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Würzburg: Wenn der Bischof zum jubelnden Torschützen wird

Würzburg

Wenn der Bischof zum jubelnden Torschützen wird

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    Volltreffer an der WM-Torwand. Bischof Franz Jung wurde bei seinem Debüt Matchwinner und begeisterte nicht nur wegen seiner Ballkünste. Rechts die Moderatorin des Torwandschießens, Main-Post-Redakteurin Julia Back. Foto: Patty Varasano
    Volltreffer an der WM-Torwand. Bischof Franz Jung wurde bei seinem Debüt Matchwinner und begeisterte nicht nur wegen seiner Ballkünste. Rechts die Moderatorin des Torwandschießens, Main-Post-Redakteurin Julia Back. Foto: Patty Varasano

    Welch grandioser Auftakt zur Würzburger Fußball-WM: Vor strahlender Kulisse auf dem unteren Marktplatz schoss der neue Bischof Franz Jung (52) bei seinem Torwand-Debüt am Freitagmittag die deutsche Auswahl zum 1:0 Sieg über Mexiko. "Es war Glück", gibt sich der Kirchenmann bescheiden - und jubelt mit angewinkelten Armen und geballten Fäusten wie die Profis. Er ist eindeutig der Star beim Auftakt zum Torwandschießen von Main-Post und Sparkasse Mainfranken Würzburg. Bei der traditionellen Veranstaltung spielen Würzburger Prominente die Partien der deutschen Mannschaft vor - gegen in Würzburg lebende Landsleute der deutschen Gegner.

    "Wir sind extra wegen Ihnen hier", sagt eine ältere Zuschauerin zum Bischof und spricht wahrscheinlich für viele andere. So viele Besucher hat das seit der Europameisterschaft 2012 veranstaltete Torwandschießen noch nicht erlebt. Rund 60, überwiegend ältere Menschen, wollen sehen, wie sich Würzburgs neues Kirchenoberhaupt und seine Mitspielerin, die evangelische Dekanin Edda Weise (53), auf dem Platz schlagen. 

    Beim Torwandschießen begegnen sich Bischof und Dekanin zum ersten Mal. Weise hat Jung zuvor nur aus der Distanz erlebt: bei seiner Weihe zum Bischof im Dom. Bischof Jung erfährt, dass Weise aus Kaufbeuren kommt und seit 2011 Dekanin in Würzburg ist. Beide sind bester Laune, geben sich locker und volksnah. Bischof Jung erfüllt Foto-Wünsche von Zuschauern, führt kurze Gespräche.     

    Lieber Ringen und Rugby als Fußball

    Da gehen die mexikanischen Gegner in der Wahrnehmung fast ein bisschen unter: Maya Zapata (26) aus Puebla studiert an der Uni seit vergangenem Herbst BWL. Ulises Ruiz (39) kam aus der 8,8 Millionen Einwohner-Metropole Mexico City vor acht Jahren an den Main. Der studierte Biologe arbeitet als selbstständiger Fotograf, auch für die Main-Post. Sie sind zwei der insgesamt 96 in Würzburg lebenden Mexikaner oder Deutsch-Mexikaner - und fühlen sich beide sehr wohl hier. "Es ist hier nur etwas kühler als in Mexiko."

    Das Gruppenbild zum Spiel (von links): Das Kirchenteam mit Dekanin Edda Weise, Bischof Franz Jung und den Würzburger Mexikanern Maya Zapata und Ulises Ruiz. Foto: Patty Varasano
    Das Gruppenbild zum Spiel (von links): Das Kirchenteam mit Dekanin Edda Weise, Bischof Franz Jung und den Würzburger Mexikanern Maya Zapata und Ulises Ruiz. Foto: Patty Varasano

    Fotogerecht tragen sie das grüne Trikot der mexikanischen Mannschaft, der langbärtige Ruiz dazu eine Wrestling-Haube. An der WM sind beide interessiert, doch Fußball ist eigentlich nicht so ihr Ding. "Als ich klein war, hab ich ein bisschen gekickt", sagt Zapata. Doch dann hat sie Rugby als passendere Sportart entdeckt, spielt auch beim Würzburger Rugby Club. Ruiz ist in seiner Freizeit Ringer, erlaubt sich aber eine fußballerische Prognose: "Ich glaube, die mexikanische Mannschaft wird bei der WM recht gut sein."   

    Fußballerische Erfahrung kann Dekanin Weise vorweisen: Sie spielte einst im Predigerseminar, stand schon mit Jungs Amtsvorgänger Friedhelm Hofmann bei der WM 2014 an der Torwand und ist von einer fußballbegeisterten Familie umgeben. "Mein Sohn Paul spielt in einer Hobbymannschaft."      

    Bischof und Dekanin: Wir sind nicht gedopt"

    Und welche Beziehung hat Bischof Jung zum Fußball? "Das ist mein Neffe Leo", sagt er. Mit diesem besuchte der frühere Generalvikar des Bistums Speyer häufig Spiele des Bundesligisten TSG Hoffenheim. "Julian Nagelsmann ist ein toller Trainer." 

    Selber mal gegen den Ball getreten, Herr Bischof? "Sportlich war ich in der Jugend nicht so aktiv. Eher musisch. Ich habe Flöte gespielt", sagt Jung und erinnert sich dann doch an einen fußballerischen Höhepunkt:  "1987, bei den Seminarmeisterschaften in Eichstätt, habe ich einen Elfmeter versenkt."

    Gute Stimmung beim Torwandschießen im "Stadion" am unteren Markt (von links): Dekanin Edda Weise, Bischof Franz Jung und Maya Zapata. Foto: Patty Varasano
    Gute Stimmung beim Torwandschießen im "Stadion" am unteren Markt (von links): Dekanin Edda Weise, Bischof Franz Jung und Maya Zapata. Foto: Patty Varasano

    Als es dann ernst wird mit dem Torwandschießen im "Stadion" am unteren Marktplatz, werden Bischof und Dekanin spaßig: "Wir haben niemanden geschmiert, wir sind nicht gedopt", lachen beide. Weise tritt mit schwarz-rot-goldener Fan-Kette an und Bischof Jung gibt sich wie ein Anhänger aus der Südkurve: Aus der Fan-Requisitenkiste greift er sich die Perücke in Deutschland-Farben und setzt diese auf. Nach dem Münzwurf beginnt Mexiko mit Ulises Ruiz, der zwar gezielt schießt, aber das Loch rechts unten dreimal knapp verfehlt. Auch des Bischofs drei Schüsse gehen daneben, wie die Versuche von Maya Zapata und Dekanin Weise. 

    Die bischöfliche Torflaute ist beendet

    Halbzeitstand 0:0. Und wie bei großen Spielen gibt's Werbung. Sparkassen-Sprecher Stefan Hebig darf die neue "Glückstreffer-Aktion" des Geldinstituts vorstellen. Dabei kann jeder, der sich später an der Torwand versucht, mit einem Zehn-Euro-Gutschein, den die Sparkasse zahlt, ein soziales Projekt unterstützen.      

    Gut geschossen, aber knapp daneben: Ulises Ruiz vom mexikanischen Team an der Torwand. Foto: Patty Varasano
    Gut geschossen, aber knapp daneben: Ulises Ruiz vom mexikanischen Team an der Torwand. Foto: Patty Varasano

    Anpfiff zur zweiten Halbzeit. Die Spannung steigt. Ulises Ruiz versemmelt links oben dreimal. Jetzt ist der Bischof dran und Moderatorin Julia Back, stellvertretende Leiterin der Würzburger Lokalredaktion der Main-Post, macht ihm ordentlich Druck: Mit der Information, dass sein Vorgänger Friedhelm Hofmann bei seinen zwei Einsätzen an der Torwand nicht getroffen hat.

    Kann Jung die bischöfliche Torflaute endlich beenden? Er kann. Und wie. Mit einem Granatenschuss trifft er links oben ins Loch und freut sich wie auf dem Platz. Torjubel, Abklatschen und Umarmung mit der Dekanin. Nachdem keine der beiden Frauen mehr trifft, steht der deutsche Sieg im WM-Vorspiel zur Echt-Partie am Sonntagnachmittag fest.     

    Doch gewonnen haben letztlich alle. Das ökumenische Kirchenteam, die begeisterten Zuschauer, ein Bischof, der mit seinem symphatischen und unkomplizierten Auftritt die Zuschauer begeisterte und nicht zuletzt die mexikanische Mannschaft, die auch für ein weltoffenes Würzburg steht. Das ist neben der Unterhaltung ein Anliegen des Torwandschießens, das am nächsten Freitag mit dem "Vorspiel" gegen schwedische Würzburger seine Fortsetzung findet.                           

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