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Würzburg: Unterfränkische Grundschullehrer planen den Widerstand

Würzburg

Unterfränkische Grundschullehrer planen den Widerstand

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    Lehrer aus der Region überlegen sich offenbar, ob sie angesichts der angekündigten Zusatzbelastung weiter freiwillige Zusatzaufgaben wie Klassenfahrten oder Organisation von Schulfesten übernehmen sollen.
    Lehrer aus der Region überlegen sich offenbar, ob sie angesichts der angekündigten Zusatzbelastung weiter freiwillige Zusatzaufgaben wie Klassenfahrten oder Organisation von Schulfesten übernehmen sollen. Foto: imago stock&people

    Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Unterfranken (GEW) kündigt Widerstand gegen die Personalpolitik von Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) an. Noch im Januar wollen gewerkschaftlich organisierte Lehrer demonstrieren. "Es reicht!", sagt Unterfrankens GEW-Bezirksvorsitzender Martin Heilig.

    Laut GEW diskutieren die Lehrer derzeit Maßnahmen des passiven Widerstands wie "Dienst nach Vorschrift" oder "Streichung der privaten Ausgaben für den Unterricht". Offenbar überlegen sich Lehrer aus der Region auch, ob sie angesichts der angekündigten Zusatzbelastung weiter freiwillig Zusatzaufgaben wie die Begleitung von Klassenfahrten oder die Organisation von Schulfesten übernehmen sollen. 

    Statements von "Piazolo-Betroffenen" zeigen Vielzahl an Problemen

    Zu den neuen Maßnahmen von Piazolo gehören die Einforderung einer Zusatz-Unterrichtsstunde für Grundschullehrer, die Verordnung einer längeren Lebensarbeitszeit, die Abschaffung von Sabbat-Jahren und die Einschränkung von Teilzeitarbeit auch für die Lehrer anderer Schularten. Dazu hat die GEW Unterfranken Statements von "Piazolo-Betroffenen" gesammelt. Die teils sehr emotional gehaltenen Texte zeigen, wie wütend die Pädagogen sind. Sie zeigen auch, wie viele Probleme sich in den letzten Jahren angesammelt haben und wie hoch das Frust-Level ist. 

    Bei manchen Junglehrern führt offenbar die eingeforderte Zusatzstunde dazu, den Beruf selbst in Frage zu stellen.  "Ich fühle mich jetzt schon überfordert und das, obwohl ich jetzt schon weit unter den (angestrebten) 29 Stunden arbeite", erklärt eine Referendarin aus Unterfranken. Sie werde nach dem Referendariat wohl nicht weiter im Schuldienst arbeiten. Sie könne verstehen, wenn –auch angesichts der schlechteren Bezahlung im Vergleich zu Gymnasial- und Realschullehrern – kaum jemand an Grundschulen unterrichten wolle.   

    Nicht alle Referendare wollen nach ihrer Ausbildung den Platz ganz vorne an der Tafel ein Leben lang einnehmen. Schon Referendare fühlen sich überfordert. 
    Nicht alle Referendare wollen nach ihrer Ausbildung den Platz ganz vorne an der Tafel ein Leben lang einnehmen. Schon Referendare fühlen sich überfordert.  Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Lehrkraft beschreibt knallharten Alltag in einer fränkischen Grundschulklasse

    Wie knallhart der Alltag in einer Grundschulklasse sein kann, beschreibt eine erfahrene Lehrerin. Ihre Sätze lassen erahnen, dass die Belastungsgrenze für Lehrer auch mit den derzeit 28 Stunden erreicht ist.  Die Pädagogin schildert etwa Kinder mit mangelhaften Sprachkenntnissen oder "ADHSler, die wie die Flummibälle durchs Klassenzimmer zischen". Nebenher habe sie, so die Lehrerin, "dank Inklusion ohne begleitende Maßnahmen auch noch kompetente Binnendifferenzierung durchzuführen".

    Die sehe so aus: "Die potentiellen Gymnasiasten verlangen nach Anreicherung des Stoffes, weil sie sich tödlich langweilen (und deswegen allerlei Schabernack treiben), während gleichzeitig andere noch immer nicht kapiert haben, was eigentlich ein Pluszeichen ganz praktisch bedeutet. In dieses Chaos schneien alle Nase lang die Vorgesetzten herein, um einem Beurteilungen nach Gauß'scher Normalverteilung um die Ohren zu hauen." Ironisch setzt die Pädagogin hinzu: "Wenn das nicht motiviert!" 

    Bereitschaft zum Demonstrieren bei Lehrkräften aus der Region

    Bitterkeit durchzieht Kommentare älterer Lehrerinnen, die offenbar das Gefühl haben, dem Staat, der Schule und den Schülern alles gegeben zu haben und dafür jetzt schlecht entlohnt zu werden. "Für mich persönlich ist die Streichung des Antragsruhestands ein Schlag ins Gesicht. Ich bin 60 Jahre alt und möchte mit 64 aussteigen. Schon jetzt fällt es mir schwer, mein tägliches Arbeitspensum zu erfüllen." Sie habe früher kaum je Krankheitstage genommen, schreibt die Frau, und habe so vielleicht auch Raubbau an ihrer Gesundheit betrieben. "Ich stelle mich voll hinter die gemachte Kampfansage." Und eine Kollegin schreibt: "Ich frage mich, ob wir die Deppen vom Dienst sind. Ich wäre bereit, auf Demos mitzugehen."  

    Nicht nur bei der GEW zweifelt man an der Sinnhaftigkeit von Piazolos Maßnahmen. "Wen treffen die Maßnahmen der Staatsregierung? Alle, die ohnehin schon am Limit sind – aus den verschiedensten Gründen. Kolleginnen mit kleinen Kindern oder pflegebedürftigen Eltern. Kolleginnen, die kurz vor dem Burnout stehen. Oder einen solchen bereits hinter sich haben. Die Konsequenz? Noch mehr Lücken wegen langfristiger psychischer Erkrankungen", prognostiziert  Sabine Huppmann, die Kitzinger Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands.

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