Ein brenzliges Thema steht erneut auf der Tagesordnung wenn sich der Gemeinderat in Hettstadt am Montag (21. Mai) um 19.30 Uhr zu einer Sitzung zusammenfindet: der Bau einer 65 Quadratmeter großen Stallung für sogenannte Bronze-Puten mit landwirtschaftlicher Lagerhalle am nördlichen Ortsrand.
Derweil kann sich der Bauwerber keinen Reim darauf machen, weshalb das Thema derart emotional diskutiert wird. Für das Bauvorhaben liegt eine rechtskräftige Genehmigung durch das Landratsamt vor, das allerdings das gemeindliche Einvernehmen ersetzte. Darüber hinaus wurde in der jüngsten Sitzung vom Ratsgremium die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Interessenvertretung der Gemeinde ebenso abgelehnt, wie unverzüglich den Klageweg gegen die Baugenehmigung zu beschreiten (wir berichteten).
Der Bauherr lebt seit 2001 in einem ländlichen Anwesen im Ortskern. Und schon bei der Genehmigung eines Rinderstalls im Jahre 2003 seien ihm seitens der Gemeinde Steine in den Weg gelegt worden, sagt der Bauwerber. Wenn er damals den bequemen Weg hätte gehen wollen, hätte er den Rinderstall als Maschinenhalle deklariert. „Dann hätte der Bau nicht einmal einer Genehmigung bedurft“, so der Bauherr. Private Gründe, die in Hettstadt jeder kenne, seien dafür ausschlaggebend, dass in dem Rinderstall bis heute keine Tiere gehalten wurden.
Warum Bürgermeister und Teile des Gemeinderates offenbar ein Problem mit seiner Person haben, kann sich der Bauwerber unterdessen absolut nicht erklären. „Vielleicht liegt es daran, dass die Landwirtschaft von mir im Nebenerwerb ausgeübt wird“, spekuliert er. Wie der Bauherr und Freund alter Tierrassen einräumt, betreibt er tatsächlich im Hauptberuf ein Immobilienbüro. Der landwirtschaftliche Betrieb im Nebenerwerb sei jedoch seit 2007 ordnungsgemäß gemeldet. „Das Eine (Immobilienbüro) schließt aber doch das Andere (Landwirtschaft) nicht aus“, erklärt der Freizeit-Bauer, der sich bereits seit 1985 als Mitglied der Gesellschaft zum Erhalt seltener Haustierrassen engagiert.
Verwunderung ruft beim Bauherrn auch das angeführte Argument hervor, nur einen kleinen Traktor zu nutzen, der gerade mal eine Geschwindigkeit von sechs Stundenkilometer schafft, wie ein Ratsmitglied beinahe zynisch anmerkte. Nach Angaben des Freizeit-Landwirts wird in seinem Betrieb eine gentechnikfreie Haltung von Bronze-Puten betrieben, die bis auf die Freilandhaltung den Vorgaben von Bioland entspricht. Bei den Tieren handelt es sich um eine alte, vom Aussterben bedrohte Haustierrasse mit langsamem Wachstum. Eine Freilandhaltung der Tiere an dem geplanten Standort sei jedoch nicht beabsichtigt, versichert der Bauwerber ausdrücklich. Dies sei auch weder Gegenstands des Bauantrags noch der Genehmigung.
Entgegen des Immobilienbüros soll der im Nebenerwerb geführte landwirtschaftliche Betreib Nachkommen aus der Familie als späteres Standbein dienen. Die Produktion sei ausgerichtet auf die regionale Vermarktung von regionalen Produkten. Die Emotionen der Anwohner sieht er hingegen „durch nicht gerechtfertigte Ängste begründet“. Dabei sollen die Puten in der Stallung nur bis zur Schlachtreife verbleiben. „Auf dem gesamten Gelände wird auch definitiv keine Schlachtung erfolgen“, versichert der Bauwerber.
Erneute Behandlung
Auf kommunalrechtlich dünnes Eis begibt sich Bürgermeister Eberhard Götz nun womöglich mit der nochmaligen Behandlung des Tagesordnungspunktes im Gemeinderat. Grundsätzlich ist dies nicht möglich, wenn, wie in der vorigen Sitzung geschehen, entsprechende Beschlüsse zu zwei Anträgen gefasst wurden. Auf der Tagesordnung zur Sitzung am Montag ist der Tagesordnungspunkt dennoch in gleicher Formulierung erneut aufgeführt. Im Vorfeld der jüngsten Sitzung hatte sich ein Anwalt im Auftrag der Gemeinde zumindest beim Amt für Landwirtschaft als beteiligte Behörde zu dem Vorgang kundig gemacht, ohne ein durch den Rat bewilligtes Mandat.
Keine neuen Aspekte
Unterdessen sprechen Juristen aus der Region von einer Posse, die die Gemeinde Hettstadt veranstaltet. „Die Gemeinde hat keine Chance. Bürgermeister und Gemeinderat können sich höchstens eine blutige Nase holen“, lautet die Einschätzung eines bekannten Würzburger Fachanwaltes für Verwaltungsrecht. Nach Aussage von Michael Pahlke, zuständiger Leiter des Geschäftsbereichs „Bauen und Umwelt“ am Landratsamt und Lehrbeauftragter an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege ist die erneute Behandlung eines Tagesordnungspunktes nach den Vorgaben der Bayerischen Gemeindeordnung nur zulässig, wenn sich zu einem Sachverhalt neue Aspekte ergeben haben. Und das scheine hier nicht der Fall zu sein.
Bürgermeister Götz aber pocht auf die seiner Ansicht nach bei der Genehmigung des Putenstalls nicht berücksichtigten Interessen der Gemeinde. In diesem Zusammenhang verweist das Ortsoberhaupt insbesondere auf die nach seiner Auffassung bei der Baugenehmigung nicht berücksichtigten Änderung des Flächennutzungsplans zur Erweiterung des Kleingartengeländes.