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WÜRZBURG: Straßenumbenennung: Streit um Bürgerbeteiligung

WÜRZBURG

Straßenumbenennung: Streit um Bürgerbeteiligung

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    Dr. Georg Angermaier, Justitiar der Diözese
    Dr. Georg Angermaier, Justitiar der Diözese Foto: Stadtarchiv

    Der Stadtrat hat mit 27 gegen 20 Stimmen beschlossen, die Helmuth-Zimmerer-Straße in Angermaierstraße umzubenennen. Kein Ratsmitglied plädierte dafür, dass die Straße auch künftig nach Würzburgs Oberbürgermeister von 1956 bis 1968 heißen soll. Umstritten war der künftige Namensgeber.

    Auslöser einer Ratsdiskussion mit unklarem Hintergrund war der SPD-Stadtrat Heinrich Jüstel. Er ist es gewesen, der im September 2012 den Antrag gestellt hat zu prüfen, ob die Straße denn einen würdigen Namenspatron habe.

    Rechtschreibschwächen in der Helmuth-Zimmerer-Straße?

    Schon im Oktober 2012 schickte der damalige OB Georg Rosenthal den Anwohnern eine Liste mit Namenskandidaten Namensgebern, unter ihnen der Würzburger Nazi-Gegner Georg Angermaier und der Astronom Nikolaus Kopernikus. Favorit im Rathaus war von Anfang an Angermaier.

    Im September 2013 wandte Jüstel sich schriftlich an Rosenthal mit der Nachricht, Anwohner, mit denen er gesprochen habe, lehnten Angermaier ab; sie zögen Kopernikus (1473 bis 1543) vor. Der Name „Dr.-Georg-Angermaier-Straße“ sei „viel zu lang“ und „immer wieder“ müsse die richtige Schreibweise „nachgefragt“ werden.

    Der Nazi-Gegner und sein spätmittelalterlicher Konkurrent

    Rosenthals Umfrage, eine weitere seines Nachfolgers Christian Schuchardt und eine dritte von Jüstel selbst ergaben große Mehrheiten für Kopernikus. Schuchardt berichtete im Rat, in den städtischen Umfragen hätten 24 von 46 erreichten Haushalten für Kopernikus votiert, zwei für Angermaier.

    Jüstel sagt, er habe 76 Anwohner erreicht, von den sich 53 für den Astronomen ausgesprochen hätten und sieben für Angermaier.

    Wie kommt es, dass so viele für den Astronomen sind?

    Wie die Mehrheiten zusammenkamen, ob die Anwohner über die Verdienste Angermaiers informiert waren, ob für Kopernikus, der keinen Bezug zu Würzburg hat, geworben wurde, ist unklar.

    Informationen unserer Redaktion zufolge rührte Jüstel die Trommel für Kopernikus. Er sagt dazu, er habe sich der Meinung von 15 Anwohnern angeschlossen, die sich an ihn gewendet hätten.

    Vorwürfe gegen den SPD-Stadtrat Heinrich Jüstel

    Vorwürfe, er, ein bekennender Atheist, sei gegen Angermaier gewesen, weil der ein bekennender Katholik war, nennt er „schlicht falsch“. Ihm persönlich sei es „vollkommen wurscht“, nach wem die Straße heißt. Er sei für Kopernikus gewesen, „weil die meisten Leute auch dafür waren“. Zudem sei der Astronom „über allem Verdacht erhaben“, da könne man sicher sein, dass die Straße nicht noch einmal umbenannt wird.

    Auskünfte darüber, wer Angermaier ist, habe er den Bewohnern nicht gegeben. Im Gespräch mit der Redaktion sagte er, das sei nicht seine Aufgabe, „die Leute sollen sich selbst informieren“.

    nannte er „Propaganda“.

    Keine Debatte über historische Dimensionen

    So diskutierten die Stadträte, welche Konsequenzen aus den Bürgerbefragungen zu ziehen sind, von denen nur Jüstel wusste, wie ihr Ergebnis zustande kam.

    Heinrich Jüstel, SPD-Stadtrat
    Heinrich Jüstel, SPD-Stadtrat Foto: SPD

    Die Fraktionsmitglieder von FWG, FDP und ÖDP, je drei, wollten dem Ergebnis der Befragungen folgen. In den anderen Fraktionen herrschte Uneinigkeit; einige Grüne, Sozialdemokraten und Christsoziale plädierten dafür, vor einer Abstimmung mit den Anwohnern zu reden.

    Gisela Pfannes (SPD) sagte, „entweder ich mache eine Bürgerbeteiligung und nehme sie ernst oder ich lasse sie sein“. Sebastian Roth (Linkspartei) wollte „Angermaier nicht in den Schatten stellen, sondern den Bürgerwillen respektieren“.

    Die dreiköpfige WL meldete sich nicht zu Wort.  

    Von der Ehre, in einer Nazi-Gegner-Straße zu wohnen

    OB Schuchardt plädierte für Angermaier. Er zitierte aus der Zusammenfassung eines Angermaier-Symposiums im Jahr 2013. Danach wirkte der Jurist „rastlos gegen das verbrecherische Regime“. Angermaier habe „beträchtliche Teilerfolge“ erzielt, sei vor persönlichen Konsequenzen nicht zurückgeschreckt und als „aufrechter Kämpfer gegen die NS-Diktatur zu bezeichnen“.

    Schuchardt sagte, er empfände es als Ehre, in einer Straße zu wohnen, die nach einem Widerstandskämpfer benannt ist, „weil es davon nicht allzu viele gab“.

    Die Bürger und die Hoheit des Stadtrats
     

    Von einer Vertagung der Abstimmung hielt er nichts. Die Angelegenheit sei entscheidungsreif, nach einem Bürgergespräch sähe das Ergebnis nicht anders aus.

    Würzburg, Lengfeld, Helmuth- Zimmerer-Straße
    Würzburg, Lengfeld, Helmuth- Zimmerer-Straße Foto: Thomas Obermeier

    Einige stimmten ihm zu, wie Benita Stolz (Grüne). Sie meinte, „wenn wir eine Bürgerbefragung gemacht hätten, hätten wir immer noch eine Carl-Diem-Halle und keinen Oskar-Laredo-Platz und keine Ilse-Totzke-Straße“. Die Namensnennung liege in der Hoheit des Stadtrates, der beschlossen solle, „was er für gut hält“.

    Ein Zeichen für den Widerstand

    Wolfgang Baumann (ZfW) forderte, der Stadtrat müsse „ein Zeichen setzen“ und „für den Widerstandskämpfer eintreten“. Das Votum der Anwohner sei „nicht überzeugend“. Er bedaure zudem, dass Jüstel „nicht die Gelegenheit wahrgenommen hat, bei den Betroffenen für den Widerstandskämpfer zu werben“.

    Von den großen Fraktionen stimmte die CSU mit 15 zu eins für die Angermaierstraße, die SPD mit sechs zu zwei dagegen, die Grünen mit sieben zu eins dafür. Weitere Ja-Stimmen kamen von Schuchardt, Alt-Oberbürgermeister Jürgen Weber (WL) und Baumann (ZfW).

    Es dauert noch

    Nach Auskunft der städtischen Pressestelle wird die Umbenennung „in den nächsten Monaten“ noch nicht vollzogen, weil der Organisationsaufwand recht groß sei.

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