Wer in Deutschland einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen will, muss oft Hürden überwinden: Nur wenige Kliniken und Praxen bieten Abbrüche an. Seit 2003 hat sich die bundesweite Zahl der Praxen und Kliniken sogar halbiert, so das Statistische Bundesamt. Die Lage wird sich in den nächsten Jahren wohl noch verschlechtern. Denn viele der Ärztinnen und Ärzte, die heute noch abtreiben, stehen kurz vor der Rente. Die Organisation Correctiv.Lokal hat daher eine deutschlandweite Recherche zum Thema Abtreibung ins Leben gerufen, an der sich auch die Main-Post beteiligt.
Deutschland steuert auf einen Versorgungsengpass zu
Auch in Unterfranken ist die Versorgungslage nicht gut, das bestätigte auch Beate Schlett-Mewis von der Schwangerschaftsberatungsstelle von Pro Familia Würzburg. Ungewollt Schwangere müssten lange Wege zur Klinik oder Praxis und längere Wartezeiten bis zu einer Abtreibung in Kauf nehmen – eine finanzielle, psychische und physische Belastung. In den vergangenen anderthalb Jahren habe außerdem die Pandemie den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen erschwert.
Ungewollt Schwangere müssen für eine Abtreibung eine anerkannte Beratungsstelle besucht haben und der Eingriff muss innerhalb einer bestimmten Frist stattfinden. Sind diese Bedingungen erfüllt, bleibt die Abtreibung nach Paragraph 218 des Strafgesetzbuches straffrei.
Umfrage läuft noch bis zum 15. November
Betroffene Frauen können noch bis 15. November anonym ihre Erfahrungen über eine Webseite teilen und von ihrem Schwangerschaftsabbruch und den Hürden berichten: www.correctiv.org/dein-abbruch. "Bislang haben rund 1000 Betroffene an der Umfrage teilgenommen", sagt Miriam Lenz, die die Recherche für Correctiv.Lokal koordiniert. "Für das Vertrauen all dieser Menschen in unsere Arbeit sind wir sehr dankbar."
Lenz hofft, dass noch mehr Betroffene an der Umfrage teilnehmen. "Je mehr Menschen uns von ihren Erfahrungen bei Schwangerschaftsabbrüchen berichten, desto genauer können wir die Missstände in Deutschland recherchieren", sagt sie.
Die Umfrage ist nur ein Teil der Recherche. "In den kommenden Wochen werden wir uns zusammen mit zahlreichen Lokalmedien aus ganz Deutschland auch die Versorgungslage vor Ort anschauen, etwa durch Krankenhäuser", sagt Lenz.
Laut Schwangerschaftskonfliktgesetz müssen die Bundesländer ein ausreichendes Angebot an Praxen und Kliniken für Schwangerschaftsabbrüche sicherstellen. Doch diese wissen offenbar oft nicht, wie die Lage in ihrem Gebiet ist. Das soll die deutschlandweite Recherche nun klären.