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WÜRZBURG: Streit um Lehrer: Statt Ferien wartet die Arbeitslosigkeit

WÜRZBURG

Streit um Lehrer: Statt Ferien wartet die Arbeitslosigkeit

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    Der CSU-Bildungspolitiker Oliver Jörg (links) und der Bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Martin Güll sind sich beim Thema Lehrerstellen nicht einig.
    Der CSU-Bildungspolitiker Oliver Jörg (links) und der Bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Martin Güll sind sich beim Thema Lehrerstellen nicht einig. Foto: Foto: Daniel Peter

    Ferienbeginn – das heißt für einige hundert Lehrer in Bayern: Beginn der Arbeitslosigkeit. Steigen junge Lehrkräfte erst während des Schuljahres – nach dem 1. Oktober – ein, werden sie zum 31. Juli wieder entlassen. In der Regel finden sie zum neuen Schuljahr erneut eine Anstellung. In der sechswöchigen Ferienzeit spart sich der Freistaat die Bezahlung.

    Antrag der SPD im Landtag von CSU-Mehrheit abgelehnt

    Die Opposition im Landtag hält diese Befristungen für skandalös. Vergangene Woche brachte die SPD einen Dringlichkeitsantrag ein, befristet beschäftigte Lehrer künftig nicht mehr mit den Sommerferien in die Arbeitslosigkeit zu schicken. Die CSU-Mehrheit im Landtag lehnte den Antrag einstimmig ab.

    Bayerns SPD-Chefin Natascha Kohnen nennt die Einstellungspolitik der Staatsregierung„unanständig“. Durch die Befristungen könnten Lehrer weder im Beruf noch familiär planen. Die SPD verweist auf Zahlen des Kultusministeriums, wonach im letzten Jahr über 7000 Lehrkräfte befristet angestellt waren. 860 von ihnen hätten sich im Sommer arbeitslos gemeldet.

    „Brauchen jeden, den wir prekär beschäftigen“

    Dabei „brauchen wir jeden, den wir hier prekär beschäftigen“, sagte Martin Güll, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, am Rande eines Kongresses in Würzburg. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) hatte Abgeordnete der Landtagsparteien zur Diskussion über die bayerische Bildungspolitik geladen.

    SPD-Mann Güll fordert, den Schulen zehn Prozent zusätzliches Personal als Reserve zu geben: „Damit kann der Unterrichtsausfall aufgefangen werden, und 70 bis 80 Prozent der Befristungen wären zu vermeiden.“ An den Grundschulen brauche es zur Betreuung mehr pädagogische Hilfskräfte. „Wir müssen umdenken“, sagt Güll. „Der Lehrer allein kann nicht mehr alles schultern.“ Und mehr Lehrer seien nötig, um Klassen an Gymnasien und Realschulen zu verkleinern.

    SPD sieht Fürsorgepflicht als Arbeitgeber verletzt

    Umso unverständlicher seien die Befristungen. Der Würzburger Landtagsabgeordnete Georg Rosenthal (SPD) kritisiert, dass Lehrer mit einem Elf-Monats-Vertrag keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hätten. „Hier geht es um die Fürsorgepflicht als Arbeitgeber.“

    Für die CSU verwies der Würzburger Landtagsabgeordnete und Hochschulpolitiker Oliver Jörg in der Diskussion darauf, dass mit dem Bildungspakt 2000 neue Lehrerstellen beschlossen wurden. Ministerpräsident Markus Söder habe weitere 2000 Stellen im Rahmen der Bildungsoffensive Plus angekündigt.

    CSU-Abgeordneter Jörg: Als Ausnahme müssen Befristungen möglich sein

    Grundsätzlich, so Jörg gegenüber dieser Redaktion, sollten Lehrkräfte Beamte und Befristungen nur die Ausnahme sein – etwa für Vertretungen bei Mutterschutz oder Krankheit. Wenn 860 von 155 000 Lehrern in Bayern von auslaufender Befristung und Arbeitslosigkeit betroffen sind, seien das lediglich 0,5 Prozent des Gesamtpersonals. In Baden-Württemberg liege die Zahl mit 1680 doppelt so hoch.

    Heißt auch: Die beiden Südländer schicken deutschlandweit mehr als die Hälfte aller 4900 betroffenen Lehrer in die Arbeitslosigkeit.

    Beamtenstatus nicht als Automatismus

    CSU-MdL Jörg sieht die Problematik der Einzelfälle, sagt aber: „Jeder, der die Staatsnote schafft, wird fest im Beamtenverhältnis eingestellt.“ Aus einer Befristung dürfe sich kein Anspruch auf automatische Verlängerung oder gar Übernahme in das Beamtenverhältnis ableiten.„Das widerspricht auch dem Leistungsgedanken“ und sei verfassungsrechtlich bedenklich. Der Angestellte müsse sich wie alle anderen der aktuellen Bewerbungssituation stellen.

    Der Abgeordnete räumt ein, dass die Lehrerversorgung an Grund- und Mittelschulen angespannt ist– sie sei aber gesichert, nicht zuletzt durch umgeschulte Realschul- und Gymnasiallehrer. „Auch Pensionisten und Beurlaubte springen ein.“ Er wolle sich generell aber für mehr Lehrer einsetzen, so Jörg.

    VBW-Diskussion: Mehr für Digitalisierung und gegen Fachkräftemangel tun

    In der VBW-Diskussion über die Bildungspolitik standen Digitalisierung und Fachkräftemangel im Mittelpunkt. Die Parteienvertreter forderten mehr Investitionen in digitale Technik an Schulen genauso wie in die Lehrerfortbildung. Und bei der Beruforientierung junger Menschen brauche es eine bessere individuelle Begleitung. Der stellvertretende VBW-Geschäftsführer Christof Prechtl: „Wir schaffen es zu wenig, die Beratung auf die persönlichen Stärken der Schüler auszurichten.“

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