Kirchheim hat hohe Ausgaben für Bauvorhaben vor sich. Die Kommunalaufsicht des Landkreises befürchtet, dass die Schulden die Gemeinde überfordern und hat noch für November ein belastbares Haushaltskonsolidierungskonzept gefordert. Die nun beschlossene Absenkung des Hebesatzes für die Grundsteuer um 50 Punkte auf 300 Prozent kommt daher überrascht. Den Antrag hierfür stellte Gemeinderat Thomas Haaf (CSU-Freie-Bürger-Fraktion). Er begründete dies mit der Grundsteuerreform, der seiner Ansicht derzeit noch immer unklaren Datenbasis sowie der den Gemeinden aufgegebenen Aufkommensneutralität. Hierfür wäre jedoch eine Absenkung auf 200 Prozent nötig.
Der Entscheidung ging eine ausgiebige Diskussion voraus. Das Ergebnis fiel mit acht zu sechs Stimmen für eine Absenkung knapp aus. Auffallend war, dass es in jeder der drei Fraktionen Befürworter und Gegenstimmen gab. Eine von Haaf vorgeschlagene Vertagung war rasch vom Tisch. Infolge der Grundsteuerreform ist Kirchheim wie auch alle anderen Gemeinden in der Bundesrepublik dazu aufgefordert, die Hebesätze neu festzulegen. Die Gemeinde würde sonst schon ab Januar ohne geltender Satzung dastehen. "Wir sitzen auf heißen Kohlen", stellte Kämmerer Andreas Schäffner fest. Nach dem Beschluss müssten die Bescheide noch ausgefertigt und gedruckt werden.
Haaf fehlen klare Zahlen. Er fühle sich unwohl mit der nun von der Gemeindeverwaltung angefertigten Vorlage. "Es liegen noch nicht alle Messbescheide vor und wir sollen entscheiden, das finde ich ein bisschen komisch", sagte er. Druck bei der Terminvergabe für die Druckerei dürfe doch nicht entscheidend sein. Er wie auch andere Räte verwiesen darauf, dass eine Anhebung auch später noch möglich sei. Laut Andreas Schäffner sind 90 Prozent der Messbescheide für die Grundstücke, der Grundlage für die Steuer, da. Für 144 Objekte fehlt er noch. Er rechnet mit Einsprüchen und Klagen. Auch gebe es viele fehlerhafte Bescheide.
Sichtlich unwohl mit der Entscheidung wirkte dennoch Bürgermeister Christian Stück (Grüne). Er hatte zuvor vergeblich für eine Anhebung der Steuer geworben. "Wir haben jetzt eine geringere Belastung, dafür könnte es nächstes Jahr richtig schmerzen", sagte er. Die Mehreinnahmen sei allein schon mit Mehrausgaben von 100.000 Euro für die Kreisumlage abgedeckt. Die Kämmerin des Landkreises hat jedoch bereits angekündigt, sie nochmals kräftig auf 50 Prozent anheben zu wollen. Zuletzt belief sich die Grundsteuer auf 245.000 Euro, die reformierte Grundsteuer käme bei gleichem Satz auf 150.000 Euro mehr. Geld, das die Gemeinde demnach noch brauchen könnte.
Eine erneute Anpassung der Grundsteuer ist erst wieder in einem Jahr möglich. Jürgen Renner (SPD/Bürgerliste) zeigte am Beispiel des Verbraucherpreisindexes, der sich seit 2003 verdreifacht hat, dass eine Anhebung der seit damals unveränderten Steuer ohnehin überfällig ist. "Wir haben20 Jahre von der Substanz gelebt", folgerte er. Er hält den Spielraum der Gemeinde für gering, eine Anhebung um 50 Prozentpunkte daher für gerechtfertigt. Ähnlich argumentierten Erich Felix und zweiter Bürgermeister Edwin Engert: "Wir bauen Kindergärten und Schwimmbad, irgendwann müssen wir das Geld auch wieder reinholen."
Für die Bürger ergibt sich ein gemischtes Bild. "Es gibt erhebliche Unterschiede", fasste der Bürgermeister zusammen. Es gebe Fälle, die erheblich mehr zahlen, eine breite Mitte mit einer Steigerung im Hunderter Bereich, und einige, die spürbar entlastet werden. Ausschlaggebend für die reformierte Grundsteuer ist in Bayern die Fläche des Grundstücks und die Größe der Bebauung. Kirchheim und Gaubüttelbrunn weisen eine gemischte Struktur aus Altorten, Baugebieten unterschiedlichen Datums und ehemals landwirtschaftlich genutzten Höfen auf.