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Greußenheim: Streit um Arztpraxis: Welche Rolle spielt die Nähe zum UL?

Greußenheim

Streit um Arztpraxis: Welche Rolle spielt die Nähe zum UL?

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    Zwei Mal hatte er es bereits an anderer Stelle versucht: Ein der Glaubensgemeinschaft Universelles Leben nahe stehender Arzt möchte jetzt in diesem Gebäude in Greußenheim eine Praxis eröffnen. Der Gemeinderat hat das aber wieder abgelehnt. 
    Zwei Mal hatte er es bereits an anderer Stelle versucht: Ein der Glaubensgemeinschaft Universelles Leben nahe stehender Arzt möchte jetzt in diesem Gebäude in Greußenheim eine Praxis eröffnen. Der Gemeinderat hat das aber wieder abgelehnt.  Foto: Herbert Ehehalt

    Es ist der dritte Versuch von Dr. Arno Schneider. Der Allgemeinmediziner möchte sich in Greußenheim als Arzt niederlassen. Doch er stößt auch dieses Mal auf Widerstand. Der Gemeinderat ist abermals dagegen. Es kommt zum Eklat. Schneider hält ein Plakat hoch. "Hätten Sie auch abgelehnt, wenn ich Jude wäre?", ist darauf zu lesen. Der Arzt spielt dabei auf seine Nähe zum Universellen Leben (UL) an. Die "Christusfreunde" haben sich unter anderem auf dem weiträumig abgeschotteten Hofgut "Terra Nova" bei Greußenheim niedergelassen. Bis zum September war Schneider als Arzt im Medizinischen Versorgungszentrum in Michelrieth - eine vom UL getragene Klinik - tätig.

    Schneider beschwert sich beim Landratsamt

    Schneider will im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses in der Malteser Straße eine Privatarztpraxis eröffnen und stellte den Antrag, dafür eine Wohnung umnutzen zu dürfen. Aber der Gemeinderat will nicht zustimmen, weil dort nur ein Parkplatz – statt der von der Verwaltung geforderten fünf Stellplätze – vorhanden ist. Der Tagesordnungspunkt wird vertagt. Das Landratsamt soll sich damit beschäftigen. 

    Kurz darauf beschwert sich Schneider schriftlich bei der Kreisbehörde. Er greift dabei Bürgermeisterin Karin Kuhn scharf an. "Sie ist meiner Ansicht nach die Willkür in Person", heißt es wörtlich. Der Arzt wollte zuerst auf Gut "Terra Nova" eine Praxis eröffnen. Dann stellte sich aber heraus, dass das Gebäude, in dem die Praxisräume eingerichtet werden sollten, ohne Baugenehmigung errichtet wurde. Und deswegen konnte eine Nutzungsänderung nicht erlaubt werden. Schneiders zweiter Antrag wurde im Oktober vom Gemeinderat behandelt. Dieses Mal wollte er eine Scheune in der Greußenheimer Ortsmitte nutzen. Bürgermeister Karin Kuhn hatte sich aus "emotionalen" Gründen dagegen ausgesprochen. "Ich muss meinen Lebensunterhalt verdienen", schreibt Schneider ans Landratsamt – und will notfalls auf Gut "Terra Nova" eine Praxis eröffnen, als "vorübergehende Maßnahme so lange bis das Landratsamt eine Genehmigung erteilt hat". 

    Hausärzte aus Leinach praktizieren bereits in Greußenheim

    War es wirklich Willkür? Und was versteht die Bürgermeisterin unter emotionalen Gründen? Im Gespräch mit dieser Redaktion erläutert sie, dass die Gemeinde in den vergangenen 40 Jahren immer wieder versucht habe, einen Hausarzt und einen Physiotherapeuten nach Greußenheim zu holen. Immer ohne Erfolg. Nach vielen Verhandlungen sei es schließlich gelungen. Ärzte aus Leinach haben im Jahr 2016 eine Filial-Praxis eröffnet. Auch einen Physiotherapeuten gibt es mittlerweile in Greußenheim. "Der will sich etwas Größeres aufbauen", sagt Kuhn.  

    Gemeinde entscheidet nicht, welcher Arzt sich niederlässt

    Und die Nähe zum UL? "Das ist mir so egal. Das kann jeder machen, wie er möchte", sagt die Bürgermeisterin. Wirklich? Denn Schneider plant eine Privatpraxis, tritt also nicht in Konkurrenz zu den Hausärzten in Leinach. "Aber er wollte auch eine Physiotherapiepraxis eröffnen", erwidert Kuhn. 

    "Eine Gemeinde kann im negativen Sinn eigentlich nicht darauf Einfluss nehmen, welcher Arzt sich in einem Ort niederlassen möchte", sagt Dr. Markus Beier, seit kurzem Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes. Ist ein Arztsitz frei, entscheide der Zulassungsausschuss nach formalen Kriterien, wer sich niederlassen darf. "Verhindern kann die Gemeinde das nur, wenn Verfehlungen nachzuweisen sind." Dazu gehöre weltanschauliche Werbung in der Praxis. "Das kann man dann der kassenärztlichen Vereinigung melden", so Beier. 

    Gemeinderat wird ein viertes Mal über die Arztpläne entscheiden

    Er kann aber die Gemeinde gut verstehen, wenn sie keinen Arzt im Ort haben möchte, der dem UL nahe steht. Denn er kennt Fälle, in denen Patienten nicht die richtigen medizinischen Behandlungen bekommen haben. "Mir tut das im Herzen weh, wenn ich sehe, was in den entsprechenden Praxen angeboten wird." Auch Arno Schneider ist nicht nur als Allgemeinmediziner tätig. In seinem Briefkopf führt er Naturheilverfahren, Homöopathie und Chirotherapie an. 

    Wenige Tage nach der Gemeinderatssitzung hat sich Schneider bei der Bürgermeisterin für sein Auftreten in der Gemeinderatssitzung entschuldigt. "Er möchte neue Pläne vorlegen", sagt die Bürgermeisterin. Schneider bestätigt dies. "Ich bin einfach froh darüber, dass nun eine einvernehmliche Lösung gefunden wurde", sagt er  auf Nachfrage. Auf eine Physiotherapiepraxis möchte er nun verzichten. Aber er betont, dass er von Anfang an privatärztlich tätig sein wollte. "Es wäre also keine Konkurrenz entstanden", sagt er. "Da kann jetzt jeder seine Schlüsse daraus ziehen."

    Der Gemeinderat wird jetzt erneut, dann zum vierten Mal, über Schneiders Pläne beraten.

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