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Würzburg: Wie eine Substitutionsambulanz Leben retten kann

Würzburg

Wie eine Substitutionsambulanz Leben retten kann

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    Rainer Schohe überreicht einem Supra-Patienten seine tägliche Dosis Methadon.
    Rainer Schohe überreicht einem Supra-Patienten seine tägliche Dosis Methadon. Foto: Pat Christ

    "Das fass ich mal nie an!", war Kathrin D. (Name geändert) überzeugt. Die 30-jährige Patientin der Würzburger Substitutionsambulanz "Supra" hatte als Jugendliche begonnen zu kiffen. So hielt sie ihre Depressionen und Panikattacken aus. Von harten Drogen jedoch ließ sie lange die Finger. Bis vor zehn Jahren. Damals starb ein Elternteil, das sie sehr geliebt hatte. Kathrin D. wurde mit ihrer Trauer nicht fertig. Erstmals schnupfte sie Heroin: "Mit einem Schlag waren alle Probleme weg."

    Kathrin D. ist eine von 127 Patienten, die derzeit bei "Supra" mit einem Drogenersatzstoff behandelt werden. Die Ambulanz gibt es seit knapp sieben Jahren: Im Sommer 2012 wurde sie von dem Würzburger Allgemeinarzt Rainer Schohe aufgebaut. Kathrin D. gehört zu den ersten Patienten. Dass es "Supra" gibt, sagt sie, sei ihre Rettung gewesen: "Ich glaube, ich würde sonst nicht mehr leben."

    Patientin lebt nun ein fast normales Leben

    Kathrin D. konsumierte ein Jahr lang mit kleinen Pausen, zwei Jahre war Heroin ihr täglicher Begleiter. "Angemerkt hat man mir nichts", sagt die Sozialarbeiterin, die heute dank Methadon ein fast normales Leben mit eigener Wohnung und eigenem Einkommen führt. Kathrin D. zog schwer abhängig ihr Studium durch. Bevor sie zu den Vorlesungen ging, spritzte sie sich Heroin. Zwischendurch nahm sie Tabletten. Das half ihr, zu funktionieren: "Ich gehörte zu den besten Studierenden." Kritisch wurde es, wenn der "Stoff" zu wirken aufhörte. Auch die Finanzierung der Sucht wurde immer problematischer. Kathrin D. verkaufte ihre Musikanlage, das Handy, das Tablet.

    Dass sie substituiert wird, weiß niemand in ihrem weiteren Umfeld. Kathrin D. hütet sich, davon zu erzählen. Oft schon hat sie erlebt, auf wie viel Unverständnis Menschen stoßen, die sich als suchtkrank outen. "Viele Leute fragen sich, warum Abhängige den Stoff nicht einfach weglassen können, doch so einfach ist das eben nicht", sagt ihr Arzt Rainer Schohe: "Sucht ist eine schwere chronische Krankheit." Kathrin D. nickt. Mehrmals hatte sie schon versucht, zu entziehen: "Doch dann treten Schmerzen auf, die man sich überhaupt nicht vorstellen kann." Wochenlang sei an Schlaf nicht zu denken.

    Mit 14 von zu Hause abgehauen

    David C. (Name geändert), 41 Jahre alt, konsumierte mehr als die Hälfte seines Lebens Drogen. Mit 14 Jahren haute er von zu Hause ab: "Da gab es nur Schläge." David. C. lebte, bis er volljährig war, in verschiedenen Jugendheimen. In einem der Heime kam er in Kontakt mit Drogen. Als die Jugendhilfemaßnahme auslief, landete er auf der Straße. Zehn Jahre war David C. obdachlos. Vor gut 15 Jahren sprang er dem Tod knapp von der Schippe. Seit fünf Jahren lässt er sich bei "Supra" substituieren. Sein Ziel ist es, mit Hilfe der Ambulanz endlich eine Ausbildung zu schaffen.

    Probleme mit Nachfolge

    Bei "Supra" arbeiten derzeit drei Ärzte: Rainer Schohe, Klaus Bacher und Franz Lukas. Schohe und Bacher sind bereits in Rente. Sie machen dennoch weiter, weil sich niemand findet, der in die Praxis einsteigt. Seit mehreren Jahren schon sucht Rainer Schohe vergeblich einen Nachfolger. Nun rennt die Zeit. Denn spätestens Ende 2021 will sich Schohe endgültig aus "Supra" herausziehen.

    Zu den personellen Schwierigkeiten gesellen sich Raumprobleme: Dort, wo "Supra" seit sieben Jahren etabliert ist, soll ein Mietshaus entstehen. Wann genau es mit dem Bau losgeht, ist unklar. Was mit der Ambulanz  geschehen wird, sowie das Bauprojekt genehmigt ist, steht ebenfalls in den Sternen. Das macht Schohe große Sorgen.

    Auf Ambulanz angewiesen

    Für die knapp 130 Patienten ist es unvorstellbar, dass es "Supra" nicht mehr geben könnte. Denn die Ambulanz, in der Substitutionsärzte mit Fachleuten der Würzburger Drogenberatungsstelle und Experten der Suchthilfe "Condrobs" kooperieren, ist für viele die einzige Anlaufstelle, die sie in Krisen kontaktieren können. "Nirgendwo sonst kann ich mit einem Arzt auf Augenhöhe reden", sagt Kathrin D. Rainer Schohe sei in den vergangenen sieben Jahren immer für sie dagewesen, egal, um welches Problem es sich gehandelt habe.

    Durch eine Kooperation von "Supra" und der Würzburger Uniklinik wurden inzwischen sogar 20 Drogenabhängige von Hepatitis C geheilt. In drei weiteren Fällen gelang eine erfolgreiche Behandlung durch eine Zusammenarbeit mit der Missionsärztlichen Klinik. Schohe: "Sechs Patienten stehen noch zur Behandlung aus."

    Um das Unterstützungsangebot für Suchtkranken weiter zu verbessern, soll es in Würzburg außerdem ein Kontaktcafé mit Beschäftigungsmöglichkeiten geben. Geplant sind sechs Arbeitsplätze im Zuverdienstbereich, außerdem sollen in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter Arbeitsgelegenheiten entstehen. Die Finanzierung ist geklärt, doch auch in diesem Fall ist völlig offen, wo die neue Anlaufstelle untergebracht werden könnte.

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