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WÜRZBURG: Pro familia: "Geld reicht oft nicht mal für Gebrauchtes"

WÜRZBURG

Pro familia: "Geld reicht oft nicht mal für Gebrauchtes"

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    Das Team, das zu allen Fragen rund um Partnerschaft, Schwangerschaft und Sexualität berät: (von links) Hans-Peter Breuner, Beate Schlett-Mewis und Barbara Biemer von Pro familia in Würzburg, Martina Schneider von Pro familia in Schweinfurt und Maria Bakonyi von Pro familia in Aschaffenburg.
    Das Team, das zu allen Fragen rund um Partnerschaft, Schwangerschaft und Sexualität berät: (von links) Hans-Peter Breuner, Beate Schlett-Mewis und Barbara Biemer von Pro familia in Würzburg, Martina Schneider von Pro familia in Schweinfurt und Maria Bakonyi von Pro familia in Aschaffenburg. Foto: Foto: Pat Christ

    Der Beschluss sorgte für Unverständnis und Empörung: Seit August 2017 dürfen Mitarbeiterinnen von Schwangerschaftsberatungsstellen nicht mehr in Grundschulen gehen, um Kinder aufzuklären. Daran hat sich nichts geändert, doch die Fachberatungsstelle bei sexueller Misshandlung von Pro familia in Würzburg hat seit Frühjahr doch wieder „einen Fuß in der Tür“: Zusammen mit einer Honorarkraft können die Mitarbeiter wieder Sexualpädagogik und Prävention an Grundschulen anbieten.

    Keine Fachberatungsstelle? Keine Beratung an Grundschulen erlaubt.

    Dies betrifft allerdings nur Grundschulen in der Stadt und im Landkreis Würzburg. Den Mitarbeiterinnen der Pro familia-Einrichtungen in Aschaffenburg und Schweinfurt, die keine Fachberatungsstelle bei sexueller Misshandlung haben, sind die Hände gebunden. Sie dürften nach wie vor in weiterführende Schulen gehen, nicht aber zu Grundschülern. Die Entscheidung des Kultusministeriums bleibe „fatal und selbst für Lehrkräfte nicht nachvollziehbar“, sagt Maria Bakonyi von Pro familia in Aschaffenburg. Der Bedarf nach Sexualpädagogik und Prävention sei im Internet-Zeitalter größer denn je. Können doch schon Achtjährige im weltweiten Netz mit Pornografie in Berührung kommen.

    Kritikpunkt: Kommunen entscheiden über Zuschuss für Babyerstausstattung

    Die „Richtlinien für die Familien- und Sexualerziehung“ des Kultusministeriums sind nicht das einzige, was Pro familia in Unterfranken aktuell kritisiert. Nicht einverstanden ist das Team auch damit, dass jede Kommune selbst entscheiden kann, wie viel Geld bedürftige Frauen vom Jobcenter für die Babyerstausstattung erhalten – angefangen von Umstandskleidung bis hin zu Kinderwagen und Laufstall. Etliche Geringverdienerinnen, Frauen im Hartz IV-Bezug sowie Studentinnen, die von BaföG leben, sind laut Pro familia darauf angewiesen. Wie hoch die Zuschüsse des Jobcenter sind, ist nicht gesetzlich festgelegt. Dies liegt im Ermessen der Kommunen.

    Von dem Betrag für Babyerstausstattung könne nirgendwo in Unterfranken alles Notwendige beschafft werden, so Beate Schlett-Mewis, Leiterin der Schwangerschaftsberatung von Pro familia in Würzburg. Die Summe reiche oft nicht einmal für Gebrauchtes. In Würzburg sei der Betrag besonders niedrig. Darum müssten die Beraterinnen von Pro familia mehr Anträge bei der Landesstiftung „Hilfe für Mutter und Kind“ stellen. Doch auch dieses Geld reiche nicht, so Schlett-Mewis: „Das Budget, das wir immer für jeweils vier Monate erhalten, ist meist nach zwei Monaten schon ausgeschöpft.“

    1700 Frauen kamen zu den Würzburger Schwangerschaftsberaterinnen

    An die Schwangerschaftsberaterinnen von Pro familia in Würzburg wandten sich im vergangenen Jahr fast 1700 Frauen. Nicht selten wurden die Frauen von ihren Männern begleitet. Die meisten Frauen kamen zur allgemeinen Schwangerschaftsberatung, etwa, um sich über finanzielle Hilfen wie Elterngeld zu informieren.

    Mehr als 500 Mal kontaktierten Schwangere Pro familia, weil sie nicht wussten, ob sie ihr Kind austragen sollen. Oft war die aktuelle Beziehung ein Hauptgrund für den Konflikt, sagt Paarberaterin und Sexualtherapeutin Barbara Biemer. Teilweise lernten die Frauen ihren Partner im Internet kennen, sahen sich nur am Wochenende und hätten nie zusammengelebt.

    Pro familia plädiert dafür, Frauen in Konfliktsituationen umfassend über sämtliche Aspekte zu informieren, die sie in ihrer Not betreffen. Dazu gehöre auch die Information, welche Frauenärzte wo mit welchen Methoden Abbrüche durchführen. Die Organisation setzt sich dafür ein, dass Gynäkologen beispielsweise auf ihrer Homepage hierüber informieren dürfen. Der 1933 eingeführte Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs, der Werbung für Abbrüche verbietet, solle deshalb ersatzlos gestrichen werden.

    Seit fast einem Jahr wird hierüber politisch gestritten. Wenige Stunden vor der Jahrespressekonferenz von Pro familia in Würzburg, wurde bei einer dreistündigen Anhörung im Bundestag über eine Streichung oder Änderung des Werbeverbots diskutiert. Auch eine Vertreterin von Pro familia nahm teil. Sie erklärte, dass ungewollt schwangere Frauen derzeit unter sehr hohem Zeitdruck beschwerliche Informationswege gehen müssten. In einigen Regionen Deutschlands gebe es gar keine Mediziner, die Abbrüche durchführten. Das sagt auch Martina Schneider von pro familia in Schweinfurt: „Immer weniger Ärzte nehmen Abtreibungen vor.“

    Zahlen zu Pro Familie in Unterfranken Unterfrankenweit wandten sich im vergangenen Jahr fast 7100 Menschen an eine der Pro familia-Einrichtungen in Aschaffenburg, Würzburg und Schweinfurt. Mehr als die Hälfte nahm an Maßnahmen der Sexualpädagogik, der sexuellen Bildung oder an Veranstaltungen zur Prävention sexualisierter Gewalt teil. Die Schwangerschaftsberaterinnen in Unterfranken erreichten mehr als 2600 Menschen. Über 500 Frauen kamen wegen eines Schwangerschaftskonflikts zu Pro Familie. In 14 Fällen hatten Frauen nach einem Schwangerschaftsabbruch Bedarf nach Beratung. pat

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