Die erfolgreichsten Skandalforscher Bayerns kommen vom Deutschhaus-Gymnasium. Beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten „Ärgernis, Aufsehen, Empörung: Skandale in der Geschichte“ hat sich die Schule den erstmals verliehenen Preis für die landesbeste Schule von 1000 Euro geholt. Außerdem gelangen der Neuntklässlerin Barbara Hench und den Brüdern Oliver und Fabian Mehling zwei Landessieger-Beiträge.
67 Beiträge
Der 1973 durch den damaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann und den Stifter Kurt A. Körber ins Leben gerufene Geschichtswettbewerb ist der größte historische Forschungswettbewerb für junge Menschen in Deutschland. Insgesamt haben sich in Bayern 441 Schüler mit 67 Beiträgen beteiligt.
Sechs Monate lang haben die Teilnehmer Archivquellen, zeitgenössische Presseberichte und Zeitzeugengespräche ausgewertet. Die Spannbreite der Themen reichte von lokalen Umweltskandalen über kontroverse Theateraufführungen bis zu antisemitischen Rufmordkampagnen.
Dabei zeigten die Schüler auf, wie die Öffentlichkeit mit Tabubrüchen umging, und hinterfragten kritisch die Motive der Skandalierer. „Mit wachsamen Augen durchleuchteten die Jugendlichen die Rolle von Politik, Medien und Publikum“, lobte Sven Tetzlaff, Leiter der Bildungsprojekte der Körber-Stiftung, die Arbeiten. „Eine kritische Öffentlichkeit, so die Forderung der Jugendlichen, muss heute bei Skandalen besonders genau hinschauen anstatt vorschnell zu urteilen“.
Skandal nach Eisner-Ermordung
„Kein Glockenläuten für Kurt Eisner! Skandal in Aschaffenburg 1919“ lautet der Titel der erfolgreichen Arbeit von Barbara Hench. Der konservative Aschaffenburger Stiftspfarrer Ignaz Hergenröther weigerte sich am Tag der Beerdigung des durch ein Attentat getöteten sozialistischen Bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner mit den Kirchenglocken zu läuten. Damit verstieß er gegen eine Vorschrift der Behörden und sorgte für einige Aufregung in der Stadt.
Die in Aschaffenburg wohnende Neuntklässlerin zog außerdem eine Parallele zum Jahr 2006, als der Miltenberger Pfarrer Ulrich Boom ebenfalls durch Glockenläuten seinen Unmut kund tat und so eine Kundgebung der NPD-Jugendorganisation verhinderte. Auch dies ein Beispiel für „Glockenläuten als politische Stellungnahme“, wenn auch unter anderen politischen Vorzeichen.
Auch der Siebtklässler Fabian und sein zwei Jahre älterer Bruder Oliver Mehling riefen unter dem Titel „Bankrott der Ordnung in Würzburg. Der Habima-Skandal 1930“ ein weitgehend vergessenes Ereignis aus der unterfränkischen Lokalgeschichte in Erinnerung.
Habima-Skandal
Im November 1930, also bereits zwei Jahre vor der „Machtergreifung“, versuchten Nationalsozialisten mit Gewalt, eine Aufführung der hebräischen Moskauer Theatergruppe „Habima“ zu stören. Den Ablauf und die Hintergründe des Skandals dokumentierten die beiden Schüler ausführlich auf einer eigenen Netzseite.
Zusätzlich beschäftigten sie sich mit dem Gerichtsprozess, der 1931 folgte, sowie mit zeitgenössischen Presseberichten und -kommentaren. Material für ihre Arbeit erhielten sie nicht nur im Stadt- und im Staatsarchiv in Würzburg, sondern auch aus Israel und den USA.