Sie heißen Vio, Fame oder Variant. Sie sind für kleines oder auch ganz großes Geld zu haben, schlüsselfertig oder zum Ausbauen, als Stadtvilla oder Doppelhaus, mit Walm- oder Pultdach: Fertighäuser in Holzständerbauweise gibt es mittlerweile für jeden Geschmack.
Niedrige Zinsen, schwierige Wohnungsmärkte und der Wunsch nach Sicherheit in der eigenen Immobilie lassen die Baubranche boomen. Davon profitieren auch die über 70 Fertighausanbieter in Deutschland. Lag der Anteil der Fertighäuser bei Neubauten in Bayern im Jahr 2006 bei 15,7 Prozent, betrug er nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Fertigbau 2016 bereits 19,9 Prozent.
In Fertighaus-Parks kann man Musterhäuser der verschiedenen Anbieter besichtigen und sich beraten zu lassen. Trifft man dann die Entscheidung für „sein Fertighaus“, können die Planungen beginnen.
Barbara und Stefan Herrmann leben mit ihren beiden kleinen Töchtern seit etwa einem Jahr in einem Fertighaus in Großlangheim (Lkr. Kitzingen). „Weil wir selbst nicht viel handwerklich können, haben wir uns für ein Fertighaus entschieden“, erklärt Barbara Herrmann. „Die ganzen Gewerke zu planen, hätte ich für zu schwierig gehalten, wenn man zu wenig Ahnung vom Hausbau hat.“

Auch Familie Heeg hat sich für einen Fertighausanbieter entschieden. „Für mich war das von Anfang an klar. Ich konnte es mir einfach nicht vorstellen, mit Familie, Arbeit und Kindern über ein Jahr lang noch eine Baustelle zu betreuen“, sagt Kathrin Heeg, die mit Mann René und ihren drei Söhnen im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld baut. „Wir sind zu der Meinung gekommen, dass es qualitativ keinen Unterschied mehr macht, ob Fertig- oder Massivbau.“
„Ausschlaggebend war für uns die Schnelligkeit“, sagt Marcel Rudolph, der mit seiner Frau Franziska gerade das zweite Kind erwartet und schnell von der Mietwohnung ins eigene Häuschen in Elfershausen (Lkr. Bad Kissingen) ziehen will. „In der Familie wurde auch schon ein Fertighaus gebaut und es wurden gute Erfahrungen damit gemacht.“
Aus dem Musterhaus wird das Traumhaus

Ist die Entscheidung für ein Fertighaus gefallen und sind die Verträge unterschrieben, klären die Bauherren im Gespräch mit dem Architekten, wie ihr Haus aussehen soll – und was ihr Budget erlaubt. Dann wird gemeinsam das Traumhaus gestaltet. „Wir haben uns viele Musterhäuser angeschaut und dann gesagt, was wir haben wollen. Der Architekt hat dann nach unseren Wünschen geplant“, erzählt Barbara Herrmann. Auch die Familie Rudolph ist so vorgegangen. „Ich weiß gar nicht mehr, in wie vielen Musterhäusern wir vorab waren“, sagt Marcel Rudolph.
Manchmal müssen die Musterhäuser auch den Grundstücken angepasst werden – wie bei Familie Heeg in Würzburg. „Wir haben ein individuelles Haus, weil unser Grundstück etwas knifflig ist“, erklärt Kathrin Heeg. Sie mussten dafür in enger Absprache mit dem Architekten und der Stadt planen.
Die Qual der Wahl bei der Bemusterung

Bevor die Hausmontage beginnt, müssen die Bauherren viele Entscheidungen treffen. Welcher Lichtschalter soll es werden? Wo sollen überall Steckdosen gesetzt werden? Und welche Farbe sollen die Dachziegel haben? Um das zu klären, fahren die Hausherren in der Regel zwei Tage zur Fertighausfirma und suchen sich bei der Bemusterung mit ihrem Berater die Ausstattung aus.
„Unsere Bemusterung war total entspannt, aber wir hatten uns schon viele Gedanken gemacht und waren uns einig“, erzählt Barbara Herrmann. Nur mit der Farbe des Hauses ist sie unzufrieden: „Die Muster waren auf kleinen Plättchen, jetzt am Haus ist mir das Gelb zu zitronig.“ Es sei schwierig, große Entscheidungen nur anhand kleiner Muster zu treffen.

„Wir hatten nicht das Gefühl, dass wir mit dem Berater ein super Team waren, das hat es anstrengend gemacht“, erzählt Kathrin Heeg. Und noch eines hat sie gestört: „Bei manchen Sachen hat man eine riesige Auswahl, bei manchen gar keine Varianten.“ Überrascht war die Familie, wie oft bei ihrer Wahl ein Aufpreis fällig wurde. „Wir haben erst einmal zu allem Ja gesagt und als es dann plötzlich 40 000 Euro mehr waren, haben wir wieder einiges herausgenommen“, so Kathrin Heeg. Auch sie empfiehlt, genau auf die Bemusterung vorbereitet zu sein.
„Anfangs wollten wir das Haus schlüsselfertig, aber wir haben festgestellt, dass natürlich auch bei vielen Posten hingelangt wird“, sagt Marcel Rudolph. Sie haben nun Leistungen wie Bodenplatte, Sanitär, Heizung, Elektrik, den Verputz der Innenwände sowie Fußböden aus ihrem Angebot herausgenommen und kümmern sich in Eigenregie darum. In den Produktionshallen der Fertighaus-Anbieter entstehen die Hausteile. Wände mit Fenstern und Türen und ganze Treppen werden dort gefertigt und müssen vor Ort beim Stelltermin nur noch montiert werden.
Wenn Familie Rudolph im Dezember die Wände in Elfershausen (Lkr. Bad Kissingen) anrollen sieht, wird die Familie schon zu viert sein. „Eigentlich war der Einzug für Weihnachten 2017 geplant, aber es hat sich mit Bankterminen, Baugenehmigung und Bemusterung einiges verschoben“, sagt Marcel Rudolph. Sie planen ihren Einzug für Februar 2018. „Wir freuen uns sehr darauf“, sagt er. „Endlich etwas Eigenes haben, für das ich selbst verantwortlich bin.“

Familie Heeg muss sich zwar nur noch bis Mitte September gedulden, doch auch sie wartet sehnsüchtig darauf, dass ihr Haus in Heidingsfeld angeliefert wird. „Im Januar wollen wir dann einziehen“, sagt Kathrin Heeg.
„Es war faszinierend anzuschauen, wie in zwei Tagen ein Haus aufgebaut wird“, erzählt Barbara Herrmann. „Die Handwerker waren ein eingespieltes Team und die Teile genau so vorgefertigt, dass alles genau ineinander gepasst hat. Wie Lego in Groß, nur viel komplizierter. Plötzlich stand unser Haus und wir konnten an einem sonnigen Wintertag im Garten mit Blick darauf Kaffee trinken.“
Nach drei Monaten ist (fast) alles fertig
Ausbaufähig oder schlüsselfertig? Je nachdem, wie sich die Bauherren entschieden haben, sorgt die Fertighausfirma auch für den Innenausbau. Dieser dauert nach Angaben der Firmen etwa zwölf Wochen. „Von der Vertragsunterzeichnung bis zur Hausmontage waren es nur knapp sieben Monate, nach einem guten Jahr waren wir schon eingezogen“, sagt Barbara Herrmann. „Im Großen und Ganzen sind wir total zufrieden.“ Familie Herrmann hat am Schluss noch einmal selbst Hand angelegt: „Wir haben noch Böden verlegen und die Wände verputzen müssen.“
Auch wenn Familie Heeg noch nicht in ihrem Eigenheim wohnt, zweifeln sie nicht an ihrer Entscheidung. „Ich hätte aber nie gedacht, wie viel Arbeit so ein Fertighaus macht“, so Kathrin Heeg. „Es ist einfach viel drumherum, was man alles selbst machen muss. Ich will gar nicht wissen, wie viel Arbeit ein Massivhaus macht.“
Eines hat Familie Herrmann unterschätzt: Der Fertighausbau hört mit dem Haus auf, die Arbeit geht weiter, so Barbara Herrmann: „Ich habe das Pensum außen vom Arbeitsaufwand unterschätzt. Pflaster, Terrasse, Garten – das sieht immer noch nicht so aus, wie ich das gerne hätte. Das dauert schon noch.“