Wer passt außerhalb der Kita-Öffnungszeiten auf die Kinder auf – unter Umständen auch nachts? Vor allem Mütter und Väter aus der Schichtarbeit haben es oft schwer, ihre Kleinen unterzubringen. Um dieses Problem anzugehen, hat die Stadt Würzburg ein Modellprojekt zur flexiblen Kinderbetreuung entwickelt. "Flexi24" steht für die Kinderbetreuung zu Hause bei den Familien. Sie soll vor allem dann greifen, wenn Kitas noch gar nicht geöffnet oder bereits geschlossen haben.

Stadt: Grundlagenausbildung reicht für Betreuung
Die Stadt setzt dabei auf private Kinderbetreuer, die vom Rathaus vermittelt werden. Eine Erzieherausbildung ist keine Voraussetzung, auch eine Ausbildung zur Tagesmutter oder zum Tagesvater wird die Stadt nicht verlangen. Pflicht sind lediglich ein Einführungsseminar und ein Erste-Hilfe-Kurs. Doch reicht das für die anspruchsvolle Betreuung bei Kindern? "Ja", meint Christian Weiß, Pressesprecher der Stadt Würzburg. Denn "Flexi24" sei kein Modell analog einer Kindergarten-Betreuung nach Bayerischem Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz. "Flexi24 läuft nicht nach dem Bildungsauftrag", so Weiß.
Nach dem Modellprojekt könnte die Betreuungsperson beispielsweise morgens vor der Frühschicht der Eltern in die Wohnung der Familie kommen, das Frühstück bereiten und das Kind in die Kindertagesstätte fahren. In Spätdienstwochen würde der jeweilige Betreuer das Kind von der Kita abholen und es so lange betreuen, bis ein Elternteil spät abends von der Arbeit kommt.
"Am wichtigsten ist, dass die Personen mit Herz bei der Sache sind und die Kinder gern haben."
Jennifer Hartmann, Tagesmutter im Gerbrunn
Zudem würden die jeweiligen Personen auch nicht viele Kinder aus mehreren Familien auf einmal betreuen, sondern maximal ein Kind und deren Geschwister. Das könnte eine Person laut Einschätzungen der Stadt auch nach den Grundlagenkursen leisten.

So sieht das auch Jennifer Hartmann. Die Gerbrunnerin ist selbst Tagesmutter und betreut Kinder aus dem Landkreis und auch der Stadt. "Am wichtigsten ist, dass die Personen mit Herz bei der Sache sind und die Kinder gern haben", so Hartmann. Eine größere Gefahr für die Kleinen als bei einer anderen Art der Kinderbetreuung sehe sie nicht.
Die gleiche Meinung vertritt auch Rosa Hochschwarzer vom Landesverband Kindertagespflege Bayern. " Man darf die Betreuungsperson nicht mit Tagesmüttern vergleichen." Für sie leisten Personen beim "Flexi24"-Modell nämlich sogenannte haushaltsnahe Dienstleistungen ohne Bildungsauftrag. Das für sie sehr lobenswerte Modell könne Alleinerziehende und Eltern im Schichtdienst spürbar entlasten. "Eine Lösung für den allgemeinen Betreuungsplatzmangel ist das allerdings nicht", meint sie.
Suche nach Tagesmüttern schwierig
Der Mangel betrifft aber auch Tagesmütter und -väter selbst. Im Landkreis sind aktuell 41 im Einsatz, im Stadtgebiet waren es zum Jahresende 2018 56 Personen. Zur Situation im Landkreis berichtet Pressesprecherin Eva Schorno: "Es ist möglicherweise schwer, Tageseltern zu finden, weil die meisten Eltern eigene berufliche Perspektiven haben und für viele eine Tätigkeit als Tagesmutter/Tagesvater deshalb nicht in Betracht kommt." In der Stadt ist die Situation auch nicht unbedingt einfach. "Durch den Fachkräftemangel, der in allen Bereichen des Arbeitslebens herrscht, wird es zunehmend schwieriger, interessierte und geeignete Personen für diese Tätigkeit zu finden", sagt Rathaussprecher Christian Weiß.
Ob sich denn genug Betreuer – mit oder ohne Vorerfahrung in dem Bereich – für das neue Flexi24-Modell finden lassen, ist noch offen. Zahlen zu Interessenten nennt das Rathaus nicht. Weiß rechnet damit, dass sich in etwa vier bis sechs Wochen abzeichnen wird, auf wie viele Betreuungspersonen die Stadt für das Projekt zurückgreifen kann.
Betreuer sind nicht gleich Tagesmütter Rechtlich gibt es zwischen Betreuungspersonen und Tagesmüttern Unterschiede. Während Betreuer beim "Flexi24"-Modell Grundlagen geschult bekommen, um beispielsweise wöchentlich ein paar Stunden zu betreuen, sieht es bei sogenannten Tagespflegepersonen anders aus. Sie brauchen laut Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) eine Pflegeerlaubnis. Diese ist erforderlich, wenn Kinder außerhalb der Wohnung der Eltern mehr als 15 Stunden wöchentlich, insgesamt länger als drei Monate und gegen Entgelt betreut werden. Außerdem prüft das Jugendamt durch Hausbesuche und Gespräche, ob eine Person für den Beruf als Tagesmutter geeignet ist. Dazu müssen angehende Tagesmmütter zum Beispiel ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und einen Erste Hilfe-Kurs bei Säuglingen und Kleinkindern absolvieren. Ein Grundqualifizierungskurs zur Kindertagespflege (mindestens 160 Stunden) ist in den meisten Bezirken ebenso Pflicht, so das BMFSFJ. (lke)