Unterschiedlicher könnten die Fragen kaum sein, die die Tierbesitzer im Ochsenfurter Bürgerkeller umtreiben: "Mein Hund verschlingt seine Rinderohren, ohne zu kauen. Was mache ich, wenn er Atemnot bekommt?", "Meine Katze frisst meine Rosen. Sind die giftig?", "Wenn ich auf dem Klo bin, setzt sich meine Katze vor mich hin und schlägt einen Purzelbaum - warum?" Auf manches weiß Tierheilpraktikerin Miriam Steinmetz eine Antwort, auf anderes nicht. Zum ersten Mal hält sie in Ochsenfurt den Volkshochschulkurs "Erste Hilfe für Hund und Katze." Das Purzelbaum-Mysterium bleibt übrigens bis zum Schluss ungelöst.
Etwa ein Dutzend Interessierte haben sich angemeldet, deutlich mehr Katzen- als Hundebesitzer. Für sie hat Miriam Steinmetz einen Überblick über die gängigsten Notfälle erstellt, die das Haustier ereilen können - und was Herrchen oder Frauchen dann unternehmen kann. Ob beim Hund die Kralle abgerissen ist, oder sich die Katze mit Karacho von der Mauer gestürzt hat: "Ruhe bewahren" lautet das oberste Gebot im Umgang mit kranken oder verletzten Tieren.
Verletzte Katzen sind mit Vorsicht zu genießen
Die Tierheilpraktikerin weist darauf hin, dass auch das friedfertigste Tier einen äußerst unleidlichen Patienten abgeben kann. Tiere können ganz anders reagieren, wenn sie Schmerzen haben. Vor allem Katzen. Wenn Miriam Steinmetz vor der Wehrhaftigkeit der Samtpfoten warnt, klingt durch: In Sachen Gewaltbereitschaft lässt die gewöhnliche Hauskatze Hooligans wie Waisenknaben aussehen. "Bei Augenverletzungen versuchen die Tiere oft, mit den Pfoten hinzulangen", erklärt Steinmetz. Man könne dann versuchen, die Pfoten festzuhalten. "Nur bei der Katze machen Sie das nicht. Oder Sie machen es, um hinterher selbst eine Notaufnahme aufzusuchen."
"Wenn Sie verfressene Tiere haben, kaufen Sie nur noch weiße Schokolade." Miriam Steinmetz, Tierheilpraktikerin
Über Augenverletzungen erfahren die Tierbesitzer ein bisschen mehr, als sie eigentlich wissen wollen. Etwa, dass die Augäpfel nach vorne herausfallen können, wenn ein kleiner Hund von einem großen gepackt und kräftig geschüttelt wird. Dann, sagt Steinmetz, heiße es nur noch: den Hund ins Auto packen, Vollgas und ab zum Tierarzt. "Und der Tierarzt ploppt die dann einfach wieder rein, oder was?", fragt eine Teilnehmerin fassungslos. Was der Tierarzt im Einzelnen tut, kann Miriam Steinmetz nicht sagen. Denn das ist nicht das Thema des Kurses. Hier geht es um Erste Hilfe, also Notfallmaßnahmen, die Tierbesitzer ergreifen können, bis professionelle Hilfe kommt.
Vergiftungen sind ein großes Thema
Zu Demonstrationszwecken hat die Tierheilpraktikerin einen äußerst friedfertigen Mitarbeiter mitgebracht. Gustl, der Stoffhund, lässt sich klaglos die Pfoten schienen, den Puls fühlen, das Bein verbinden und sich per Mund-zu-Nase-Beatmung wiederbeleben. Zu dieser Methode zeigt Steinmetz, wie man mit Daumen und Zeigefinger einen Ring bildet, der einen gewissen Abstand zur Hunde- oder Katzennase gewährleistet. Obgleich sie davon überzeugt ist, dass auch atemberaubender Mundgeruch des Lieblings im Zweifel keinen Tierbesitzer von lebensrettenden Sofortmaßnahmen abhalten wird.
Ein großes Thema sind Vergiftungen. Ihre eigenen Hunde lässt die Tierheilpraktikerin niemals aus Pfützen trinken. Es besteht die Gefahr, dass der Regen Glyphosat aus nahen Feldern herausgewaschen haben könnte. Und Schneckenkorn gehört laut Steinmetz nicht in den Garten eines Tierbesitzers. "Leider schmeckt das süß", erklärt sie. A propos süß: Noch immer hat sich nicht bis zu jedem Tierbesitzer herumgesprochen, dass Schokolade den Vierbeiner umbringen kann. Je kleiner des Tier, und je dunkler die Schokolade, desto größer die Gefahr. Ein Chihuahua und eine halbe Tafel Zartbitter unbeobachtet im selben Raum - keine gute Kombination, denn das kann bereits tödlich enden.
Den Giftnotruf ins Handy speichern
"Da ist Theobromin drin", verrät Miriam Steinmetz. Eine Substanz in der Kakaobohne, die der Mensch relativ schnell abbaut, Hunde und Katzen aber nicht. "Wenn Sie verfressene Tiere haben, kaufen Sie nur noch weiße Schokolade", empfiehlt die Tierheilpraktikerin. Von spezieller Hundeschokolade hält sie nichts; genauso wenig wie eine Kursteilnehmerin, der dieses Produkt zum Verzehr schon einmal untergejubelt wurde und die es nicht als kulinarisches Glanzlicht in Erinnerung hat.
Giftig ist leider auch vieles, was das Gärtnerherz erfreut: Engelstrompete, Oleander, Weihnachtsstern, Eisenhut, Thuja, Rhododendron. Da das Grünzeug zumindest nicht lecker ist, fallen hauptsächlich neugierige Jungtiere diesen Pflanzen zum Opfer. Miriam Steinmetz empfiehlt für solche Eventualitäten, die Telefonnummer des Giftnotrufs ins Handy zu speichern, ebenso wie die des Haustierarztes und der nächstgelegenen Tierklinik.
Große Fremdkörper sollte man stecken lassen
Der mehr als zweistündige Kurs vermittelt eine Vielzahl von Kenntnissen, die kaum ein medizinisch unbeleckter Kursteilnehmer alle behalten kann. So mancher schreibt deshalb eifrig mit. Große Fremdkörper steckenlassen, stark blutende Wunden mit einem Druckverband versehen, überhitzte Tiere zügig abkühlen, halb erfrorene dagegen sehr langsam aufwärmen, lauten einige der hilfreichen Hinweise. Und solche, die auf der Toilette Purzelbäume schlagen, am besten einfach machen lassen.