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WÜRZBURG: Justitia entscheidet über Hochhaus

WÜRZBURG

Justitia entscheidet über Hochhaus

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    Justitia entscheidet über Hochhaus
    Justitia entscheidet über Hochhaus

    Besuch im eingerüsteten Ämterhochhaus in der Augustinerstraße 9 ist eher selten. Außer Tauben kommt so gut keiner wie keiner ins oder ans 81 Jahre alte Denkmal der neuen Sachlichkeit, das die Stadt vor sechs Jahren für einsturzgefährdet und unsanierbar erklärte. Am Montagvormittag besichtigte eine Delegation aus München das Gebäude, die an diesem Mittwoch maßgeblich über die Zukunft von Würzburgs erstem Hochhaus entscheidet: Die Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) behandeln die Normenkontrollklage einer benachbarten Erbengemeinschaft gegen den „Vorhaben- und Erschließungsplan Hochhaus Augustinerstraße“.

    Vornehmliche Kritik der Antragsteller: Verletzung des Denkmal- und Ensembleschutzes und die Ausklammerung wasserschutzrechtlicher Fragen. Den Vorhaben- und Erschließungsplan hat der Stadtrat vergangenen Juli mit großer Mehrheit beschlossen, um den Weg für ein neues Hochhaus an gleicher Stelle zu ebnen: Den zehngeschossigen „Tricyan Tower“ des Reichenberger Investors Informica Real Invest.

    Gegen dessen Pläne für ein knapp 34 Meter hohes Wohn- und Geschäftshaus sowie gegen den Abriss des alten Hauses laufen Denkmalschützer Sturm – bislang vergebens. Ungeachtet der historischen Bedeutung des Denkmals und der umstrittenen Architektur des Neubaus – Fotomontagen zeigen dessen Dominanz in der Turm-Silhouette der Altstadt –, blieb der große öffentliche Aufschrei bislang aber aus.

    So hoffen die Denkmalschützer nun auf juristischen Beistand, der Verschönerungsverein unterstützt den Normenkontrollantrag der Nachbarn nicht nur ideell, sondern auch finanziell. Anwalt Jochen Hofmann-Hoeppel ist optimistisch, dass der Verwaltungsgerichtshof den vorhabenbezogen Bebauungsplan kippt und der Stadt Abwägungsfehler bei der Planaufstellung bescheinigt.

    Einer seiner Angriffspunkte: Die Stadt habe die denkmalschützerischen Belange nur allgemein öffentlich abgewogen, die Interessen der Nachbarn aber nicht berücksichtigt. Letztere, selbst Eigentümer eines denkmalgeschützten Gebäudes, hätten aber „durchaus das Recht“, sich gegen einen Neubau zu wehren, der eigene Belange verletze. Hofmann-Hoeppel bezieht sich auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes.

    Dass der geplante moderne Neubau das Erscheinungsbild des geschützten Nachbarensembles nachhaltig beeinträchtigt, sieht der Anwalt nicht zuletzt von Stadtheimatpfleger Hans Steidle bestätigt. Dieser bemängelt in seiner Stellungnahme zum Bebauungsplan zum einen, dass die Möglichkeit einer Sanierung des Altbaus nicht ausreichend untersucht wurde. Zum anderen sei einem Neubau nur zuzustimmen, wenn dessen Integration in die historische Altstadt gewährleistet ist. „Die vorliegende Planung leistet dies nicht“, kritisiert Steidle den voluminöseren und höheren „Tricyan Tower“.

    Nach Auffassung von Hofmann-Hoeppel hat die Stadt einen weiteren Verfahrensfehler begangen, weil sie die wasserschutzrechtlichen Belange ausgeklammert habe. Dies mit dem Hinweis, diese würden behandelt, wenn die Genehmigung des nachfolgenden Bauantrags für den Trycian Tower ansteht. Zudem beschäftige sich der Bebauungsplan nicht mit der Entwicklung in der Tiefe. „Eine zweifelhafte Begründung“, sagt Hofmann-Hoeppel. Denn der Stadt sei „aufgrund der Stellungnahme der fachkundigen Stelle Wasserwirtschaft vor Fassung des Satzungsbeschlusses bekannt gewesen, dass es durch zwei Grundwasserleiter im Untergrund durchaus Probleme mit der Statik auch der Nachbargebäude geben kann“. Der Anwalt: „Einen solchen Konflikt darf man nicht einfach in ein nachfolgendes Verfahren verschieben.“

    „Das ist eine zweifelhafte Begründung.“

    Jochen Hofmann-Hoeppel Kläger-Anwalt

    Anders sieht das Hülya Bandak. Die Chefin der Bauaufsicht im Rathaus vertritt die Stadt in der Verhandlung am Mittwoch. Es seien, was das Grundwasser betrifft, „keine Probleme zu erwarten, die technisch nicht zu lösen wären“, so Bandak. Das Gesetz fordere vom Bebauungsplan nur die Darstellung von „Maßnahmen der baulichen Nutzung oberhalb der Geländefläche.“

    So gesehen sei es sinnvoll, sich mit den Entwicklungen im Untergrund erst bei der Bearbeitung des Bauantrags zu befassen, wenn feststehe, was der Bauherr vorhat. Nach Main-Post-Informationen plant er drei Untergeschosse.

    Die Belange des Denkmalschutzes sieht Bandak ausreichend gewürdigt, auch das „Gebot der denkmalverträglichen Umgebensbebauung“. „Der Neubau wird dominant sein, aber in der Gestaltung zurückhaltend“, sagt sie. Was den von Denkmalschützern unterstellten fehlenden Sanierungswillen der Stadt anbelangt, beruft sich Bandak auf ein Schreiben des Landesamtes für Denkmalpflege: Das vor allem statisch marode Ämterhochhaus müsste derart technisch erneuert werden, dass von einer denkmalgerechten Sanierung keine Rede mehr sein könne.

    Hülya Bandak ist zuversichtlich, „dass das Verfahren zugunsten der Stadt entschieden wird, weil wir sauber gearbeitet haben.“ Ein Entscheid ist am Mittwoch noch nicht zu erwarten. Er soll in den nächsten zwei Wochen folgen.

    Stichwort: Ämterhochhaus

    Das Gebäude in der Augustinerstraße 9 entstand 1929/30 nach Entwürfen des Architekten Franz Kleinsteuber und galt aufgrund des Baustils der „neuen Sachlichkeit“ als architektonische Sensation. Der Bau überstand den Zweiten Weltkrieg und wurde 1974 zum Denkmal erklärt.

    2005 wurde das erste Hochhaus der Stadt aufgrund statischer Mängel geräumt. Danach wollte die Stadt das knapp 33 Meter hohe Gebäude für einen Neubau an gleicher Stelle verkaufen. 2007 erwarb es die Informica Real Invest AG für 1,25 Millionen Euro. Sie plant ein zehngeschossiges Wohn- und Geschäftshaus mit 3200 Quadratmetern Nutzfläche.

    Im Juli 2010 beschloss der Stadtrat für das Projekt einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Dieser bildet die Voraussetzung für eine Baugenehmigung. Gegen den Bebauungsplan strengten Nachbarn im September ein Normenkontrollverfahren beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München ein. An diesem Mittwoch ist Verhandlung.

    Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan ist eine Satzung der Stadt und damit eine Rechtsnorm. Daher der Name „Normenkontrollverfahren“. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) ist für solche Verfahren in erster Instanz zuständig. Die Richter prüfen, ob die im Baugesetzbuch aufgestellten Verfahrensregeln beachtet wurden. Zudem wird sich der VGH mit der Frage beschäftigen, ob die Belange des Denkmalschutzes sowie die Belange der Antragsteller ausreichend abgewogen wurden.

    Gegen die Entscheidung, die im Laufe der nächsten zwei Wochen erwartet wird, könnte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angerufen werden, falls der VGH in München keine Revision zulässt, was wahrscheinlich ist. Beide Parteien haben sich zum weiteren Vorgehen noch nicht geäußert. Sollte der Bebauungsplan rechtskräftig werden, geht es in Baugenehmigungsverfahren. Gegen eine Genehmigung könnte dann wieder geklagt werden.

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