Klimaneutrales Wohnen ist ein Schlagwort, das derzeit in aller Munde ist. Doch was bedeutet das? Ist klimaneutrales Wohnen überhaupt schon möglich? Wie kann ich am besten Strom einsparen? Welche Heizung hat am wenigsten Emissionen? Wie ist die Energieeffizienz meiner Haushaltsgeräte? Wie kann ich möglichst umweltfreundlich leben? Über all diese Fragen haben wir mit Hans-Peter Ebert gesprochen. Er ist Bereichsleiter am Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE) in Würzburg. Zusätzliche Informationen lieferte das Umweltbundesamt mit der Broschüre "Klimaneutral leben".
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Was versteht man unter dem Begriff klimaneutral Wohnen?
Hans-Peter Ebert: Unter klimaneutral Wohnen versteht man, dass durch den Energieverbrauch im Gebäudebereich möglichst wenig oder besser gar keine Kohlendioxid- oder Treibhausgas-Emissionen entstehen. Das heißt, dass die Energie für Heizung, Warmwasser, Fahrstuhl-Betrieb oder der Strom für Licht, Wasch- und Spülmaschine oder zum Musikhören aus Quellen stammt, die das Klima schonen. Dieses Ziel ist umso einfacher zu erreichen, je weniger Energie überhaupt benötigt wird. Klimaneutral zu wohnen bedeutet jedoch nicht, dass die Wohnung, in der man lebt, klimaneutral gebaut sein muss, denn darauf hat man als Mieter keinen Einfluss.

Ist klimaneutrales Wohnen heute schon möglich?
Hans-Peter Ebert: Die meisten Emissionen entstehen durch das Heizen der Gebäude im Winter oder das Kühlen im Sommer. Um den Energiebedarf zu reduzieren, benötigt das Haus eine gute thermische Hülle. Eine gute Dämmung hilft auch passiv, nämlich um die Raumtemperatur zu halten, egal ob im Sommer oder im Winter. Wichtig ist auch eine sehr gute Verglasung der Fenster. Es gibt heute schon Gebäude, die von der Emission her nahezu bei null sind, das sind sogenannte Nullenergiehäuser.
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Wie heizt man klimafreundlich?
Hans-Peter Ebert: Im Vergleich der Brennstoffe schneiden fossile Energieträger wie Steinkohle, Heizöl und Gas besonders schlecht ab. Wenn der Heizkessel älter als 30 Jahre ist, sollte er gewechselt werden. Für einen Heizungsaustausch gibt es derzeit noch eine maximale Förderung. Sehr gut wird der Brennstoff Holz (Holz-Pellets, Hackschnitzel und Stückholz) bewertet. Bei Holz geht man davon aus, dass die Bäume beim Wachsen genauso viel CO2 binden, wie sie beim Verbrennen wieder freisetzen. Und: Es gibt bereits Anlagen, die Wärme und Strom liefern. Direkte Stromheizungen wandeln die elektrische Energie fast vollständig in Wärme um. Allerdings hängt ihre Klimafreundlichkeit davon ab, wie der Strom erzeugt wird. Stromanteile aus Braunkohlekraftwerken wirken sich auf Treibhausgasbilanz sehr negativ aus – Strom aus erneuerbaren Quellen ermöglicht ein klimaneutrales Heizen.

Nachtspeicheröfen galten früher als wahre Geldverbrenner. Hat sich das geändert?
Hans-Peter Ebert: Nein, leider nicht – zumal sie meist in schlecht gedämmten Altbauten stehen. Allerdings könnten fortschrittlichere Systeme mit einer intelligenten Steuerung zukünftig ein nützlicher Faktor bei der Stabilisierung unser Stromnetze sein. Man könnte schwankenden Anteile von Solar- und Windstrom auszugleichen, das heißt bei Überschuss den Speicher aufheizen und die Wärme bei Bedarf abgeben. Effizienter als Stromheizungen sind sogenannte Wärmepumpen. Diese sind in der Lage, ein Mehrfaches der aufgenommenen elektrischen Energie in Wärme umzuwandeln. Da diese effizient in einem niedrigeren Temperaturbereich arbeiten, sind sie besonders für Flächenheizungen, zum Beispiel Fußbodenheizungen in gut gedämmten Neubauten geeignet.
Wie kann ich im Haus Energie sparen?
Hans-Peter Ebert: Das ZAE forscht zum Beispiel an Tageslichtkonzepten, denn der intelligente Ersatz von Kunstlicht durch Tageslicht spart Strom. Tageslicht ist kein Baustoff, sondern eine Ressource, die uns täglich angeboten wird und kostenlos zur Verfügung steht. Bei Neubauten sollte mit möglichst viel Tageslicht gearbeitet werden. Man muss darauf achten, dass im Sommer durch Verschattungsmaßnahmen keine Überhitzung der Innenräume auftritt.
Welche Lampen sind zu empfehlen?
Hans-Peter Ebert: Glühbirnen nutzen nur fünf Prozent der aufgenommenen Energie für die Lichterzeugung, 95 Prozent verpuffen in ungenutzter Wärme. Eine energiesparende Alternative sind LED-Lichtquellen, die zehnmal weniger Strom als Glühlampen verbrauchen und ein vergleichbar warmes Licht ausstrahlen. Mit ihrer hohen Lebensdauer von 20 000 Stunden halten LEDs bei einer durchschnittlichen Leuchtdauer von drei Stunden pro Tag über 20 Jahre. Eine normale Glühlampe hält nur ein Jahr.

Wie wichtig sind Fenster in Sachen Wärmeverbrauch?
Hans-Peter Ebert: Die klassische Einfachverglasung hat bei Fenstern schon lange ausgedient. Das System ist zu ineffizient im Hinblick auf den Wärmeverlust. Moderne Scheibensysteme nutzen heute mindestens eine Zweischeiben-Isolierverglasung, wenn nicht sogar ein Dreischeiben-System. Dabei sinkt allein schon bei zwei Scheiben der Wärmeverlust um 60 Prozent. Bei drei Scheiben sind es sogar 85 Prozent. Wichtig bei der Wahl des Fensters ist der sogenannte U-Wert. Dieser setzt sich aus dem U-Wert der Verglasung und des Rahmens zusammen und gibt an, wie viel Wärme das Fenster maximal noch nach außen lässt. Es gilt: je niedriger der Wert umso besser.
Können auch undichte Türen ein Problem sein?
Hans-Peter Ebert: Undichte Türen sind oft ein Problemfaktor, der zu größeren Wärmeverlusten führen kann. Dies unterschätzen Hausbesitzer oft, da die Tür ja eigentlich im geschlossenen Zustand nur wenig Wärme herauslassen sollte. Das ist jedoch oft nicht der Fall. Neben undichten Ritzen kann auch das Material dazu beitragen, dass im Haus Wärme verloren geht. Gut wärmegedämmte Türen, die es in jeder Außenoptik wie Metall, Holz oder Kunststoff, mit und ohne Verglasung gibt, weisen ein gutes Dichtungssystem und dadurch eine hervorragende Luftdichtigkeit auf, haben im Kern eine Wärmedämmung, verwenden bei Bedarf Dreifachverglasungen.
Was ist bei Haushaltsgeräten zu beachten?
Hans-Peter Ebert: Kühl- und Gefriergeräte werden schon seit Anfang der 1990er Jahre mit Etiketten gekennzeichnet, auf denen der Energieverbrauch zu lesen ist. Hier kann man beim Neukauf richtig Geld sparen. Diese Geräte sind im Dauereinsatz, sie laufen rund um die Uhr und verbrauchen bis zu einem Fünftel des Stroms in einem Haushalt. Sie sollten nie neben Wärmequellen stehen, da sie sonst an Effizienz verlieren. Im Idealfall steht die Gefriertruhe im ungeheizten Keller. Während eines Urlaubs sollte man den Kühlschrank auf die kleinste Stufe stellen. Auch ein regelmäßiges Abtauen des Gefrierfaches hilft Energie einzusparen.
Welchen Vorteil haben begrünte Fassaden sogenannte Livingwalls für das Klima?
Hans-Peter Ebert: Die Pflanzen binden CO2, produzieren Sauerstoff, filtern Abgase und fangen Feinstaubpartikel ein. Sie befeuchten und kühlen die Luft. Sie bieten wichtige Lebensräume für Tiere. Noch dazu isolieren begrünte Fassaden das Haus, vor allem im Sommer. Die Fassade heizt sich durch die natürliche Beschattung und die Kühleffekte weniger stark auf, wodurch es in den Innenräumen kühler bleibt. Ein weiterer Vorteil: Grüne Fassaden sehen schöner aus. Allerdings sind wandgebundene Systeme mit vertikaler oder horizontaler Bepflanzung noch relativ teuer.

10 Tipps wie Sie beim Heizen Energie sparen können 1. Heizungsanlagen regelmäßig prüfen lassen: Am besten zu Beginn jeder Heizungsperiode sollte die Heizungsanlage durch Fachpersonal gewartet werden. Zu überprüfen ist hier zum Beispiel der Wasserdruck, die Nachtabsenkung und die Vorlauftemperatur. Auch der hydraulische Abgleich ist wichtig, so dass die Heizkörper optimal mit Wärme versorgt werden. 2. Jedes Grad zählt: Die Raumtemperatur sollte im Wohnbereich nicht mehr als 20 Grad betragen. Jedes Grad weniger spart Heizenergie. 3. Thermostatventile bremsen automatisch: Sie halten die Temperatur in den einzelnen Räumen konstant auf dem gewünschten Wert. Je genauer ein Thermostatventil die Raumtemperatur einhalten kann, desto geringer ist der Energieverbrauch. 4. Räume nur nach Bedarf heizen: Senken Sie die Raumtemperatur nachts oder tagsüber, wenn Sie einige Stunden lang nicht da sind um einige Grad auf etwa 18 Grad ab. 5. Richtig Lüften: Regelmäßiges Stoßlüften ist in der Heizsaison unerlässlich, um die Feuchtigkeit in den Wohnräumen zu verringern und eine gute Luftqualität zu gewährleisten. Dauerlüften mit gekippten Fenstern ist Energieverschwendung. 6. "Heimliches" Dauerlüften vermeiden: Durch undichte Fenster gelangt viel kalte Außenluft in den Raum. Sie aufzuwärmen kostet Energie. Verschließen Sie Fugen und Ritzen mit Dichtungsprofilen. 7. Nachts Rollläden und Fensterläden schließen. Bei tiefen Außentemperaturen treten die höchsten Wärmeverluste über Glas und Rahmen auf. 8. Wärmestau an Heizkörpern vermeiden. Heizkörperverkleidungen und Einrichtungsgegenstände vor den Heizkörpern verhindern eine effektive Wärmeabgabe in den Raum und Erhöhen die Heizungskosten. 9. Wärmebrücke Heizkörpernischen. In Heizkörpernischen sind die Hauswände besonders dünn, deshalb kann dort mehr Wärme nach außen entweichen. Eine nachträgliche Wärmedämmung schafft hier Abhilfe. 10. Elektrische Zusatzheizungen nur im Notfall verwenden. Ein Dauerbetrieb von Heizlüftern und Radiatoren ist reine Energie- und Geldverschwendung. Solche Geräte sollten nur im Notfall eingesetzt werden. (Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie)