Adolf Kessler hat Zeit. Zeit für Geschichte. Vor vielen Jahren hat er eine umfangreiche Ortschronik über Albertshausen herausgebracht. Jetzt hat er sich der Geschichte Lindflurs angenommen. Weil sein Vater ein Lindflurer ist, sei er auf die Idee gekommen, sich auch dort um das Bewahren der Geschichte zu kümmern, sagt er. Von Haus zu Haus ist er gegangen. Von Familie zu Familie. Drei Monate lang. Hat mit den Bewohnern über die Vergangenheit gesprochen. „Die Leute sind hellauf begeistert, dass ich das mache“, erzählt der ehemalige Kreisrat.
Rund 230 Bilder hat er gesammelt. Namen und Informationen dazu. Vom Jahr 1800 bis heute. Erstaunliches ist dabei herausgekommen. Zum Beispiel, dass es bei nur 200 Einwohnern etwa 40 Geschäftsleute gab. „Ein Wahnsinn“, meint er. So waren gleich zwei Hefehersteller im Ort, die sowohl Hefe zum Backen als auch zum Bierbrauen produzierten. Eine davon war die „Hefe-Sofie“.
Mehrere Familien waren als Hefehändler tätig. Sie brachten die Ware mit Schubkarren teilweise bis nach Oberfranken. Da wundert es nicht, dass es in Lindflur auch eine Brauerei gab mit dem Namen „Zum Goldenen Ross“. Mitten im Ort. Adam Dauch aus Winterhausen begann 1828 mit dem Bau. 80 Prozent seines Bieres war damals schon Weizenbier. Absolut erstaunlich, meint Keßler.
Die dazugehörige Gastwirtschaft stammt aus dem Jahr 1760 und steht heute noch. Mit der dazugehörigen Glocke. „Immer, wenn ein Sud fertig war, hat der Bierbrauer geläutet und die Leute konnten das Bier holen“, weiß Keßler. Bis Anfang der 1940er Jahre existierte die Brauerei. Auch eine Mühle hatte der Ort einst. Und ein Schloss. Oder zumindest ein Herrenhaus. So genau wisse man das nicht. Nur ein Straßenschild „Geyerschloss“ zeugt heute noch davon.
Dass verwandtschaftliche Beziehungen zwischen der Familie der Grafen von Wolffskeel und den Geyer von Giebelstadt bestanden haben, hat Keßler im Staatsarchiv Würzburg herausgefunden. Aus Unterlagen geht hervor, dass die Mutter des Johann Christopf Wolffskeel von Reichenberg eine Amalia Rosina Geyerin von Giebelstadt war. Allerdings sind weder für ihn noch seine Eltern Lebensdaten bekannt. Die Geyerin brachte vermutlich den Namen für das vermeintliche Schloss mit. Ein Gutshof der Familie von Wolffskeel, zugeteilt im Jahr 1551, gehörte dazu. Bis 1721 wohnten die Wolffskeel in Lindflur im Schloss. Johann Wolfgang Albrecht von Wolffskeel, Amtmann in Schwabach und Roth, war zumindest ab und zu noch da und starb 1721.
Wer mehr über die Geschichte Lindflurs erfahren will, hat am Sonntag, 18. Mai, von 10 bis 18 Uhr, Gelegenheit dazu. Um 10 Uhr eröffnet Keßler seine Ausstellung „Lindflur – Ein Dorf im Wandel der Zeit“ im Bürgerhaus Lindflur.
Die Schirmherrschaft hat Landrat Eberhard Nuß übernommen. Damit schenke Keßler den Lindflurer Bürgern etwas sehr Wertvolles, nämlich seine „mit viel Herzblut und Geduld erarbeiteten und gesammelten Informationen, Bilder und historischen Fakten, die sonst verloren gegangen wären“. Diesen Blick in die Ortsgeschichte sollte niemand versäumen, meint der Landrat.