Meist geht es um große Zahlen, wenn Bürgermeister von den Vorhaben ihrer Kommune berichten. Dabei sind oft die kleinen Dinge, die den Bürgern wirklich auf den Nägeln brennen. In der Röttinger Bürgerversammlung war dies nicht anders. Wie geht es weiter mit dem Gauvolksfest, nachdem der Festwirt abgesprungen ist? Was wird aus der Schneidmühle, die ein italienischer Investor seit Jahren zu einem Restaurant umbauen will? Was tut die Stadt gegen die Raser? Und warum gibt es im Leichenhaus keine öffentliche Toilette mehr? Das waren die Fragen, die die rund 100 Besucher der Versammlung interessierten.
Um das Gauvolksfest steht es nicht gut
Um das Gauvolksfest, das Ende August seine 98. Auflage erleben soll, steht es nicht gut. Der Festwirt aus Hessen, dem die Stadt vor einigen Jahren den gesamten Festbetrieb übertragen hat, hat seinen Vertrag vorzeitig gekündigt, teilte Bürgermeister Martin Umscheid auf Anfrage eines Bürgers mit. Einen neuen zu finden sei ziemlich aussichtslos, nachdem im vergangenen Jahr während der viertägigen Veranstaltung gerade einmal 40 Hektoliter Bier verkauft wurden. Jetzt müssen die Vereine ran, wenn das Fest kurz vor seinem 100. Jubiläum nicht sterben soll. Deshalb hat Umscheid die Vorsitzenden bereits zu einer Krisensitzung eingeladen.
"Es hängt alles davon ab, dass wir die nötige Helferzahl bekommen, damit das Gauvolksfest stattfinden kann", so Umscheid. 70 bis 75 Helfer wären nötig, schätzt er. Außerdem werde der besonders umsatzschwache Freitag ganz aus dem Kalender gestrichen. Wenn sich die Vereine dauerhaft als Ausrichter bereit erklären würden, bliebe ihnen der Gewinn aus dem Verkauf von Speisen und Getränken.
"Es hängt alles davon ab, dass wir die nötige Helferzahl bekommen, damit das Gauvolksfest stattfinden kann."
Martin Umscheid, Bürgermeister
Unweit vom Festplatz wartet die alte Schneidmühle darauf, wach geküsst zu werden. Ein italienischer Architekt hatte das schmucke, aber ziemlich marode Bauwerk vor Jahren unter der Bedingung gekauft, dass er nach zwei Jahren mit der Restaurierung und dem Umbau zu einem Restaurant beginnt. Die Frist wurde verlängert, passiert ist bislang nichts. Deshalb sei er nun letztmalig aufgefordert worden, sich zu seinen Plänen zu erklären, erklärte Umscheid. Andernfalls fällt werde der Verkauf rückabgewickelt.
158 Stundenkilometer bei erlaubten 50
Leidig ist das Problem mit zu schnellem Fahren, vor allem auf der Umgehungsstraße Richtung Tauberrettersheim und auf der kerzengeraden Rothenburger Straße Richtung Bieberehren. Bei den Geschwindigsmessungen, die die Stadt seit einiger Zeit durchführt, schaffte es der Spitzenreiter dort auf 158 Stundenkilometer bei erlaubten 50. Aber auch in den Siedlungsgebieten ist im Schnitt jedes dritte Auto schneller als 30 unterwegs, informierte der Bürgermeister. Der Stadtrat wolle noch das Ergebnis der Messungen in den Ortsteilen abwarten und dann entscheiden. Neben Appellen und fest installierten Geschwindigkeitsanzeigen helfe vermutlich nur die Einführung der kommunalen Verkehrsüberwachung. "Erst wenn es Geld kostet, werden die Leute vernünftig", meint Umscheid.
"Erst wenn es Geld kostet, werden die Leute vernünftig."
Martin Umscheid, Bürgermeister
Fast schon zum Ritual der Bürgerversammlung gehört die Mahnung eines Bürgers, frühzeitig die Erlöse aus den Eintrittskarten der Frankenfestspiele vorzulegen. Und wieder einmal blieb der Wunsch unerfüllt. Die Ticketerlöse allein seien nicht aussagekräftig, argumentierte Umscheid. Entscheidend sei die Schlussabrechnung und die sei noch nicht gemacht, weil bis zum Ende des Jahres noch Rechnungen eingegangen sind. Dafür seien bereits bald nach Ende der Festspiele die Besucherzahlen für die drei Hauptstücke veröffentlicht worden - und diese lagen mit 13 016 knapp 350 unter dem Vorjahr. Das Defizit, das die Stadt für das Kulturangebot schultern muss, hat sich in den zurückliegenden Jahren auf eine Summe um 100 000 Euro eingependelt.
Die Toilette im Leichenhaus, die seit längerer Zeit schon geschlossen ist, ärgert Friedhofsbesucher. Die Schließung begründet Umscheid damit, dass festgestellt wurde, dass das Leichenhaus keinen Kanalanschluss hat und das Abwasser ungeklärt in die Rippach floss. Mit vier öffentlichen Toiletten sei Röttingen aber bestens versorgt, erklärte der Bürgermeister. Nur müssten Friedhofsbesucher ihren gewohnten Plausch für den Gang dorthin halt unterbrechen.