Die Gegend rund um Kirchheim im Landkreis Würzburg ist von Muschelkalk-Steinbrüchen geprägt. Der Abbau hat sich jedoch rasant beschleunigt. Unvermittelt entstehen neue Steinbrüche, um ebenso schnell wieder zu verschwinden. Insgesamt 230 Hektar, das sind zwölf Prozent der Gemarkungsfläche, sind heute vom Steinabbau betroffen. Doch was kommt danach?
Diese Frage soll ein Modellprojekt zur innovativen Landschaftsplanung des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) jetzt beantworten. Die Ergebnisse zweijähriger Planungen wurden im Kirchheimer Pfarrheim vorgestellt.
Seit etwa 30 Jahren ist im Genehmigungsverfahren vorgeschrieben: Die Hälfte der Fläche soll nach dem Abbau für die Landwirtschaft, die andere für Biotope vorgesehen werden. Die Steinbruch-Betreiber erwarten sich neben mehr Transparenz und Planungssicherheit dadurch auch eine größere Akzeptanz des Muschelkalk-Abbaus in der Bevölkerung.
Steinbruch-Unternehmen an einem Tisch
"Da steckt brutal viel Arbeit drin, von allen Projektbeteiligten", lobte Thomas Haaf die Arbeit im Gemeinderat. Der CSU-Vertreter, der selbst Steinbruch-Unternehmer ist, hat es mit Rudolf Hauck von der Firma Scheuermann aus Kleinrinderfeld geschafft, die Natursteinindustrie an einen Tisch zu bekommen: Von anfangs elf Betrieben sind noch acht dabei – alle örtliche Unternehmen aus Kirchheim, Kleinrinderfeld und Geroldshausen im Landkreis Würzburg. Sie haben ihre Steinbrüche in eine Flächenpool-Initiative eingebracht. Mit einem Wertpunktekonto sollen Benachteiligungen untereinander ausgeglichen werden.
Björn Jungbauer, damals Bürgermeister von Kirchheim, hatte im Jahr 2022 den Förderantrag für das Modellprojekt beim Landesamt für Umwelt eingereicht. Der Grund: die unbefriedigende Situation vor Ort. Jeder Abbau sei bei der Genehmigung für sich betrachtet worden, erinnert er sich. Im Landratsamt gab es keine Übersichtskarte. Die Gemeinde behalf sich daraufhin mit einer selbst angelegten Tabelle. "Es ist wahnsinnig schwer, herauszukriegen, für welche Flächen, die im Abbau sind, welche Folgenutzung vorgesehen ist", bestätigte sein Nachfolger, der Grüne Christian Stück. Von dem Konzept erwartet auch er Transparenz und verbindliche Vorgaben.
Transparenz statt Gerüchteküche
Eine Projektarbeitsgemeinschaft (PAG) sollte das Ganze begleiten. "Damit nicht das ein und andere zerredet wird", so Jungbauer, sei die PAG aber erst ab Februar 2024, ein Jahr vor Projektende, eingebunden worden. Neben den Naturschutzverbänden, Behördenvertretern, dem Bauernverband waren nun auch Bürgerinnen und Bürger eingeladen. Es habe "viele Gerüchte" gegeben, so Stück. Ihm sei klar gewesen: "Wir müssen mehr Leute ins Boot holen." Die PAG soll auch die weiteren Schritte begleiten.
Ein Fachbüro hat nun für das gesamte Gemeindegebiet ein Biotopverbund-Konzept ausgearbeitet und in einer Karte zusammengefasst. Es lehnt sich an die vorhandenen Biotope an, berücksichtigt die Nasswiesen an den Bächen und trockene Wiesen auf den Höhen, Streuobstbestände, Gehölze und Hecken. Rechtlich bindend ist das Konzept aber erst mit einem Landschafts- und Flächennutzungsplan.
Das "Kirchheimer Modell" hat schon jetzt in der Juramarmor-Gemeinde Markt Titting im oberbayerischen Landkreis Eichstätt einen möglichen Nachahmer gefunden. Es wurde auch auf dem Zweiten Bayerischen Landschaftsgipfel in München vorgestellt.