Als den "Ochsenfurter Weg der Regionalgeschichtsforschung" lobt Bezirksheimatpfleger Klaus Reder die Arbeit des Arbeitskreises Geschichte in Ochsenfurt. Seit 20 Jahren gibt es den Kreis von Hobbyforschern bereits, die sich seitdem intensiv mit der Vergangenheit ihrer Heimatstadt auseinandergesetzt haben. Anlass für einen kleinen Festakt.
Leider sei die Lokal- und Regionalgeschichte in Historikerkreisen in letzter Zeit ein wenig "in die Schmuddelecke" geraten, bedauert Reder. Als überaltert und verstaubt gelten die Geschichtsvereine, die sich vor allem im 19. Jahrhundert gegründet haben. Dagegen zeige der Arbeitskreis Geschichte beispielhaft, wie die Erforschung der Regionalgeschichte Verbindungen zur eigenen Herkunft aufzeigt und Identität stiftet - sowohl für die, die sie erforschen, als auch für jene, die über Veröffentlichungen an diesen Forschungen teilhaben dürfen.

"Alle Ochsenfurter können stolz darauf sein, in einer Stadt mit einer solch reichen Geschichte zu leben", sagt der Sprecher des Arbeitskreises, Toni Gernert. "Wir haben versucht, diese Geschichte zu erfassen und weitere Ergebnisse hinzuzufügen." Ergebnis davon sind Vorträge, Ausstellungen und inzwischen zahlreiche Veröffentlichungen.
Zeitgeschichtliche Quellen den künftigen Generationen bewahren
Ein Buch befasst sich etwa mit der Geschichte Ochsenfurter Betriebe, ein anderes mit der Geschichte der Fischer, Schiffer und Sandschöpfer. Solche zeitgeschichtlichen Themen zu bearbeiten, solange die Quellenlage noch gut ist, sei wichtig, auch um sie späteren Generationen von Geschichtsforschern zugänglich zu machen, sagt Bezirksheimatpfleger Reder, der als studierter Volkskundler und Historiker gewissermaßen zwischen den Stühlen sitzt.
Die Arbeit des Arbeitskreises stärke nicht nur das Bewusstsein für die Erinnerungskultur, sondern schaffe auch Gemeinschaft und vernetze Menschen, so Reder weiter. Manfred Hinkelmann, ein Gründungsmitglied im Arbeitskreis, kann das nur unterstreichen: "Nutzen bringen und Vergnügen bereiten" zitiert der ehemalige Lateinlehrer den römischen Dichter Horaz. Seinen Ausdruck fand dieses Motto unter anderen in einer historischen Ratszeche, die der Arbeitskreis zum Tag des offenen Denkmals nachgespielt hat.

Dabei habe der Arbeitskreis bewusst darauf verzichtet, sich als Verein zu konstituieren. Stattdessen sei jeder und jede eingeladen, an den regelmäßigen Treffen teilzunehmen und sich mit seinen Interessen einzubringen, betont Toni Gernert. Davon profitiert die Stadt in besonderem, meint Bürgermeister Peter Juks. "Es ist wichtig, das geschichtliche Erbe an die Öffentlichkeit weiterzugeben", sagt er.
Der Einfluss jüdischer Händler auf die Gautracht als neues Forschungsthema
Aktuell befasst sich der Arbeitskreis beispielsweise mit der Kapuzinerkirche an der Uffenheimer Straße und mit dem Lapidarium, das sich in deren Kreuzgang befindet. Klaus Reder wünscht sich, dass sich der Arbeitskreis einmal mit dem Einfluss jüdischer Händler auf die Ochsenfurter Gautracht beschäftigt. Erst deren Verbindung in die europäischen Textil-Zentren habe es möglich gemacht, die prächtige Festtagskleidung zu schneidern, so Reder - bis heute ein weitgehend unerforschtes Kapitel.
Musikalisch umrahmt wurde der Festakt mit Musik von Wolfgang Amadeus Mozart sowie den intalienischen Künstlern Chiara Passudetti (Sopran), Silvano Ruffo (Tenor) und Mirko Ballico (Klavier) unter Leitung von Astrid Eitschberger (Flöte und Violoncello).