Anregend, bisweilen sogar aufwühlend verlief der Dienstagabend am Landesgarten-Belvedere: Zehn Auftritte gaben einen Einblick in die Möglichkeiten des künstlerischen Tanzes. Die bewegen sich zwischen den Polen Meditativer Jogatanz und Breakdance, Eurythmie und Flamenco. Jedes Ensemble beziehungsweise jede Solistin legte zwei- bis achtteilige Performances hin. Im Schnitt gab’s also wohl 30 Nummern, da war der etwas aufwändige Titel "Tanzvielfalt_2(.)0" nicht unzutreffend.
Gut gemischt waren nicht nur die Stile, sondern auch die Niveaus. Profiprojekte wechselten sich mit Schülerinnen-Shows aus Tanz- und Ballettschulen ab, wobei in fast jeder Nachwuchsgruppe mindestens ein Mitglied absolut mitreißende Energie und Präzision an den Tag legte. So fegten große Mädelstruppen mit flinken Hip-Hop-Moves über das Bühnenpodest; das Ensemble der Schule Dance Encore sorgt ansonsten auch schon mal am Rand von Basketballspielen für Stimmung.
Stilübergreifende Improvisation
Wie man sich als Zuschauer in Zeitgenössischen Tanz einfühlen kann, das konnte das Publikum – zwischen 50 und 70 an der Zahl – bei den Elevinnen vom Tanzraum Lisa Kuttner ebenso erproben wie beim Duo von Andrea Kneis und Johannes Beck-Neckermann, die die Form des Tango dekonstruktiv und mit den Werkzeugen der so genannten Kontaktimprovisation auseinandernahmen. Im Kontrast dazu operiert die Dreamscapes Crew. Diese Breakdancer waren als Trio vertreten, unter anderem mit dem Physiotherapeuten und Tanzlehrer Dominik Blenk, der den Abend auch auf angenehm lockere Weise moderierte. In größerer Gang errang die Crew vor drei Jahren bei einer Weltmeisterschaft der International Dance Organisation einen von acht Street-Dance-Titeln mit extremer Geschwindig-, Gelenkigkeit und mit abriebfesten Handballen.

Mut zeigten die Straßenjungs auch: Zum Finale erklärten sie sich bereit, mit drei eher ruhigen Vertreterinnen des Tanztheaters zu improvisieren. Der Reibungspunkt war klar: Gerade die Kontaktimpro von Kneis und Kuttner verläuft derart nach innen gekehrt, dass sie gemeinhin ohne Publikum zelebriert wird. Ein größerer Gegensatz zu den extrovertierten Showmen à la Bronx ist schwer denkbar.
Bekenntnis zum "Flow"
Was für die Buben erschwerend hinzukam: Die Tanztheaterdamen hatten zwecks musikalischer Anregung einen Akkordeonisten mitgebracht, der abstraktere Klangflächen als die frühen Pink Floyd produzierte. Trotzdem schaffte die Dreamscapes Crew es bald, sich mit ihrem eigenen Tempo in das langsam wogende Bühnengeschehen einzubringen. Moderator und Breakdancer Blenk hatte früh am Abend schon ein Bekenntnis zum "Flow", zum Im-Fluss-Sein als wichtigem Kriterium für gelingendes Tanzen abgelegt. Jetzt bewies er, dass er es auch praktisch kann. So fanden die extrem unterschiedlichen Künstlerinnen zu einem verblüffend einheitlichen Schlussbild. Vielfalt zahlte sich aus.
Organisiert hatten den Abend Marius Krisan, Ballettmeister am MainfrankenTheater, Lisa Kuttner und Mercedes Sebald, die Leiterin der Flamenco-Truppe Lejos de Sevilla, die am Donnerstag einen ganzen spanischen Abend ans Belvedere bringt. Anstoß und Unterstützung gab das städtische Kulturamt. Außer den genannten traten auf: Barbara Hennerfeind, Tanzschule Dance Steps, Tanz- und Ballettschule Olena's Oriental und die Ballettschule MainRythmie.
