer Tochter und eines Sohnes. Am Samstag war sie in Unterfranken unterwegs und machte in Würzburg und Mellrichstadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) schon ein bisschen Wahlkampf.
Frage: Frau Schwesig, ich bin selbst Mutter von drei Kindern. Aus welchem Grund sollte ich im September die SPD wählen?
Manuela Schwesig: Weil die SPD die Familienpartei ist, die alle Familien im Blick hat. Wir haben in den letzten Jahren die Situation für viele verbessert, aber wir sehen auch, dass es noch viel zu tun gibt, gerade für berufstätige Mütter, für Alleinerziehende und bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Jeder soll sein Leben so gestalten können, wie er oder sie das möchte. Daher setzen wir auf
einen Dreiklang: Zeit für Familie, Geld und Infrastruktur.
Das klingt gut. Was heißt das konkret?
Schwesig: Wir wollen zum Beispiel einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung auch an Schulen einführen. Familien müssen aber auch Zeit füreinander haben, daher muss die Arbeitszeit familienfreundlicher werden. Wir wollen ein Familiengeld, das berufstätige Mütter und Väter beantragen können, wenn sie Teilzeit arbeiten und sich beide Zeit für Kinder nehmen.
Familiengeld ist also mehr als Elterngeldplus?
Schwesig: Das Familiengeld schließt an Elterngeld und Elterngeldplus an. Künftig sollen Eltern monatlich 300 Euro erhalten, wenn beide zwischen 28 und 36 Stunden in der Woche berufstätig sind und sich die Betreuung des Kindes teilen. Das entspricht einer Reduzierung auf 80 bis 90 Prozent. Das Familiengeld soll für zwei Jahre und für Kinder bis zum achten Lebensjahr gezahlt werden.
Familien leisten auch viel mehr als Menschen, die keine Kinder zu versorgen haben. Wie könnten sie mehr entlastet werden?
Schwesig: Die SPD will Familien auch steuerlich entlasten. Wir wollen, dass es zukünftig einen Familientarif bei der Steuer gibt. Wer jetzt vom Ehegattensplitting profitiert, soll es auch in Zukunft behalten. Aber viele Familien, die Kinder haben, gehen heute leer aus, nur weil die Eltern nicht verheiratet sind. Wir wollen einen Tarif, der Kinder in allen Familienformen unterstützt.
Familienverbände fordern ein Wahlrecht für Kinder. Was halten Sie davon?
Schwesig: Ich würde es gut finden, wenn Kinder eine stärkere Stimme bei Wahlen bekämen.
Gerade Alleinerziehende sind dem höchsten Risiko ausgesetzt, in Armut zu geraten. Bislang wird der Unterhaltsvorschuss auch nur sechs Jahre bis zum 12. Lebensjahr gezahlt. Wie können Sie die Situation Alleinerziehender verbessern?
Schwesig: Wenn Sie mit dem Kind allein gelassen werden, gleich mit der Geburt, dann bekommen Sie Unterhaltsvorschuss bis das Kind zur Schule kommt. Bisher zieht sich der Staat dann zurück. Wir wollen jetzt den Unterhaltsvorschuss bis zum 18. Lebensjahr zahlen. Denn mit der Schule und dem Alter steigen auch die Kosten für das Kind.
Doch der Städtetag lehnt Ihren Vorschlag ab. Wie könnte das finanzierbar werden?
Schwesig: Ich bin enttäuscht, dass die Städte sich so dagegen sperren, denn die Kosten tragen Bund und Länder. Kein Vater und keine Mutter wird verstehen, dass gerade in Zeiten großer Haushaltsüberschüsse ausgerechnet für die Alleinerziehenden das Geld fehlen soll. Ich will daher weiter mit den Kommunen und Ländern im Gespräch bleiben.
Ihr Gesetzentwurf für mehr Lohngerechtigkeit hat letzte Woche für Schlagzeilen gesorgt. Aber kann dieses Gesetz wirklich helfen?
Schwesig: Ja. Es schafft mehr Transparenz und wird auch für einen Kulturwandel sorgen. Aber die Lohnlücke von 21 Prozent zwischen Männern und Frauen hat unterschiedliche Gründe und verlangt mehr Antworten. Es muss eine ausreichende Kinderbetreuung geben, es muss die Möglichkeit geben, überhaupt berufstätig zu sein und nicht im Minijob zu landen und es geht darum, dass Frauen auch von Teilzeit wieder auf Vollzeit zurückkommen können. Berufstätige Mütter müssen in Unternehmen auch besser gefördert
werden, zum Beispiel auch mit wohnortnahen Fortbildungen.
Das Elterngeld feiert dieses Jahr zehnjähriges Bestehen. Konnte es die Finanzlage von Familien verbessern?
Schwesig: Das Elterngeld ist ein wirklicher Erfolg. Familien mit Kindern im ersten Lebensjahr haben durch das Elterngeld im Durchschnitt rund 480 Euro pro Monat mehr in der Haushaltskasse. Auch danach stehen viele Familien finanziell besser da, weil die Mütter früher wieder in ihren Beruf einsteigen. Über 80 Prozent der Bezieherinnen und Bezieher sagen, dass das Elterngeld besonders wichtig für ihr Familieneinkommen war.
Was können Sie Eltern in Aussicht stellen, wenn Sie auch 2017 weiter Familienministerin bleiben?
Schwesig: Ich möchte, dass wir mittelfristig für alle Kinder kostenlose Kitaplätze anbieten können, denn es
ist wichtig für Familien, dass ihr Einkommen nicht durch Gebühren aufgefressen wird. Dann möchte ich das Familiengeld mit mehr Zeit für Familie durchsetzen und ich kämpfe für eine steuerliche Entlastung von Familien.