Der Ochsenfurter Reit- und Fahrverein St. Wolfgang hat Probleme. Zwischen Vorstandschaft und Mitgliedern war es zu Unstimmigkeiten gekommen. Anfang November trat der gesamte bisherige Vorstand zurück. Bis zum 21. Dezember sollte der Verein einen Notvorstand benennen, andernfalls wollte das Registergericht in Würzburg einen solchen für den Verein kostenpflichtig einsetzen. Um sich zeitlich noch etwas Luft zu verschaffen, haben Vereinsmitglieder am 21. Dezember beim Gericht um eine Fristverlängerung nachgesucht, die bis 15. Januar gewährt wurde.

Was war passiert? Wie berichtet, hatte der Verein erst Ende September den Abschluss der aufwändigen Stallsanierung mit einem Tag der offenen Stalltür gefeiert. In dieser Baumaßnahme dürften die Probleme letztendlich begründet sein, denn unter anderem weil während der Arbeiten viele Pferde ausgelagert werden mussten und Reitstunden daher nur in beschränktem Ausmaß stattfinden konnten, verließen zahlreiche Mitglieder den Verein.
Mitglieder verlangten Offenlegung der Finanzen
Einige der noch etwa 70 Mitglieder gerieten ins Grübeln, weil die Finanzierung der Stallsanierung unter anderem auch auf erhöhten Mitgliedsbeiträgen sowie einer Bauumlage für jedes Mitglied fußt. In seinen besten Zeiten hatte der Verein rund 150 Mitglieder. Aber wie sähe die Berechnung aus, wenn plötzlich weniger zahlende Mitglieder vorhanden sind?

Um sich hierüber Klarheit zu verschaffen, beantragte ein Teil der Mitglieder eine außerordentliche Mitgliederversammlung, bei der der Vorstand die Finanzen offen legen sollte. Eines dieser Mitglieder ist Annette Seizer, deren Pferd beim Reitverein zur Miete wohnt und die regelmäßig zum Reitunterricht kommt. "Nachdem wir auf Nachfragen vom Vorstand keine Informationen erhielten, wollten wir Zahlen und Fakten", begründet sie den Vorstoß. "Offenbar bekam der Vorstand das in den falschen Hals."
In der Tat hatten die Vorstandsmitglieder auf diesen Antrag hin ihren Rücktritt auf die Tagesordnung der anberaumten Mitgliederversammlung gesetzt. Hartmut Leicht, bis dahin Vorsitzender des Reitvereins, hat gegenüber dieser Redaktion mitgeteilt, dass er auf die Darstellung seiner Sicht der Dinge lieber verzichten möchte, damit nicht weiterer Unmut entstehe. Er teilt daher nur mit, dass er hoffe, im Reitverein werde möglichst bald wieder Ruhe einkehren.
Seit November sind die aktiven Mitglieder nun weitgehend auf sich allein gestellt. Die zurückgetretenen Vorstandsmitglieder hatten sich allerdings noch um das Nötigste gekümmert. Weil bis zum 21. Dezember kein Freiwilliger aufzutreiben war, der das Ruder in die Hand zu nehmen bereit gewesen wäre, hat sich Barbara Schäfer in einer E-Mail an einige Stadtratsmitglieder gewandt. Ihre Tochter nimmt in Verein Reitunterricht. Barbara Schäfer hatte gehofft, aus dieser Richtung Hilfe zu erhalten. Doch warum tut sich der Verein so schwer, einen neuen Vorstand zu finden?
"Das Hauptproblem sind die zwei Pferde für den Pfarrer und den Pilger."
Gerhard Wingenfeld, Organisator des Pfingstritts
Unter den Mitgliedern gebe es niemanden, der sich mit den Aufgaben eines Vereinsvorstandes im Allgemeinen und mit der Situation des Ochsenfurter Vereins im Konkreten ausreichend auskenne, sagt Annette Seizer. Unter den aktuellen schwierigen Voraussetzungen wolle daher vermutlich niemand Vorstand werden. Jedoch seien alle bereit, zu helfen und sich um das laufende Geschäft zu kümmern. "Ich möchte auch weiterhin hier Unterricht haben", sagt Annette Seizer.

Als wichtigen Standortfaktor des Ochsenfurter Reitvereins betrachten viele Mitglieder die dort tätige Reitschule, die seit Dezember 2006 von Anette Meyer geleitet wird. Ihre eigenen, anfangs etwa 15 Pferde standen für Reitstunden der Vereinsmitglieder zur Verfügung. Doch Meyers Pferde sind inzwischen nicht mehr die jüngsten, nur noch wenige können die anstrengende Arbeit als Schulpferde verrichten. Nach diesem Muster wollte Anette Meyer nicht mehr weitermachen. Seit April läuft der Reitbetrieb deshalb direkt über den Verein; Anette Meyer hält als Reitlehrerin den Unterricht ab. Außerdem unterrichtet sie Reitschüler mit eigenen Pferden und bildet Tiere aus.
Der Verein braucht ein Konzept für den Reitunterricht
Kindern und Jugendlichen das Reiten und Voltigieren beizubringen, sieht Meyer nicht mehr als ihre Hauptaufgabe. "Dafür müsste der Reitverein ein Konzept erstellen und eigene Pferde anschaffen", sagt Meyer. Am Standort Ochsenfurt möchte sie mit ihrer Reitschule aber bleiben, worauf die Schüler auch großen Wert legen. "Es herrscht ein tolles Ambiente. Für uns sind die Vierbeiner Kollegen, keine Sportgeräte", fasst Mitglied Christiane Grüttner zusammen.
Bleibt die Frage, was aus dem alle zwei Jahre stattfindenden Pfingstritt wird. Mehr als 30 Jahre lang hat ihn Gerhard Wingenfeld organisiert – zunächst im Namen des Verkehrsvereins, jetzt für den Stadtmarketingverein. Wingenfeld will versuchen, das Ereignis auch 2019 wieder stattfinden zu lassen. "Das Hauptproblem sind die zwei Pferde für den Pfarrer und den Pilger", sagt Wingenfeld. Bisher hatte der Ochsenfurter Reitverein den Pfingstritt nach Kräften unterstützt und diese Tiere gestellt, wie auch zwei fachkundige Personen, die die Pferde auf dem Weg zur Wolfgangskapelle führten. Benötigt werden ruhige, erfahrene Pferde, die Fremde auf ihrem Rücken akzeptieren. Wo er solche Tiere diesmal hernehmen soll, weiß Gerhard Wingenfeld noch nicht. Alles andere an Organisation, vor allem die Verköstigung, könne theoretisch auch von jedem anderen Verein gemacht werden, sagt er. Die Hoffnung, dass der Pfingstritt wie gewohnt stattfinden kann, gibt er nicht auf.