Böses Erwachen im Kirchheimer Gemeinderat. Die Zahlen, die Kämmerer Andreas Schäffner nun für den Haushalt 2024 vorstellte, haben es in sich: Nach jetzigem Stand rechnet er mit über fünf Millionen Euro neuen Schulden. Die dafür nötigen Zinszahlungen könne die Gemeinde jedoch schon ab 2026 nicht mehr aufbringen.
Schon im laufenden Jahr sei es nicht möglich, die gesetzlich vorgeschriebene Mindestzuführung vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt herzustellen. Erstmals öffentlich bekannt wurde, dass die Kommunalaufsicht schon im Juli 2023 den damals aufgenommenen ersten Kredit in Höhe von 1,5 Millionen Euro an ein Konsolidierungskonzept gebunden hatte.
Sanierung des Kindergartens wird zum Großprojekt
Bürgermeister Christian Stück, erst seit Februar im Amt, bestätigte, dass sich die Gemeinde in einer schwierigen Situation befindet: "So wie der Haushalt jetzt ist, geht der nicht auf". Und: "So arg viel ändern, können wir daran jetzt nicht mehr". Es gehe daher laut ihm nun darum, "die Projekte, die wir am Laufen haben, möglichst gut rumzubringen". In erster Linie betrifft dies die Millionenprojekte der Erweiterung des Kindergartens Kirchheim und des Neubaus des Freibads. Immerhin: Die Sanierung des Kindergartens in Gaubüttelbrunn, die sich – ungeplant – zum 800.000 Euro Großprojekt ausgewachsen hat, ist ebenso wie die Renaturierung des Moosbachs weitgehend beendet. Das vom Kämmerer errechnete erneute Rekordvolumen des Haushalts von 21 Millionen Euro geht in erster Linie auf die vielen Bauprojekte zurück.
Gibt die Gemeinde zu viel Geld aus, lebt sie über ihre Verhältnisse? Die Kindergärten und die Schule sind Pflichtaufgaben, das Freibad ein Wunschprojekt vieler. "Wir schaffen tolle Werte für die Gemeinde", verteidigte der Bürgermeister die Ausgaben. Mit den Worten, sie sei "sehr besorgt", eröffnete hingegen Antje Boyks (Grüne) die Aussprache im Rat. Bei neuen Projekten habe es stets geheißen, dass sich Kirchheim dies leisten könne.
Dem Eindruck, dass die schwierige Finanzlage eine Folge des Wahlkampfs des früheren Bürgermeisters und heutigen CSU-Landtagsabgeordneten Björn Jungbauer war, hielt CSU-Sprecherin Silke Hümpfner entgegen, dass alle Projekte nötig und mit breiten Mehrheiten beschlossen worden seien: "Dass wir in Zukunft auf Sicht fahren müssen, war uns allen, glaube ich, klar".
Angespannte Finanzlage kommt nicht unerwartet
Die Nerven einiger scheinen dennoch blank zu liegen. Deutlich wurde dies, als CSU-Ortsvereinsvorsitzender Thomas Haaf inmitten der Aussprache unvermittelt mit lautem Rücken des Stuhls aus dem Sitzungssaal verschwand, um nach geraumer Zeit wieder aufzutauchen und die beiden Außentüren weit aufzustoßen. Frische Luft für neue Ideen? Zuvor hatte SPD-Rat Robert Dürr die bedrückende Situation in den beiden gemeindlichen Mietshäusern geschildert, die als Notunterkunft für kinderreiche Familien dienen. Dort werde noch immer ohne Zentralheizung geheizt, das benötigte Heizöl per Kännchen aus dem Keller in die Wohnung getragen. Er rief dazu auf, konsequent zu sparen.
Unerwartet kommt die angespannte Finanzlage nicht: Schon 2023 und auch davor hatte der Kämmerer eindringlich vor den hohen Schulden und Zinsen gewarnt. Kommt es zur geplanten Aufnahme von fünf Millionen Euro, so liegt Kirchheim rechnerisch bei 3000 Euro pro Kopf, einem Spitzenwert in Bayern. Die jährliche Zinslast von 300.000 bis 400.000 Euro übersteige "die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinde erheblich".
So soll es nun weitergehen: Bürgermeister Stück kündigte an, "auf Sicht zu fahren". Für eine erste Ernüchterung sorgten jedoch die Kindergärten. Darüber hinaus sollen alle Projekte ohne bindenden Beschluss überprüft werden, auch so wichtige Vorhaben wie die Tagespflege oder das Wärmenetz für Schule und Rathaus. Eine erste Abschlagszahlung der Fördergelder durch den Freistaat beschränkt sich auf jeweils nur 100.000 Euro.
