Rund vier Monate nach Veröffentlichung der Missbrauchsstudie der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK)haben Staatsanwaltschaften in Bayern erste Ermittlungen gegen beschuldigte Kirchenleute eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft Würzburg prüft nach Angaben eines Sprechers derzeit 15 "konkrete, etwaig strafbare" Vorgänge. Die Staatsanwaltschaft Regensburg führt Vorermittlungen in weniger als zehn Fällen.
Weitere Verfahren seien angekündigt, sagte der Sprecher der Würzburger Staatsanwaltschaft. Die Studie hatte nach Angaben eines Sprechers der Diözese 62 Beschuldigte aus dem Würzburger Bistum aufgelistet.
Zeiler Pfarrer nimmt in Gottesdienst Stellung
Unter den Fällen, die geprüft werden, ist nach Informationen dieser Redaktion auch der Fall eines im Ruhestand befindlichen Pfarrers, der in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre einen Jugendlichen sexuell missbraucht haben soll. Im Zuge der Berichterstattung über die Missbrauchsstudie hatte sich das damalige Opfer an Thomas Förster gewandt, den Missbrauchsbeauftragten der Diözese Würzburg. Nach Prüfung hat die Diözese Mitte Januar Strafanzeige gegen den Ruhestandspfarrer eingereicht und ihm die Ausübung jeglicher priesterlicher Dienste untersagt.
Abgespielt haben soll sich die Tat vor rund 40 Jahren in Zeil am Main (Lkr. Haßberge). Um Gerüchten und Spekulationen in der Stadt ein Ende zu setzen, hat Pfarrer Michael Erhart in den Gottesdiensten am Sonntag die Ermittlungen gegen einen früheren Zeiler Pfarrer wegen sexuellen Missbrauchs bestätigt. Er bat darum, die unabhängigen Ermittlungen abzuwarten und bot den Gläubigen seiner Gemeinde am 12. Februar ein offenes Gespräch mit dem Seelsorgeteam an.
Alle Bistümer haben die relevanten Personalakten weitergegeben
Laut dpa-Umfrage haben inzwischen alle bayerischen Bistümer die Personalakten, die der Studie zugrunde lagen, an die Behörden weitergegeben, damit mutmaßliche Täter strafrechtlich verfolgt werden können.
Im Bistum Regensburg wurden laut Studie 81 Priester und von der Diözese beauftragte Ordensmänner beschuldigt, sich an Kindern und Jugendlichen vergangen zu haben.
Für das Bistum Augsburg waren das Unterlagen über 85 Beschuldigte und 165 Betroffene. Mindestens 38 Beschuldigte seien aber schon tot, sagte der Sprecher der Münchner Generalstaatsanwaltschaft, Klaus Ruhland, auf Anfrage. 13 weitere konnten "aufgrund der Schilderungen der Opfer nicht namentlich ermittelt werden", wie ein Sprecher der Diözese sagte.
Die Diözese Passau hat der Passauer Staatsanwaltschaft nach Angaben eines Sprechers der Justizbehörde Unterlagen zu ihren 28 Fällen aus der Studie und zu einem jüngeren Verdachtsfall zur Verfügung gestellt. In drei weiteren Fällen wurden die Ermittlungen nach Angaben der Diözese eingestellt. Auch die Bistümer Bamberg und Eichstätt haben den zuständigen Staatsanwaltschaften ihre Unterlagen übergeben.
In München werden Ermittlungen gegen 100 Priester geprüft
Die Staatsanwaltschaft München I hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass Ermittlungen gegen rund 100 katholische Priester des Erzbistums München geprüft werden. "Wir werden jetzt schauen, inwieweit bei diesen Personen verfolgbare Straftaten vorliegen", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Hans Kornprobst. Viele der Betreffenden sind allerdings nicht mehr am Leben, in anderen Fällen sind die Vorwürfe verjährt. Und bei 13 Fällen habe es bereits in der Vergangenheit Ermittlungen gegeben, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt. "Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass allenfalls in sehr wenigen Fällen die Einleitung eines Strafverfahrens in Betracht kommt."
Für die Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz waren deutschlandweit mehr als 38 000 Akten aus den Jahren 1946 bis 2014 untersucht worden. Danach wurden mindestens 3677 Minderjährige von 1670 Klerikern missbraucht.