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Würzburg: "Schluss jetzt! Keine Diskussion!"

Würzburg

"Schluss jetzt! Keine Diskussion!"

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    Symbolbild wütendes Kind; Familienleben; Wie Eltern am besten Grenzen und Regeln festlegen.
    Symbolbild wütendes Kind; Familienleben; Wie Eltern am besten Grenzen und Regeln festlegen. Foto: maximkabb (iStockphoto)

    Stampfen, Schreien, Tür knallen. Wie Eltern ihrem Nachwuchs Grenzen setzen, ohne autoritär zu erziehen, sagt Andreas Dederich, selbstständiger Familienberater in Würzburg und Tauberbischofsheim und selbst Vater zweier Söhne.

    Frage: Wozu sollten Eltern Grenzen setzen?

    Andreas Dederich: Kinder brauchen Grenzen zur Orientierung. Schon Kleinkinder werden mit Regeln konfrontiert, zum Beispiel: Hände waschen vor dem Essen, nicht mit Straßenschuhen ins Wohnzimmer, um 9 Uhr Stuhlkreis im Kindergarten. Die Schule ist noch restriktiver: Hier darf nur der sprechen, der sich meldet. Durch Regeln lernen Kinder den Umgang mit anderen Menschen. Dazu gehört, andere ausreden zu lassen oder bitte und danke zu sagen. Eltern definieren die Regeln. Kinder lernen, sich anzupassen. Dadurch erlangen sie soziale Kompetenz.

    Was passiert, wenn es keine Grenzen gibt?

    Dederich: Kinder verlieren die Orientierung. Sie bekommen eine negative Selbstwahrnehmung, denn es wird ständig geschimpft und an ihnen herumgemäkelt – sowohl von Erwachsenen, als auch von anderen Kindern. Wenn sich Kinder zum Fußballspielen treffen und einer nimmt ständig den Ball in die Hand, lassen ihn die anderen nicht mehr mitspielen. Kinder, die nie gelernt haben, mit Regeln umzugehen, neigen zu Verhaltensauffälligkeiten. Sie können sich nicht erklären, warum alle so böse zu ihnen sind. Daraus entstehen Aggressivität und Schulprobleme.

    Wie streng sollten Eltern sein?

    Dederich: Es kommt auf die Lebensumstände an. Wenn ein Dreijähriger im Kindergarten die Bauecke dem Stuhlkreis vorzieht, kann die Erzieherin flexibel reagieren und die Entscheidung des Kindes respektieren. Schule dagegen ist ein Zwangskontext: Das Kind muss aufmerksam sein. Es spielt keine Rolle, ob es Lust dazu verspürt. Es nützt nichts, wenn ein Kind zuhause machen darf, was es will, wenn es in die Schule kommt. Eltern müssen die Grenzen ihres Kindes mit den jeweiligen Institutionen definieren.

    Können Eltern zu viele Grenzen setzen?

    Dederich: Definitiv. Dann zwängen sie das Kind ein und nehmen ihm seine Individualität, Kreativität und Entwicklungsmöglichkeit. Eltern müssen das richtige Maß finden.

    Müssen Eltern immer Vorbild sein?

    Dederich: Eltern müssen Regeln vorleben: Auch der Papa kommt nicht mit ungewaschenen Händen an den Tisch. Auch die Mama setzt beim Fahrrad fahren einen Helm auf.

    Wie können Eltern Regeln durchsetzen?

    Dederich: Eltern sollten mit ihren Kindern Regeln definieren „Unsere Regeln im Hause Müller sind ...“ und gegebenenfalls aufschreiben und an die Wand hängen. Werden Regeln nicht eingehalten, folgt eine Konsequenz. Andernfalls funktioniert die Regel nicht. Hat das Kind sein Zimmer vor dem Abendbrot nicht aufgeräumt, darf es später nicht fernsehen. Zu einer Erziehung ohne Strafen stehe ich nicht.

    Manche Eltern locken mit Belohnungen, andere drohen mit Strafe – geht es auch anders?

    Dederich: Viele Eltern sind unheimlich bemüht, dass ihre Kinder die Anweisungen, die sie erteilen, intellektuell verstehen. Das zermürbt. Kinder sind Gefühlsmenschen. Sie sind intuitiv. Sie lassen sich von allem Möglichen leiten. Beantworten Sie das Verhalten Ihres Kindes mit einem Verhalten! Wenn ein drei- bis fünfjähriges Kind keine Hände waschen will, nehmen Sie es an die Hand und führen es ins Badezimmer. Halten Sie ihm keinen Vortrag. Denn dann beginnt die Diskussion und die Seife fliegt an die Decke. Das Kind muss spüren: Die Eltern sind klar in ihrer Entscheidung. Man kommt nicht mit ungewaschenen Händen an den Tisch.

    Gibt es etwas, das Eltern häufig falsch machen?

    Dederich: Viele Eltern karten nach. Spät am Abend fragen sie ihr Kind: „Weißt du, warum ich heute sauer war?“ Stattdessen sollten sie sagen: „Jetzt ist wieder alles gut.“ Hier können sie ihre Großzügigkeit beweisen.

    Warum reiben sich manche Eltern auf?

    Dederich: Sie arbeiten nicht darauf hin, dass ihr Kind selbstverantwortlicher wird, dass es beispielsweise selbst Jacke und Schuhe anzieht. Es ist nicht die Aufgabe von Eltern, sich zu verbiegen. Manche nehmen selbst kein Frühstück zu sich, nur damit das Kind pünktlich in der Schule ist. Das kann nicht sein. Im Kindergarten können sich Kinder plötzlich innerhalb von ein paar Sekunden anziehen. Viele Eltern sagen: „Zuhause klappt das nicht.“ Warum?

    Warum klappt so viel überall, nur nicht daheim?

    Dederich: Eltern leisten zu viel Hilfe an Stellen, an denen Hilfe nicht nötig ist. Wenn ein Kind etwas kann, sind seine Eltern dazu aufgefordert, ihre Hilfe einzustellen. Wenn das Kind sich anziehen kann, es aber nicht tut, dann hat es kein Fähigkeitsproblem, sondern ein Problem mit seiner Haltung.

    Und wenn Eltern ihrem Kind alles abnehmen?

    Dederich: Wenn ständig über banale Themen gestritten wird, reibt sich die Beziehung auf. Eltern sollten abends ihrem Kind ab und zu sagen: „Danke für diesen schönen Tag. Du hast toll Hausaufgaben gemacht.“ Wenn gewünschtes Verhalten von den Eltern wertgeschätzt wird, passen Kinder ihr Verhalten am nächsten Tag eher an. Manchmal sind es riesige Leistungen, die Kinder vollbringen. Doch die Eltern nehmen sie gar nicht wahr.

    Dürfen Oma und Opa verwöhnen?

    Dederich: Häufig sind die Großeltern eine Betreuungsinstanz, wenn sie im gleichen Haus oder Dorf wohnen. Oma macht Hausaufgaben, Oma holt ab. Doch die Erziehungskompetenz muss bei den Eltern liegen. Eltern müssen eine gemeinsame Philosophie haben und ihr treu bleiben: im Zweifel gegen Widerstand aus der Vorgängergeneration.

    Warum ist zu viel Freiraum für Kinder schlecht?

    Dederich: Kinder sorgen gut für sich. So lange sie keinen Widerstand bekommen, testen sie Grenzen aus. Wenn Eltern glauben, sie geben viel Nachsichtigkeit und bekommen sie eins zu eins zurück in Respekt und Disziplin, sind sie naiv. Kinder ändern ihr Verhalten nicht, wenn sie nicht mit einem „nein“ konfrontiert werden. Es gibt ein wunderbares Buch: „Nein aus Liebe“ von Jesper Juul.

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