Hausbesitzer sollen die Sanierung und den Ausbau von Ortsstraßen bald nicht mehr mitbezahlen. Wie berichtet hat die CSU-Landtagsfraktion bei ihrer Winterklausur die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge (Strabs) für Anlieger beschlossen. Stattdessen sollen die Kommunen Pauschalen vom Freistaat erhalten. Was betroffene Bürger freut, wirft in den Rathäusern neue Fragen auf: Wie wird der Ausgleich geregelt? Und vor allem: Wie werden laufende Verfahren abgewickelt?
Zunächst werden die Gemeinden wohl keine Beitragsbescheide mehr verschicken. Dazu hatte neben CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer auch Uwe Brandl als Präsident des Bayerischen Gemeindetages geraten. Einige Kommunen wie Volkach und Marktbreit (beide Landkreis Kitzingen) kündigten von sich aus an, die Abrechnung bis zur Neuregelung auszusetzen.
Was wird aus den laufenden Ratenzahlungen?
Als Bürgermeister von Hafenlohr (Landkreis Main-Spessart) und CSU-Landtagsabgeordneter kennt Thorsten Schwab beide Seiten. Auch wenn er den Fraktionsbeschluss von Kloster Banz mitträgt: Als Bürgermeister hätte er die Anliegerbeiträge lieber behalten – als sichere Finanzierungsquelle. „Aber man hätte sie reformieren müssen“, sagt er. Die Satzungen seien zu unflexibel bei der Handhabung von Härtefällen. Außerdem würden die Bürger durch drastisch gestiegene Baukosten über Gebühr belastet.
Mit der Strabs-Abschaffung muss nun eine Übergangslösung her – und die ist verwaltungsrechtlich heikel. Knackpunkt sind aktuelle Sanierungen. So wurde in Schwabs Gemeinde Hafenlohr die Klemens-Mehling-Straße erneuert, die Anlieger haben 80 Prozent ihrer fälligen Beiträge in zwei Raten bezahlt. Aber der Rest? Noch fehlt der Schlussbescheid – und die Gemeinde wird ihn jetzt erst einmal nicht verschicken.
Neuregelung schafft in Übergangsphase neue Ungleichbehandlung
Ist es denkbar, dass ausstehende Zahlungen nicht mehr kassiert werden, weil sich die gesetzliche Grundlage ändert? Schwab hat juristische Zweifel: „Gut möglich, dass nur ganz oder gar nicht abgerechnet werden kann.“ Dann kämen auf etliche Gemeinden Rückerstattungen zu, für die der Landtag ebenfalls ein Ausgleichsmodell finden müsste. Oder die begonnene Abrechnung wird zu Ende gebracht – dann müssten Bürger auch noch den Rest begleichen.
Davon geht Bürgermeister Robert Herold für die ausgebaute Straße „Am Lindenberg“ in Burgsinn (Landkreis Main-Spessart) aus. Auch hier haben die Bürger bereits zwei Raten bezahlt. Eine andere Straße ist zwar ebenfalls ausgebaut, wurde aber noch nicht abgerechnet. Glück also für die dortigen Anlieger. So sorgt die Abschaffung der Strabs für eine neue Ungleichbehandlung von Bürgern in den Gemeinden – wenngleich nur in der Übergangsphase.
Eigenheimerverband erwartet keine Rückzahlungen
Das weiß auch Heinz Amling, Mitglied im Landesvorstand des bayerischen Eigenheimerverbandes. Dieser sowie der Verband Wohneigentum sind zwar zufrieden – sie halten ihre Popularklage gegen die Strabs aber aufrecht und wollen die Freien Wähler beim Start des Volksbegehrens unterstützen. Amling: „Das muss jetzt auch verwirklicht und darf nicht verwässert werden. Wir sind auf der Hut.“
Während aus der CSU heraus sogar Rückzahlungen an betroffene Bürger ins Gespräch gebracht werden, hält Amling dies für populistisch und überzogen. Sein Credo: „Was bezahlt ist, ist weg.“ Es sollten aber keine Bescheide mehr ausgestellt werden, auch nicht für Restzahlungen. Und wo Betroffene Widerspruch eingelegt haben, solle ebenfalls nicht mehr kassiert werden.
Schweinfurts OB fordert „angemessene Kompensation“
Der Eigenheimerverband sieht nun die Politik gefordert, rechtskonforme Übergangslösungen und ein Ausgleichsmodell für die Kommunen zu finden. Ähnlich äußert sich Schweinfurts OB Sebastian Remelé – unterfränkischer Bezirksvorsitzender des Bayerischen Städtetages, der eine Abschaffung der Strabs bis zuletzt verhindern wollte. Remelé mahnt eine „angemessene Form der Kompensation“ für die Kommunen an, es dürfe nicht zuviel Bürokratie entstehen. Auch Schweinfurt werde keine neuen Bescheide mehr ausstellen.
Der Bayerische Gemeindetag appelliert an den Landtag, den Ausfall bei den Kommunen hinreichend zu ersetzen. Bezirksvorsitzender Josef Mend, für die Freien Wähler Bürgermeister in Iphofen, warnt gleichzeitig davor, dass Gemeinden die staatlichen Pauschalen zum Stopfen von Haushaltslöchern und nicht für den Straßenausbau verwenden könnten. „Hier braucht es klare gesetzliche Regelungen.“ Das gelte auch für das entstehende Dilemma bei Ratenzahlungen und Bescheiden, die noch nicht ausgestellt sind. Mend: „Es sind viele Rechtsfragen offen.“