Von jungen Leuten, die als Silvester-Gaudi mit Raketen die Polizei oder Rettungskräfte beschießen, hat man aus Großstädten wie Leipzig oder Berlin schon gehört. Dass zur Jahreswende auch in Rottendorf Grenzen überschritten wurden, zeigt ein Bericht von Anwohnern des Dorfplatzes vor der Musikschule. Dort sollen lebensgefährliche Zustände geherrscht haben, als eine Gruppe junger Erwachsener Raketen ohne Startvorrichtungen zündete. Ein Ehepaar setzt sich nun in einem Brief an den Bürgermeister für eine Verbotszone im Altort ein.
Das Ehepaar gibt eine drastische Schilderung der Vorkommnisse, die bisher in keinem Polizeibericht aufgetaucht sind. Mitglieder der Gruppe hätten angezündete Raketen flach auf den Boden geworfen, sodass diese "unkontrolliert horizontal auf dem Boden oder in ein bis zwei Metern Flughöhe durch die Straßen geschossen" seien, bis sie am Rathaus, der Musikschule, dem Kulturstall oder einem der Wohnhäuser explodierten. Einige Geschosse seien zudem die schluchtartige Straße "Am Rathaus" in Richtung Kirche entlanggesaust und an Wohnhäusern oder dem historischen Fronhof detoniert. Viele Anwohner hätten Schutz in ihren Häusern oder dem Innenhof des Rathauses gesucht.
Raketen explodierten am Fenster eines Wohnhauses
Das Wohnhaus des Ehepaares wurde direkt getroffen. Mindestens eine Rakete sei am Fenster explodiert. Obwohl außer Verschmutzungen keine erkennbaren Schäden entstanden seien, hätten die Raketen "das komplette Gebäude zum Erbeben gebracht", so das Ehepaar. Beide schätzen die Zahl der unkontrolliert gezündeten Raketen auf etwa 30 bis 50, die der jungen Erwachsenen auf 30 bis 40.
Das Ehepaar habe sich nach vielen Jahren im Altort erstmals "bedroht gefühlt und Angst um das Wohlergehen" gehabt. Selbst einzuschreiten sei nicht möglich gewesen: Aufgrund der "Zusammensetzung und des Auftretens der Gruppe" sei nicht daran zu denken gewesen, diese anzusprechen oder mit dem Handy durch Fotos oder Videos Beweise zu sichern. "Man musste hier Angst um das eigene Leben haben", schreibt das Ehepaar.
Bürgermeister appelliert an die Eigenverantwortung der Feiernden
Bürgermeister Roland Schmitt, der selber nicht am Dorfplatz war, lässt keinen Zweifel daran, dass die Gemeinde das unsachgemäße und unkontrollierte Abschießen von Raketen nicht toleriert. "Wer Feuerwerkskörper abschießt, steht auch in der Verantwortung, diese ordnungsgemäß zu bedienen." Er hat das Gespräch mit dem Ehepaar gesucht und sich mit ihm darauf geeinigt, dass eine im Landkreis laufende Abfrage der Schäden und Vorkommnisse abgewartet wird. Auch soll ermittelt werden, inwiefern Gemeinden bereits Verbotszonen und mit welcher rechtlichen Begründung eingerichtet haben. Im übrigen Ortsgebiet seien bis auf eine herab gerissene Lichterkette keine Schäden bekannt geworden.
Der Frage, ob eine Verbotszone das richtige Mittel ist, begegnet er dennoch mit Skepsis. Das Feiern auf einem weitläufigen Platz sei vergleichsweise ungefährlich und es gebe am Dorfplatz keine besonders gefährdeten Gebäude wie Scheunen oder historische Baudenkmäler. Auch verweist er darauf, dass es in der Gemeinde noch weitere Plätze, wie den Kirchplatz oder die Kreisel gebe, an denen an Silvester gefeiert werde. Es sei nicht zu begründen, warum auf dem Dorfplatz eine Verbotszone eingerichtet wird, an anderen Stellen im Ort aber nicht. Ein Verbot sei nur schwer zu überwachen. Die Gemeinde selber sei nicht in der Lage eigenes Sicherheitspersonal abzustellen. Die Polizei sei der richtige Ansprechpartner.