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Güntersleben: Was es mit dem verschwundenen Waldhaus des Industriellen Rockenmeyer auf sich hat

Güntersleben

Was es mit dem verschwundenen Waldhaus des Industriellen Rockenmeyer auf sich hat

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    Das Waldhaus des Günterslebener Unternehmers Rockenmeyer 1947.
    Das Waldhaus des Günterslebener Unternehmers Rockenmeyer 1947. Foto: Fotofreunde Güntersleben

    Vom spektakulärsten Fund der Ausstellungsmacher von "Alte Häuser. Ihre Geschichte – Ihre Geschichten" ist nicht mehr viel zu sehen. Geblieben sind nur noch die Grundmauern, überwuchert vom Wald. Dabei sollen in dem Waldhaus, das ein wohlhabender örtlicher Industrieller um 1900 im Gramschatzer Wald erbaut hat, in den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wilde Feste gefeiert worden sein. Was es mit diesem mysteriösen Ort auf sich hat, zeigt die vor kurzem im Rathaus eröffnete Ausstellung. Sie lässt damit ein vergessenes Kapitel der Günterslebener Ortsgeschichte wiedererstehen.

    Erne Odoj führte bei der Eröffnung im Rathaus in die Ausstellung ein.
    Erne Odoj führte bei der Eröffnung im Rathaus in die Ausstellung ein. Foto: Robert Issing

    Schon seit 1983 sind die Mitglieder des Volkshochschul-Arbeitskreises auf den Spuren der Ortsgeschichte, treffen sich mit Menschen, hören ihnen zu, stellen Fragen und sammeln ihre Geschichten. Mit gebotener Vorsicht. Mündliche Überlieferung sei meist stark subjektiv gefärbt, weiß Kursleiterin Erne Odoj, die gemeinsam mit Maria Lorson den Kurs leitet. Sie haben daher das Erzählte mit den bekannten Fakten, den ortsgeschichtlichen Kenntnissen des Heimatforschers und früheren Bürgermeisters Josef Ziegler sowie dem neu geordneten Gemeindearchiv abgeglichen. Auf diese Weise entstehe "ein Spiegel der großen Geschichte", erzählt Odoj.

    Das Haus im Wald ist zu einem Teil der Familiengeschichte geworden

    Auf die Geschichte des verschwundenen Jagdhauses ist der zehnköpfige Arbeitskreis bei einem Familientreffen der Familie Jansen in Güntersleben gestoßen. Die Familie hatte in den Nachkriegsjahren in dem Haus bis 1952, als sie nach Kanada auswanderte, einen Unterschlupf gefunden. Im Krieg waren hier ihre Kinder im Zuge der Kinderlandverschickung untergebracht. "In der Familie hat man diese Zeit nie vergessen, das Haus im Wald ist zu einem Teil der Familiengeschichte geworden", erzählt Odoj. Oft seien es die Kinder und Enkel, die noch immer vieles über die Lebensumstände in den Häusern und den Alltag früherer Zeiten zu erzählen wissen.

    Gasthaus Zum Hirschen
    Gasthaus Zum Hirschen Foto: Fotofreunde Güntersleben

    Bauherr des Waldhauses nahe dem inzwischen ebenfalls aufgelassenen, später angelegten Munitionsdepot war der wohlhabende Günterslebener Unternehmer Georg Rockenmeyer. Das zum Teil unterkellerte und massiv gebaute Haus wurde 1940 – die Firma war pleite – an einen Immobilienhändler verkauft. Der kriegsverwundete Tüftler Johann Jansen, seine aus Antwerpen stammende Frau Elisabeth mit jüdischen Wurzeln, die hier wohl schon seit 1944 den Krieg überlebte, sowie ihre drei Kinder sollen dort ohne Strom und fließend Wasser gelebt haben. In den Schilderungen von Besuchern der Familie nimmt die im Stil vergangener Zeiten großbürgerlich gestaltete Wohnung märchenhafte Züge an. Das Haus wechselte später mehrfach den Besitzer und verfiel.

    Das Gasthaus Warmuth
    Das Gasthaus Warmuth Foto: Fotofreunde Güntersleben

    Ein weiterer Fund ist die alte Mühle nahe der heutigen Kläranlage. Gerade ältere Ortsbewohner verbinden mit der vom Dürrbach eher schlecht als recht mit Wasser gespeisten Mühle Armut und sogar einen Mord. Ein Blick ins Gemeindearchiv hat jedoch gezeigt, dass die Mühle bessere Zeiten erlebt haben muss. Sie war lange Zeit der beste Gewerbezahler im Ort. Einige der gezeigten, alten Häuser wurden von neuen Eigentümern aufwendig renoviert und erstrahlen heute wieder im alten Glanz.

    Vor noch nicht allzu langer Zeit war Lehm als Baumaterial verpönt

    Ein Teil der Ausstellung widmet sich den Bauweisen und Materialien vergangener Zeiten. Es ist etwa noch nicht allzu lange her, dass Lehm als Baumaterial verpönt war. Als "Loemmafaal", Lehmfeld, findet es sich jedoch mit Stroh vermengt noch immer an vielen Scheunenwänden. Nicht selten griffen die Menschen auf dem Land zu kreativen Lösungen. So wie ein Bauherr, der kurz nach dem Krieg seine eigenen Dachziegel herstellte. Dafür nahm er eine aus Eisen eigenhändig gefertigte Schablone. Mit einem Abzieher ließen sich so Betonziegel herstellen, die bis heute noch das Dach einer Scheune zuverlässig bedecken.

    Einen Wunsch verbinden die Ausstellungsmacher mit ihrer Arbeit: in der Schnelllebigkeit unserer Tage innezuhalten und Altes in seinem wahren Wert in den Blick zu nehmen.

    Die Ausstellung "Alte Häuser" ist den Herbst und Winter über immer zu den Öffnungszeiten des Rathauses zu sehen. Begleitend gibt es eine informative Broschüre, die mit finanzieller Hilfe der Gemeinde entstanden ist. Die historischen Fotos stammen von den Günterslebener Fotofreunden.

    Die Häuser am Leitensee entstanden in den Jahren der Weimarer Republik in Holzständerbauweise.
    Die Häuser am Leitensee entstanden in den Jahren der Weimarer Republik in Holzständerbauweise. Foto: Fotofreunde Güntersleben
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