Während die Atomkraft von der EU als nachhaltige und klimafreudliche Technologie wieder hoffähig gemacht werden soll, blieb der Müllverbrennung dieser Status bislang verwehrt, obwohl moderne Anlagen wie das Würzburger Müllheizkraftwerk (MHKW) gleichzeitig Strom und Wärme produzieren und so fossile Brennstoffe ersetzen. Das Thema beschäftigte auch den Betreiber des MHKW, den Zweckverband Abfallwirtschaft Raum Würzburg, in seiner jüngsten Verbandsversammlung.
Die sogenannte EU-Taxonomie betrifft zwar vorrangig private Investitionen, löst aber die Befürchtung aus, dass sich auch die Finanzierungsbedingungen für künftige Modernisierungen am MHKW verschlechtern könnten. Vor allem für die Ofenlinie zwei und drei des Würzburger MHKW wäre dies eine schwere Hypothek, so Geschäftsleiter Alexander Kutscher.
2020 war die älteste der drei Ofenlinien am Faulenberg erneuert worden. Die Kosten: rund 32 Millionen Euro. Auch die Ofenlinien zwei und drei müssen in den kommenden Jahren erneuert werden. "Meine Befürchtung ist, dass die Müllverbrennung als klimaschädlich abgestempelt wird und langfristige Investitionsentscheidungen so erschwert werden", sagt Alexander Kutscher.
"Es ist Fakt, dass die fortschrittlichsten nationalen Modelle der Abfallwirtschaft das Recycling mit einem angemessenen Maß an Verbrennung kombinieren."
Alexander Kutscher, Zweckverband Abfallwirtschaft
Dabei kämpft die Thermische Abfallbehandlung auf EU-Ebene gegen den Vorbehalt, eine Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft zu erschweren, weil Verbrennungskapazitäten über einen langen Investitionszeitraum ausgelastet werden sollen. Einen "Scheinkonflikt" nennt Alexander Kutscher diese Diskussion. Recycling funktioniere nur, wenn es für die nicht mehr wiederverwertbaren Anteile eine sichere Beseitigungsoption gibt.
"Es ist Fakt, dass die fortschrittlichsten nationalen Modelle der Abfallwirtschaft das Recycling mit einem angemessenen Maß an Verbrennung kombinieren", so Kutscher. Außerdem werden durch die Verbrennung Schadstoffe zurückgehalten und der Umwelt dauerhaft entzogen.
Klärschlammverbrennung bleibt eine offene Frage
Eine weitere Facette der Kreislaufwirtschaft, die den Würzburger MHKW-Zweckverband seit Jahren beschäftigt, ist die Verbrennung von Klärschlamm und die Rückgewinnung des darin enthaltenen Phosphats. Phosphat ist unter anderem für die Landwirtschaft ein unverzichtbarer Rohstoff, der bis heute fast ausschließlich aus schwindenden natürlichen Vorkommen gewonnen wird. Spätestens bis 2032 müssen Kläranlagen in der Lage sein, ihren Klärschlamm einer Phosphorrückgewinnung zuzuführen. Als technisch wirkungsvollster Weg gilt die gesonderte Verbrennung des Schlamms, bei der das Phosphat in hoher Konzentration in der Asche zurückbleibt.
Vor Jahren schon hatte der Zweckverband unter den Kommunen seines Einzugsgebiets eine Erhebung gestartet. Die Mehrzahl der Kommunen war damals an einer zentralen Klärschlammverbrennung interessiert. Am Würzburger MHKW müsste dafür eine eigene Verbrennungslinie installiert werden.

Eine Alternative dazu könnte das Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt (GKS) sein, wo künftig ein Kessel statt mit Braunkohle mit getrocknetem Klärschlamm befeuert werden soll. Gleichzeitig hat das Klärwerk Würzburg, die größte Kläranlage im Verbandsgebiet, eine Studie in Auftrag gegeben, die verschiedene Wege der Klärschlammverwertung gegenüberstellt.
Welche der Optionen zum Tragen kommt, ist bisher noch ungewiss. "Wir sind vorbereitet, brauchen aber einen entsprechenden Anstoß der politischen Seite, um planen zu können", sagt MHKW-Geschäftsleiter Alexander Kutscher. Dabei drängt aus seiner Sicht die Zeit. "Die Genehmigung einer solchen Anlage kann locker fünf Jahre in Anspruch nehmen", so Kutscher.
Klärwerk Winterhausen investiert in Trocknungsanlage
An der Kläranlage des Abwasserzweckverbands Ochsenfurt (AVO) in Winterhausen, der größten im Landkreis Würzburg, will man so lange nicht warten. Bereits in diesem Jahr will der AVO in eine Trocknungsanlage investieren, die den Klärschlamm bis auf eine Restfeuchte von zehn Prozent trocknet und pelletiert, sodass er anschließend im MHKW verbrannt werden kann – allerdings bis auf Weiteres ohne Phosphorrückgewinnung. Einer entsprechenden Vereinbarung stimmte die MHKW-Verbandsversammlung in ihrer jüngsten Sitzung zu.

Die Energie zur Klärschlammtrocknung stammt aus der Abwärme eine Blockheizkraftwerks, das mit Biogas aus dem Klärprozess betrieben wird, erläutert AVO-Werkleiter Martin Michel. Mit diesem BHKW produziert das Klärwerk im Jahresmittel mehr Energie als es selbst verbraucht. Die Trocknung sei klimafreundlich, weil weniger Methan an die Atmosphäre abgegeben wird als bei der bisherigen Solartrocknung, so Michel. Außerdem soll sich die neue Anlage mit einem Investitionsvolumen von rund einer Million Euro durch gesparte Entsorgungskosten bereits innerhalb weniger Jahre amortisieren.
Wechsel an der Spitze des Zweckverbands
Ebenfalls Thema der jüngsten Verbandsversammlung war ein Wechsel an der Spitze des Zweckverbands Abfallwirtschaft. Nach zwei Jahren gab die Kitzinger Landrätin Tamara Bischof den Vorsitz turnusgemäß an den Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchardt ab und ist künftig gemeinsam mit dem Würzburger Landrat Thomas Eberth Stellvertreterin.
Zweckverband Abfallwirtschaft Raum WürzburgDem Zweckverband Abfallwirtschaft (ZVAWS) gehören die Stadt Würzburg sowie die Landkreise Würzburg und Kitzingen an. Im Müllheizkraftwerk Würzburg wird Hausmüll aus dem Verbandsgebiet sowie mehreren mittelfränkischen Landkreisen und dem schwäbischen Ostalbkreis verbrannt. Aus Heizenergie aus rund 215 000 Tonnen verbranntem Müll werden jährlich rund 90 Millionen Kilowattstunden Strom und 60 Millionen Kilowattstunden Wärme gewonnen und in öffentliche Netze eingespeist. Das MHKW deckt rund ein Fünftel des Wärmebedarfs der Würzburger Nahrwärmeversorgung. Der gewonnene Strom entspricht ungefähr dem Jahresverbrauch der Stadt Kitzingen.Quelle: ZVAWS