Jedes Jahr am Allerseelentag möchte Margaretha Helbling auf dem Grab ihrer Familie im Ochsenfurter Friedhof eine "pfündige Kerze" brennen haben. 1853 hatte sie das in ihrem Testament so festgelegt. Und noch 165 Jahre später entspricht man ihrem Wunsch. Bürgermeister Peter Juks besuchte zu Allerheiligen gemeinsam mit seiner Frau das Grab und zündete die Kerze an. Ihm ist es wichtig, die Erinnerung an Margaretha Helbling wach zu halten, denn die Stadt verdankt ihr viel. Aus diesem Grund wurde auch der ziemlich verwitterte Grabstein ihrer Familie von Restaurator Siegfried Scheder vor einiger Zeit für rund 6000 Euro fachmännisch instand gesetzt.
Das Helbling-Grab, sagt Scheder, dürfte eines der ältesten im Ochsenfurter Friedhof sein. Nahe der Aussegnungshalle liegt die schmale Begräbnisstätte ganz unauffällig neben einem Mäuerchen. Aus der Zeit um 1850 stammt der Grabstein im neugotischen Stil. Dass das Grab überhaupt noch existiert und von der Stadt gepflegt wird, liegt an dem Umstand, dass Margaratha Helbling ihr Vermögen der Stadt als "milde und fromme Stiftung für erkrankte Dienstboten" hinterließ. Stadtarchivar und Altbürgermeister Peter Wesselowsky hat den Ursprung dieser Stiftung recherchiert.
Ein Krankenhaus für arme Dienstboten
Margaretha Helbling war die Tochter des vermögenden Tuchscherers Andreas Helbling, der 1834 in Ochsenfurt Bürgermeister wurde. Sie selbst heiratete nie. Aber sie hatte genaue Vorstellungen von der Verwendung ihres Vermögens, zu dem auch etliche Ackerflächen im heutigen Gewerbegebiet Hohestadt und am Dümmersberg gehörten, nach ihrem Tod. Ein Haus sollte eingerichtet werden, in dem "alle in hiesiger Stadt dienenden, erkrankten armen Dienstboten, männlichen und weiblichen Geschlechts, ohne Unterschied der Religion, eben so die hier verweilenden und während ihrer Arbeits- und Lehrzeit erkrankten Gesellen und Lehrjungen" unentgeltlich gepflegt werden sollten, ist in ihrem Testament nachzulesen.

Die Stiftung sollte aber noch weitere Pflichten haben: nämlich "den Grabstein meiner geliebten Eltern und theuren Brüder wie auch den Meinigen immer gut zu erhalten ...". Damit auch niemand auf die Idee käme, sich ihren Wünschen zu widersetzen, kündigte Margaretha Helbling testamentarisch schmerzhafte Sanktionen an: "Wer diesen meinen letzten Willen ändert oder die von mir gemachten Stiftungen wissentlich oder absichtlich auch nur um einen Kreuzer bringt, den fordere ich vor dem Richterstuhl Gottes zur strengen Rechenschaft."
Zusammenlegung mit der Pfründespitalstiftung
Wie also kam es, dass die Stiftung heute nun doch nicht mehr besteht? Nach dem Tod Margaretha Helblings setzte der Stadtmagistrat die Verfügungen pflichtschuldig in die Tat um. Vor dem Oberen Tor wurde 1864 die "Heblingsche Krankenanstalt" errichtet und von Ordensschwestern geleitet. Bis 1967 war die Anstalt in Betrieb, erwies sich aber als nicht mehr zeitgemäß. Deshalb wurde die Margaretha-Helbling-Stiftung mit der Pfründespitalstiftung zusammengelegt, und in der Folge entstand das städtische Altenheim Haus Franziskus. Das Haus der alten Helblingsche Krankenanstalt gibt es noch immer. Es wurde verkauft und beherbergt heute eine Zahnarztpraxis. Der Erlös wurde für den Bau des Hauses Franziskus verwendet.

Als 2008 das Haus Franziskus nicht länger als städtisches Altenheim betrieben, sondern vom Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg übernommen wurde, sei der Stiftungszweck weggefallen, erklärt Peter Juks. Deshalb habe der Stadtrat beschlossen, die Pfründespitalstiftung aufzulösen. Dieser Vorgang sei mit hohen Hürden verbunden gewesen und von der Regierung streng überwacht worden. Moralisch sei die Stadt aber immer noch verpflichtet, den Wünschen der Stifterin so gut als möglich nachzukommen, sagt der Bürgermeister. "Wir haben den Leuten viel zu verdanken und von der Schenkung lange profitiert."
Auch eine Straße trägt Margaretha Helblings Namen
Deshalb hat Siegfried Scheder den verwitterten Grabstein abgebaut und aufwendig wieder hergerichtet. "Der Arm der Christusfigur war gebrochen", erklärt er. Nun sei er mit Epoxidharz wieder befestigt worden. Das Charakteristische an Grabstätten im neugotischen Stil ist die Gusseisentechnik. Die Christusfigur auf dem Grabstein sowie die gusseiserne Platte mit den Lebensdaten der Verstorbenen hat Scheder wieder hergerichtet, die Vergoldung erneuert, den brüchigen Sandstein teils ergänzt und konserviert. Bepflanzt wird das Grab von Mitarbeitern der Stadt, seine Laufzeit immer wieder verlängert. An Margaretha Helbling wird in Ochsenfurt übrigens noch an anderer Stelle erinnert: Im Stadtteil Lindhard wurde eine Straße nach der Stifterin benannt.