Für die einen ist es eine sinnlose Aneinanderreihung von Buchstaben, für die andere eine Matheaufgabe, die gelöst werden will. „aCCIpIo traDo qVoDLVbet eXpeDio“ steht in der Mauer des Alten Kranen geschrieben. „Also hundert plus hundert plus eins...“, beginnt Hannah Eckert zu zählen. Die 14-Jährige ist eine von neun Schülern, die sich monatelang den lateinischen Inschriften Würzburger Sehenswürdigkeiten gewidmet haben. Entstanden ist eine Sammlung von Übersetzungen, die den Stadtführern künftig ihre Arbeit erleichtern soll. „Alles begann Anfang des Schuljahrs mit einem Spaziergang durch die Innenstadt“, erzählt Peter Günzel. Der Lateinlehrer hatte den besonders begabten Gymnasiasten im Rahmen des schulübergreifenden so genannten „Enrichment-Kurses“ die Aufgabe gestellt, lateinische Inschriften in Würzburg zu finden, zu fotografieren und anschließend zu übersetzen.
Die Suche dauerte nicht lange. Neben dem Lusamgärtlein, der Marienkapelle, dem Alten Kranen oder dem Vierröhrenbrunnen wurden die 13-bis 15-Jährigen vor allem an einer Stelle fündig: „In der Kiliansgruft hat es vor Inschriften gewimmelt“, erinnert sich Günzel, „aber nirgendwo stand eine Erklärung dazu.“
Um das zu ändern, nahmen sich die Acht- und Neuntklässler am Kiliansschrein Wort für Wort vor, bündelten die Fotos samt Übersetzungen und Beschreibungen in einem Heft. Die Broschüre über die Kiliansgruft haben die Schüler nun gemeinsam mit weiteren Übersetzungen der Tourismuszentrale übergeben. Diese will das gebündelte Wissen ihren ausgebildeten Stadtführern aushändigen.
„Das ist echt sehr praktisch“, lobt der Sprecher der Würzburger Stadtführer Sebastian Karl die Arbeit der jungen Lateinkenner. Zwar gebe es bereits die ein oder andere Übersetzung einer Inschrift, allerdings nicht gebündelt. „Ich denke, dass meine Kollegen die Infos bei ihren Führungen gut verwenden können.“
Und auch die Würzburger sollen künftig von der Arbeit der Lateinkenner profitieren. Denn die Tourismuszentrale will die Übersetzungen samt Erklärungen in die Würzburg App mit aufnehmen.
„Es hat echt Spaß gemacht“, resümiert Hanna Eckert. Man habe sein Wissen endlich mal konkret anwenden können – auch, wenn die ein oder andere Inschrift den Schülern einiges abverlangte. „Die Inschrift am Alten Kranen war eines unserer schwierigsten Werke“, sagt die 14-Jährige. Denn der lateinische Satz sei voller Abkürzungen gewesen. Dank vieler Nachschlagewerke konnten die Gymnasiasten die Buchstabenaneinanderreihung mit „Ich nehme an und ich übergebe. Alles Mögliche verlade ich“ übersetzen.
Auch das Rätsel, warum einzelne Buchstaben in dem Satz groß geschrieben sind, haben die Schüler gelöst: „Das sind Römische Zahlen“, erklärt Eckert. Zusammengezählt ergeben CCIIDVDLVXDI dann 1773 – das Jahr der Festigstellung des Kranen.