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REGION OCHSENFURT: Stallpflicht stellt Geflügelhalter vor Herausforderungen

REGION OCHSENFURT

Stallpflicht stellt Geflügelhalter vor Herausforderungen

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    Öko-Landwirt Manuel Lehner aus Gülchsheim hält insgesamt 2200 Legehennen in zwei Mobilställen. Während die Vogelgrippe grassiert, dürfen sie nicht ins Freie. Besuchern ist der Zutritt nur sehr eingeschränkt und ausschließlich mit Überschuhen gestattet.
    Öko-Landwirt Manuel Lehner aus Gülchsheim hält insgesamt 2200 Legehennen in zwei Mobilställen. Während die Vogelgrippe grassiert, dürfen sie nicht ins Freie. Besuchern ist der Zutritt nur sehr eingeschränkt und ausschließlich mit Überschuhen gestattet. Foto: Foto: CLAUDIA SCHUHMANN

    „Man muss die Hühner beschäftigen.“

    Manuel Lehner, Öko-Landwirt aus Gülchsheim

    Bis jetzt konnten sie dem Suppentopf entrinnen, die Hennen von Anita Emmert. Wie berichtet, leidet das an Auslauf gewohnte Geflügel unter der Stallpflicht, die wegen der Vogelgrippe noch immer Bestand hat.

    Ihre Hennen zu schlachten, hat die Goßmannsdorferin aber nicht übers Herz gebracht. Die Hälfte der 100 Hühner hat Anita Emmert inzwischen lebend verkauft – an Hobbyhalter. „Der Rest sitzt in einer Hütte am Main“, erzählt die Besitzerin. Der Ausbruch der Vogelgrippe im Herbst hat das neue Direktvermarktungskonzept der Goßmannsdorferin in Frage gestellt. Im Sommer erst mit großem Erfolg estartet, steht das Projekt mit dem Eierverkaufsautomaten unter freien Himmel nun schon wieder auf der Kippe.

    Denn um eine Situation wie den aktuellen Seuchenausbruch unbeschadet überstehen zu können, hätte Anita Emmert ein überdachtes Ausweichquartier benötigt. Einen Hühnermobilstall kann sich die Existenzgründerin aber derzeit nicht leisten und musste ihr Geflügel deshalb provisorisch in Viehtransporter und Wohnwagen unterbringen.

    Das Direktvermarktungskonzept ist in Frage gestellt

    Den Hennen ging es dort nicht gut. Die Tiere, die ein Leben auf ihrer weitläufigen Wiese gewohnt waren, gerieten unter Stress. Immerhin konnten sie inzwischen aus dem Wagen in die Hütte umziehen. Den Transporter bewohnen nun die bislang in einem Wohnwagen untergebrachten Gänse.

    Ob sie nach Beendigung der Stallpflicht die Direktvermarktung oberhalb von Sommerhausen wieder aufnehmen wird, hat Anita Emmert noch nicht entschieden. Denn dafür müsste sie neue Hühner kaufen und wäre nach wie vor der Gefahr des erneuten Auftretens der Vogelgrippe ausgesetzt. Sie hat inzwischen ein Spendenkonto zur Finanzierung eines Mobilstalls eingerichtet.

    Wie lange die Stallpflicht noch andauern wird, weiß man auch im Veterinäramt des Landkreises Würzburg nicht. Da nach wie vor deutschlandweit Vogelgrippe-Befunde bei Wildvögeln aufträten, seien auch die Nutzgeflügelbestände noch immer gefährdet, teilt Veterinärdirektor Dr. Otto Erb mit. Im Landkreis Würzburg seien allerdings bisher keine infizierten Vögel aufgefunden worden. Der einzige infizierte Vogel in Unterfranken sei ein im Landkreis Aschaffenburg entdeckter Schwan gewesen, so Erb weiter.

    Veterinäramt geht gegen Verstöße vor

    Dass die Region bislang von der Seuche weitgehend verschont blieb, sollte freilich keinen Geflügelhalter dazu verleiten, leichtfertig mit der Situation umzugehen. Haltern, die gegen die Stallpflicht verstießen, drohten empfindliche Bußgelder, teilt Otto Erb mit. Zwischen Hobbyhaltern und berufsmäßigen Geflügelhaltern werde dabei nicht unterschieden. Ordnungswidrigkeiten wegen Verstoßes gegen die Geflügelpestverordnung können mit Bußgeldern bis zu 30 000 Euro geahndet werden.

    Dass sich trotzdem nicht jeder Geflügelhalter an die Stallpflicht gebunden fühlt, hat das Veterinäramt schon feststellen müssen. Bislang seien vier Hinweise auf Verstöße eingegangen, erklärt Otto Erb. Das Veterinäramt werde vornehmlich von Bürgern auf vermutete Verstöße hingewiesen. Allen Hinweisen sei das Amt nachgegangen und habe in einem Fall auch ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Immerhin habe nach seiner Kenntnis noch kein Tierbesitzer die Geflügelhaltung wegen der aktuellen Situation aufgegeben, teilt Erb mit.

    Auch für Manuel Lehner aus Gülchsheim und seine 2200 Legehennen ist die Stallpflicht lästig, aber nicht existenzbedrohend. Der junge Landwirt hatte gemeinsam mit seiner Frau im Jahr 2009 den Hof der Schwiegereltern übernommen und bewirtschaftet ihn seither ökologisch. In zwei großen Mobilställen sind die Legehennen seit Beginn der Aufstallpflicht am 18. November 2016 kaserniert.

    Beschäftigungsangebote für die Hennen

    Normalerweise, erklärt Manuel Lehner, suchen die Hennen die Ställe nur nachts auf und bewegen sich tagsüber auf Flächen unter freiem Himmel, gemäß den Vorgaben für Öko-Freilandeier. Seit Stallpflicht herrscht, müssen sich die Hennen rund um die Uhr in den Ställen aufhalten – wo sie sich sichtlich langweilen. „Man muss die Hühner beschäftigen“, sagt Lehner. Das geschieht auf seinem Naturlandhof mittels abwechslungsreicher Futtersuche.

    Jede Stunde wird im Stall Getreide ausgestreut, dazu gibt es Kartoffeln und Karotten, aus denen sich die Hennen Stückchen herauspicken können. Die zusätzlich ausgelegten Strohballen werden von den Hennen begeistert zerpflückt. In der aktuellen Situation hat sich auch die Wahl einer neuen Hühnerrasse für Lehners als Glücksfall herausgestellt: Seit April hält die Familie Hühner der Rasse „Sandy“ aus Österreich. „Sie sind einerseits lebhafter, aber auch scheuer als die herkömmlichen Legehennen und sie verhalten sich sozialer“, erklärt Manuel Lehner.

    Eine friedfertige Rasse lebt in Gülchsheim

    Anstatt aufeinander loszugehen, wie das bei gestressten Hühnern nicht selten vorkommt, nehmen die Gülchsheimer Bio-Hennen die Situation recht gelassen hin. Familie Lehner hat sich für die Rasse entschieden, weil sich dieses sogenannte Zweinutzungshuhn nicht nur als Eier- sondern auch als Fleischlieferant eignet. Die männlichen Küken werden nicht sofort getötet, sondern aufgezogen und erst als Junghähne geschlachtet.

    Manuel Lehner darf die Eier auch weiterhin als Öko-Eier verkaufen, da die Stallpflicht sozusagen höhere Gewalt darstellt. Auch wird sie ein befristetes Phänomen sein. Bis Mitte Mai hat die Stallpflicht Bestand, wenn sie nicht vorher schon aufgehoben wird, sagt Lehner. Und dann werden auch die friedfertigen Sandy-Hennen endlich wieder nach draußen dürfen.

    Weitere Informationen über die Hühner von Anita Emmert (mit Spendenkonto) und Manuel Lehner gibt es im Internet unter bayerischer-feenhof.de und www.naturlandhof-lehner.de

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