Seit gut einem Jahr haben die Collagen von Katja Tschirwitz und Christopher Knaus überraschend viele öffentliche Auftritte in der Stadt. Der größte gemeinsame ist jetzt im Kunsthaus Michel in der Semmelstraße zu sehen: die Doppelausstellung "Doppeldeutig". Bindeglied zwischen den zwei Nachbarn einer Bürogemeinschaft ist das Collagieren von analogem Material, echten Papierausschnitten bei Tschirwitz, Weinflaschenkapseln bei Knaus.
Ein vorherrschendes Motiv bei ihr ist die Kombination von menschlichen Gliedmaßen mit anderen Dingen zu rätselhaften, in unserer Welt eigentlich nicht lebensfähigen Cyborgs. Die tauchen recht isoliert auf der Bildfläche auf. Ihr Porträtist (in ihrer eigenen Welt, nicht die hiesige Künstlerin K. T.) erklärt dem Betrachter nicht das Leben dieser Spezies. Für ihn scheint das selbstverständlich, der Erdling muss sich damit abfinden, dass ihm die Aliens fremd bleiben. Aber gut getroffen sind sie!
Collage von 174 Weinkapseln
Neuland betritt auch Christopher Knaus mit den Zinn- und Aluminiumkreisen, die in ihrem vorigen Leben als Deckelchen auf bessere Weinflaschen gefalzt worden waren. Seit 30 Jahren sammelt er die eingestanzten Firmenwappen, in jüngerer Zeit kombiniert er sie zu abstrakten Bildflächen, deren Material hingegen ein ganz konkreter Edelabfall bleibt. In der Kunsthaus-Ausstellung fällt eine große Collage von 174 Weinkapseln auf, die sinnfällig macht: So vielfältig ist die Weinkultur und damit, wie wir alle wissen, unsere Kultur überhaupt. Dieser Merksatz kann dem zunächst ratlosen Besucher Zugang zu Knaus' Schaffen öffnen. Zumal im Kontrast zur benachbarten Serie, in der pro Bild nur zwei bis sechs gleiche Weingut-Marken kombiniert sind. Die aber stecken in Papiertütchen, die eine einzige Berufsgruppe benutzt: Diamantenhändler bewahren darin Rohedelsteine. Und der Kommunikationsdesigner Knaus nun also Weinkapseln.
Inzwischen auch selbstgemachte Fotografien genutzt
"Doppeldeutig" verfolgt neben dieser Motiventwicklung eine weitere hin zu Büttenpapierreliefs. So konzentriert die Ausstellung auf authentisches Material bleibt, so vielseitig entfalten sich die Möglichkeiten, die diesem Ansatz innewohnen. In ihren Arbeiten dieses Jahrs näherte Tschirwitz sich der Knausschen Ästhetik unversehens etwas an: Sie lässt auf ihren jüngsten Collagen Farbe weg. Und sie nutzt inzwischen auch selbstgemachte Fotografien. Zum Collagieren schneidet sie freilich weiterhin Papier von Hand aus.
Die Ausstellung "Doppeldeutig" ist bis 5. Januar 2024 im Kunsthaus Michel, Semmelstraße 42 in Würzburg, montags bis freitags 10 bis 18 Uhr und samsstags 10 bis 13 Uhr zu sehen.